Regionalbuslinie rollt über die Grenze
(Erstein/Lahr) Im Rahmen eines Festaktes weihten der Ortenaukreis, die Region Grand Est, das Departement Bas-Rhin, der Gemeindeverband Canton d’Erstein und der Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau gemeinsam die erste öffentliche grenzüberschreitende Regionalbuslinie zwischen Erstein und Lahr ein.
Mit einer symbolischen Jungfernfahrt fuhren die politischen Vertreter in zwei Bussen von Deutschland (Rathaus Kürzell) und von Frankreich (Rathaus Gerstheim) aus zu der eigens eingerichteten Sonderhaltestelle „Rheinblick – Vue sur le Rhin“ am Rheinübergang Nonnenweier / Gerstheim. Nachdem der Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau auf dieser Strecke seit drei Jahren einen grenzüberschreitenden Sonderlinienverkehr für Arbeitnehmer betrieben hatte, wurde dank dieser Vorbereitung mit einer nunmehr öffentlichen Linie für alle Bürgerinnen und Bürger ein großer Schritt weiter gegangen. Einstimmig unterstrichen Frank Scherer, Eurodistrikt-Vizepräsident und Landrat des Ortenaukreises, Evelyne Isinger, Delegierte für grenzüberschreitenden Transport bei der Region Grand Est, Laurence Muller-Bronn, Vizepräsidentin des Departement Bas-Rhin und Bürgermeisterin von Gerstheim, Stéphane Schaal, Präsident des Gemeindeverbands Canton d’Erstein und Markus Ibert, Oberbürgermeister der Stadt Lahr, im Rahmen der Feierlichkeiten die besondere Bedeutung dieser Einweihung:
Mit dem neuen Busangebot schließen die Projektpartner eine grenzüberschreitende ÖPNV-Lücke im Raum Erstein-Lahr, um so nicht nur den deutsch-französischen Pendlerverkehr, sondern zukünftig auch den grenzüberschreitenden Tourismus- und Freizeitverkehr in der Region zu erleichtern und zu stärken. Die Einweihung der neuen deutsch-französischen Linie ist damit krönender Abschluss und verdienter Erfolg der seit mehreren Jahren vom Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau intensiv betriebenen Mobilitätsinitiative für eine engere und umweltgerechtere Verzahnung des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs auf seinem Gebiet. Zugleich ist die Buseinweihung auch der Start in eine neue Ära: Fortan als INTERREG-Projekt, getragen von der Region Grand Est, wird die neue Buslinie als Linie 280 in das Busverkehrsnetz Fluo67 der Region Grand Est integriert, gut vertaktet mit den jeweiligen nationalen Bus- und Zugnetzen. Die Fahrtenpaare wurden im Vergleich zum Sonderlinienverkehr des Eurodistrikts verdoppelt und für einen Zeitraum von zunächst zwei Jahren wird die neue Linie sechsmal täglich (Mo-Sa) auf ihrer grenzüberschreitenden Strecke zwischen dem Bahnhof Erstein und dem Bahnhof Lahr hin- und herpendeln.
Gemeinschaftlich finanziert wird das grenzüberschreitende Pilotprojekt neben der INTERREG-Förderung durch den Ortenaukreis, die Region Grand Est, das Departement Bas-Rhin und den Gemeindeverband Canton d’Erstein. Anteilig dem Streckenverlauf trägt der Ortenaukreis dabei 60 %, die Region Grand Est 28 % und das Departement Bas-Rhin sowie der Gemeindeverband Canton d’Erstein jeweils 6 % der Betriebskosten. Der Eurodistrikt ist auch im INTERREG-Projekt weiterhin Partner und übernimmt die Kommunikation.
Politische Statements der Kooperationspartner
Frank Scherer, Landrat des Ortenaukreises und Vizepräsident des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau, betonte den besonderen Erfolg der neuen Busverbindung und begrüßte den deutsch-französischen Schulterschluss, mit dem das Leuchtturmprojekt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht wurde: „Mit der ersten öffentlichen Buslinie zwischen Lahr und Erstein setzen wir einen historischen Meilenstein für die grenzüberschreitende Mobilität im Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau“, so Scherer erfreut. „Die vergangenen Monate haben uns schmerzhaft bewusst gemacht, dass die uneingeschränkte Mobilität über Grenzen hinweg und die Freiheit, die mit ihr für jeden Einzelnen einhergeht, unschätzbar wichtige Errungenschaften der europäischen Integration sind, die nicht selbstverständlich sind und die es deshalb zu schützen und weiterzuentwickeln gilt! Die Öffnung dieser Buslinie für die gesamte Bevölkerung des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau ist deshalb ein Jubel-Tag für uns“, betonte der Landrat, der sich bei allen Finanzierungspartnern und Unterstützern für den geleisteten „Kraftakt“ bedankte. Die öffentliche Buslinie sei nach der Tram-Eröffnung Strasbourg-Kehl ein wichtiger Schritt im grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehr, „dem weitere folgen müssen, wenn wir es mit der Verkehrswende wirklich ernst nehmen wollen, wenn wir weiter zusammenwachsen wollen und wenn wir junge Menschen für diesen Weg begeistern wollen.“ Scherer kündigte zudem an, dass dank einer vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg vorgesehenen Änderung des ÖPNV-Gesetzes, die künftige Aufgabenübertragung von grenzüberschreitenden Verkehren vom Ortenaukreis auf den Eurodistrikt kurz bevorstünde. „Hierfür setze ich mich schon seit Jahren ein und nachdem es dieses Anliegen sogar in den Aachener Vertrag geschafft hat, kommt jetzt Bewegung in die Sache“, freute sich Scherer.
