03.07.2020 12:04

So viele Geburten wie noch nie seit 1998 - Regionale Unterschiede

In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2019 rund 109 000 Kinder lebend geboren. Damit lag die Zahl der Lebendgeborenen nach Angaben des Statistischen Landesamtes im Jahr 1998 letztmals höher.

Eine Ursache für diesen positiven Trend wird in der in den vergangenen Jahren relativ hohen Zuwanderung gesehen, die auch zu einer Zunahme der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter geführt hat. Hinzu kommt, dass nun die Kinder der sogenannten Babyboomer aus geburtenstarken Jahrgängen Anfang der 1960er-Jahre nun selbst Kinder bekommen.

Schließlich ist die hohe Geburtenzahl auch auf eine relativ hohe Geburtenrate zurückzuführen. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau lag im Jahr 2019 bei 1,57 und war damit die dritthöchste seit 1974. Lediglich 2016 und 2018 war die Geburtenrate geringfügig höher (1,59 bzw. 1,58). Im Jahr 2017 lag sie ebenfalls bei 1,57 Kindern je Frau.

Ursächlich für den Anstieg der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau in den vergangenen Jahren dürfte unter anderem die deutlich verbesserte Kinderbetreuung im Land sein1, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert hat. Außerdem könnten hierfür die in den letzten Jahren hervorragenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einem Höchststand an Erwerbstätigen und einer relativ geringen Arbeitslosenquote im Land eine Rolle spielen. Dagegen verzichten Paare in gesellschaftlichen Krisen- und Umbruchsituationen auf die Geburt von Kindern.2 Schließlich hat sich die durchschnittliche Kinderzahl je Frau auch aufgrund der Zuwanderung von Frauen aus Ländern mit einer traditionell hohen Geburtenhäufigkeit erhöht.

Allerdings lag die Geburtenrate auch im vergangenen Jahr weiterhin unter dem für eine Bestandserhaltung der Bevölkerung erforderlichen Niveau. Hierzu wäre eine Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau notwendig. Dieser Wert wurde in Baden-Württemberg nach Angaben des Statistischen Landesamtes letztmals im Jahr 1970 erreicht.

Innerhalb des Landes zeigen sich durchaus bemerkenswerte Unterschiede: Spitzenreiter unter den 44 Stadt- und Landkreisen war im Jahr 2019 der Landkreis Biberach mit einer Geburtenrate von 1,81 Kindern je Frau, gefolgt vom Stadtkreis Pforzheim (1,78). Am Ende der Skala rangieren die Stadtkreise Heidelberg (1,17), Karlsruhe (1,26) und Freiburg im Breisgau (1,28).

Die Gründe für die regionalen Unterschiede in der Geburtenhäufigkeit sind vielfältig. Auffällig ist weiterhin ein traditionelles, wenn auch nicht mehr flächendeckendes »Land-Stadt-Gefälle«. Das heißt, dass in den meisten ländlich geprägten Gebieten die Kinderzahl je Frau über der der Städte liegt. In Hochschulstandorten wie Heidelberg ist die Geburtenrate besonders niedrig, weil dort viele jüngere Frauen leben, bei denen Studium und Berufseinstieg im Vordergrund stehen und deshalb (noch) keine Familiengründung geplant ist. Tendenziell gilt, dass mit steigendem Bildungsniveau der Frauen die Zahl der geborenen Kinder abnimmt.3 Einen Einfluss auf die Höhe der Geburtenrate dürfte auch der regional unterschiedliche Anteil der ausländischen Frauen besitzen.4 Ausländische Frauen brachten im Jahr 2019 in Baden-Württemberg im Schnitt 1,95 Kinder zur Welt, bei Frauen mit einer deutschen Staatsangehörigkeit waren es dagegen lediglich 1,48.

1
So hat sich in Baden-Württemberg die Betreuungsquote der Kinder im Alter von unter 3 Jahren von 8,8 % im Jahr 2006 auf 29,5 % im Jahr 2019 mehr als verdreifacht.

2
Beispielsweise sank die Geburtenrate in den ostdeutschen Bundesländern nach dem Zusammenbruch der DDR vorübergehend auf einen Wert von unter einem Kind je Frau. Zwischenzeitlich liegt aber die durchschnittliche Kinderzahl in den neuen Bundesländern wieder über der der ehemaligen Bundesrepublik.

3
Statistisches Bundesamt: Geburten in Deutschland, Ausgabe 2012, S. 32.

4
Beispielsweise wurde die relativ hohe Geburtenhäufigkeit Pforzheims entscheidend dadurch bestimmt, dass der Anteil der Kinder, die von Ausländerinnen geborenen wurden, in der „Goldstadt“ landesweit am höchsten lag.