Digitaler Wandel im Nahverkehr
(Freiburg) Mit voraussichtlich rund 120 Mio. Fahrgästen im aktuellen Jahr und über 100 Mio Einnahmen ist man beim Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) zufrieden mit dem aktuellen Geschäftsjahr – eine Dimension, an die vor 25 Jahren nicht zu denken war.
Mit seinen Verkehrsunternehmen ist der Verbund eine Institution, die für die Menschen in der Stadt Freiburg und den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald eine umweltfreundliche Mobilität per Bus und Bahn ermöglicht. Die Unternehmen, die sich in der RVF GmbH zusammengeschlossen haben, sind immer noch dieselben wie bei der Gründung. Möglich wurde diese Kontinuität durch ein leistungsfähiges Verkehrsangebot in Verbindung mit fairen Ticket-Preisen und großer politischer Unterstützung durch die Gebietskörperschaften unserer Region. Was heute für Fahrgäste selbstverständlich ist, war jedoch vor 25 Jahre eine Revolution. Die Entscheidung für einen einheitlichen Tarif zu einem attraktiven Preis erfolgte in einer Zeit, in der das regionale ÖPNV-Angebot stark aus Schülerverkehren bestand und sich der Bahnverkehr auf wenige Hauptstrecken konzentrierte; die Nachfrage der Kunden war verhalten. Umso erstaunlicher erscheint heute die damalige Einführung der Regio-Umweltkarte, wie die RegioKarte zunächst hieß. Getragen vom Umweltgedanken und dem politischen Konsens der drei Gebietskörperschaften gingen die politisch Verantwortlichen gemeinsam mit den Unternehmen einen verkehrspolitisch mutigen, vorausschauenden Schritt: durch abgesenkte Fahrpreise und einen einheitlichen und einfachen Tarif sollten mehr Kunden für den ÖPNV gewonnen werden. Und die Rechnung ging auf – die Zahl der Fahrgäste stieg rasch. Die wachsenden Anforderungen an die Zusammenarbeit der Verkehrsunternehmen führten 1994 zur Gründung der RVF GmbH.
„Es gab bei Verbundgründung durchaus Zurückhaltung und Skepsis bei einigen Beteiligten. Im Nachhinein hat uns der Erfolg aber Recht gegeben. Mit der RVF GmbH haben wir eine solide und belastbare Basis geschaffen, um die damaligen Herausforderungen zu bewältigen und die Weichen für einen modernen ÖPNV zu stellen. Alle gemeinsam waren und sind wir stark.“, kommentiert Johannes Müller, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des RVF.
Der Boom bei den Fahrgastzahlen, den der Verbundtarif ermöglichte, bildete auch das Fundament für planerische Überlegungen zur künftigen Infrastrukturentwicklung des Nahverkehrs in der gesamten Region.
„Ganz praktisch trägt der ÖPNV zum engen Austausch zwischen dem Oberzentrum Freiburg, den umliegenden Mittelzentren und den ländlich geprägten Regionen bei. Berufspendler zwischen Freiburg und den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen, Freizeitaktivitäten am Rhein oder im Schwarzwald, Besorgungen in der nächstgelegenen Stadt – das ist alles „fahrbar“ mit dem Verbundtarif. Um die strukturelle wie auch gelebte Verflechtung weiter zu fördern, setzen die im Zweckverband Regionalverkehr Freiburg (ZRF) organisierten Gebietskörperschaften – die Stadt Freiburg und die beiden Landkreise – ihr großes finanzielles Engagement mit einem Tarifzuschuss von über 8 Mio. Euro jährlich an die RVF GmbH fort. Das ist gut angelegtes Geld für eine erschwingliche und umweltgerechte Mobilität unserer Bevölkerung“, sagt Hanno Hurth, Vorsitzender des Zweckverbands Regio-Nahverkehr Freiburg (ZRF).
Mehr als nur die RegioKarte...