Auch Jean Rottner, der Präsident der Region Grand Est, unterstrich die grenzüberschreitende Bedeutung des Gemeinschaftsprojekts: „Die grenzüberschreitende Mobilität ist ein essenzielles Thema für die Region Grand Est und ein wichtiger Bestandteil unserer strategischen Ausrichtung. In diesem Bereich treibende Kraft zu sein und die verschiedenen Hindernisse für die Einführung einer öffentlichen Buslinie zwischen Erstein und Lahr zu beseitigen, ist ein konkreter Ausdruck unseres Willens und unseres Engagements, das uns mit unseren deutschen Nachbarn verbindet. Unser Ziel ist, möglichst eng und nah an den Bedürfnissen der Bürger mit den französischen und deutschen Kommunalbehörden und dem Eurodistrikt zusammen zu arbeiten, um die Mobilität in einem zunehmend vernetzten europäischen Raum zu stärken.“
Frédéric Bierry, Präsident des Conseil Départemental du Bas-Rhin, pflichtete ihm bei: „Diese grenzüberschreitende Buslinie zeugt auch von dem besonderen Engagement des Elsass und des Departements Bas-Rhin, einen 360° umfassenden, grenzüberschreitenden Raum zu schaffen. Die Mobilität der Bewohner beider Rheinseiten zu erleichtern ist eine Notwendigkeit, wenn wir im Einklang mit dem Alltag unserer Mitbürger sein wollen. Daher ist es uns wichtig, unsere Mittel und Möglichkeiten zusammenzulegen, um gemeinsam ein konkretes, bürgernahes Europa zu schaffen. Mit dieser Partnerschaft stärken wir die besondere Position des Rheintals als Laborregion für eine neue Etappe in den deutsch-französischen Beziehungen und der europäischen Einigung.“
Laurence Muller-Bronn, Vizepräsidentin des Conseil Départemental du Bas-Rhin und Bürgermeisterin von Gerstheim, betonte die Wichtigkeit dieser neuen Verbindung, die die langjährigen, täglich lokal gelebten Beziehungen über den Rhein hinweg in einzigartiger Weise stärkt: „Vor drei Jahren als Testphase eingeführt und zunächst angepasst an die Arbeitszeiten der Grenzgänger, steht die Linie nunmehr mit einer höheren und regelmäßigeren Taktung allen Bürgerinnen und Bürgern offen und wird somit noch stärker den Bedürfnissen der Einwohner des Gemeindeverbands Canton d’Erstein gerecht.“
Mit Blick auf die lokale Ebene bekräftige Stéphane Schaal, Präsident des Gemeindeverbands Canton d’Erstein: „Das ist ein wichtiger Schritt vorwärts für unsere lokale Mobilität und eine schöne Verbindung zwischen unseren beiden Bevölkerungen, so wie wir sie ebenfalls mit unserem Vis-à-Vis-Projekt, der Umweltverbundbrücke zwischen Ottenheim und Gerstheim, stärken möchten, von der auch die Buslinie Erstein-Lahr profitieren würde.“
Mit ihm überein stimmte auch sein Amtskollege, der Lahrer Oberbürgermeister Markus Ibert: „Heute ist es endlich soweit: Der Eurodistriktbus Erstein - Lahr ist zum Regelbetrieb übergegangen. Damit können Franzosen und Deutsche ab sofort bequem und sicher den Rhein überqueren und Europa konkret "erfahren". Und wir alle können uns darüber freuen, dass Lahr und Erstein aber auch Frankreich und Deutschland - gerade in Corona-Zeiten - wieder ein bisschen näher zusammenrücken. Was ich nicht unerwähnt lassen und mit einem Dank an alle Beteiligten verknüpfen will ist, dass der Freude heute großes Engagement vieler Personen und Institutionen auf beiden Rheinseiten vorausgegangen ist. Gerade europäische Projekte benötigen einen langen Atem. Gerade uns in Erstein, Lahr und Umgebung, die wir seit Jahrzehnten im Zweckverband Vis-à-vis gemeinsam auf eine neue Rheinquerung bei Ottenheim und Gerstheim hinarbeiten, ist dies mehr als klar. Ich werte den heutigen Tag als gutes Vorzeichen und hoffe, dass wir auch unser zweites großes Projekt in nicht allzu ferner Zukunft im Rahmen einer Feierlichkeit einweihen werden."