Die RVF GmbH hat in den letzten 25 Jahren eine enorme Entwicklung durchlaufen. Immer unter der Maßgabe, den für Kunden möglichst einfachen, erfolgreichen Tarif aufrechtzuerhalten, hat man Vertriebswege und Fahrscheinangebot nach den Erfordernissen des Marktes angepasst. Eines von vielen Beispielen ist das MobilTicket, der Fahrschein für das Smartphone. Ebenso konnte der RVF kürzlich die 50.000 Abonnentin der RegioKarte begrüßen – eine eigene Erfolgsgeschichte. „Wir können nicht nur RegioKarte“, betont Dorothee Koch, Geschäftsführerin des RVF. Die einheitliche Kommunikation der Tarife, die Fahrplaninformation für die Fahrgäste, die telefonische und digitale Auskunft für Fahrgäste genauso wie die Betreuung des Gesamtfahrgastbeirats oder das Durchführen von Verkehrserhebungen und die Verteilung der Einnahmen an alle Partner seien Aufgaben des Verbundes, erklärt Koch. Neben diesen Kernaufgaben kommt dem Verbund eine wichtige Schnittstellenfunktion zu. Alle Verkehrsunternehmen an einen Tisch zu bringen und wo nötig, Abstimmung mit den Kommunen und politischen Aufgabenträgern herzustellen, betrachtet man beim RVF als elementar. „Ein schönes Beispiel für unsere Rolle sind die Schienenersatzverkehre, die in den letzten Monaten aufgrund des Ausbauprojektes Breisgau-S-Bahn nötig waren.“, erklärt Petra Bieser, ebenfalls Geschäftsführerin des RVF. „Der Verbund baut nicht selbst, unterstützt aber bei einem abgestimmten Vorgehen der Unternehmen mit den jeweiligen Partnern in puncto Anschlusssicherung, Fahrgastinformation und Fahrplanausgestaltung.“ so Bieser weiter.
Digitaler Wandel als größte Herausforderung
„1991 war die Herausforderung, den regionalen Nahverkehr wieder in Schwung zu bringen, heute ist die Digitalisierung die größte Herausforderung, die in viele Bereiche des Verbunds hineinwirkt. Immer wieder stehen wir vor der Abwägung, die richtigen innovativen Entwicklungen zu identifizieren, diese zu implementieren, ohne dabei die verfügbaren Ressourcen aus den Augen zu verlieren. Selbstverständlich ist es unser Ziel, bei der Fahrplaninformation und im Ticketvertrieb den Fahrgästen einen möglichst leichten Zugang zu ermöglichen.“, sagt Oliver Benz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der RVF GmbH.
Bereits seit 2009 werden im RVF Fahrscheine für mobile Endgeräte angeboten. Diese können Fahrgäste über die Apps von RVF und VAG sowie dem DB Navigator beziehen. Rund 80.000 registrierte Kunden nutzen bereits diesen Service. Seit Einführung des MobilTickets wurden eine halbe Million Fahrscheine per App verkauft, durchschnittlich wachsen die Verkäufe jährlich um über 50%. Neben Einzel-, Tages- und Mehrfahrtenkarten gibt es auch die RegioKarte Basis als MobilTicket. Damit ist der RVF einer der wenigen Verbünde in Deutschland, der eine Zeitkarte als mobilen Fahrschein anbietet. In Kürze werden Kunden ihre Fahrscheine auch per PayPal bezahlen können. Neben dem Ticketkauf bieten die Apps FahrPlan+ und VAG mobil eine Echtzeit-Auskunft an sowie das Buchen der Freiburger Leihräder frelo. „Wir wollen dem Mobilitäts- und Informationsverhalten der Menschen Rechnung tragen. Deshalb bieten wir ÖPNV, Fahrrad und perspektivisch auch weitere Mobilitätsangebote alles in der App an“ sagt Petra Bieser. „Der RVF steht für einen einfachen Tarif. Darüber hinaus stehen wir aber auch für einen zeitgemäßen und unkomplizierten Zugang zum ÖPNV und dem Wechsel von Verkehrsmitteln“ ergänzt Koch.