Mitglieder der neuen IHK-Vollversammlung wählen Präsidium
(Waldshut-Tiengen) Die neue Vollversammlung der IHK Hochrhein-Bodensee, die in diesem Sommer gewählt wurde, hat ihre Arbeit aufgenommen.
Jetzt fand die konstituierende Sitzung in Waldshut statt. Erste Amtshandlung für die 50 Mitglieder war die Wahl des Präsidiums. Der bisherige Präsident Thomas Conrady, Geschäftsführer der COWA Service Gebäudedienste GmbH in Gottmadingen, wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt. Er wird die IHK Hochrhein-Bodensee in den kommenden fünf Jahren gemeinsam mit Hauptgeschäftsführer Prof. Marx vertreten. Für Conrady ist es die zweite Amtsperiode als IHK-Präsident.
„Ich bedanke mich bei den Mitgliedern und freue mich über das Vertrauen. Jetzt wollen wir mit der neuen Vollversammlung gemeinsam durchstarten“, sagt IHK-Präsident Thomas Conrady. „Es liegen viele Herausforderungen vor uns. Die Rahmenbedingungen, unter denen Wirtschaft stattfindet, ändern sich so schnell, dass die Antworten von gestern einfach nicht mehr passen auf die Fragen, die sich aktuell stellen. Weil sich konjunkturell und strukturell, national und international, wirtschaftlich und politisch so Vieles so schnell ändert und zugleich die Sicherheit von Prognosen nachlässt, müssen wir auch flexibler in unserem Agieren werden. Konkret heißt das, in einem noch intensiveren Diskurs mit den Entscheidungsträgern auf allen Ebenen permanent die Bedürfnisse der regionalen Wirtschaft zu formulieren und mit dem realen Fortschritt abzugleichen. Und bei Medienvertretern und Multiplikatoren das Verständnis für unsere Belange aufzubauen, das notwendig ist, um in einer auch medial immer schneller drehenden Welt wenn nicht Zustimmung und Unterstützung, so doch wenigstens Verständnis und Akzeptanz zu finden, vom Straßenbau über den Mobilfunkmasten bis zum Windrad.
Wir müssen klar machen: Wirtschaft ist kein Selbstläufer, sie benötigt Rahmenbedingungen, die sie in einer globalen Konkurrenz wettbewerbsfähig halten.“
Gewählt wurden auch die sechs Vizepräsidenten der IHK Hochrhein-Bodensee. Als Vizepräsidenten bestätigt wurden Stephan Karl Schultze, Geschäftsführender Gesellschafter der Wirtschafts- Steuerberatungsgesellschaft in Lörrach, und Michael Schwabe, Geschäftsführer der ETO MAGNETIC GmbH Stockach. Neu ins Präsidium gewählt wurden Stephanie Bitterli, Geschäftsführerin bei der Feinwerktechnik hago GmbH Küssaberg, Wolf Morlock, stellv. Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse Hochrhein in Waldshut-Tiengen, Emanuel Rauter, Geschäftsführer der Vita Zahnfabrik H. Rauter GmbH und Co KG in Bad Säckingen und Johannes Bliestle, Vorstand bei der Reichenau-Gemüse-Vertriebs eG auf der Reichenau.
Auf eigenen Wunsch nicht mehr im Präsidium vertreten sind Bettina Gräfin Bernadotte af Wisborg, Geschäftsführerin der Mainau GmbH auf der Insel Mainau, Dietmar Kühne, Geschäftsführer der Ernst Kühne Kunststoffwerk-GmbH und Co. KG in Waldshut-Tiengen, Heinz Rombach, Vorsitzender des Vorstands Sparkasse Hochrhein in Waldshut-Tiengen,und Jürgen Trefzer, Geschäftsführer der A. Raymond GmbH und Co. KG in Lörrach. „Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Die Arbeit im Präsidium und in der Vollversammlung war stets produktiv, lösungsorientiert und sehr vertrauensvoll. Es waren fünf großartige Jahre“, sagt IHK-Präsident Thomas Conrady. „In den nächsten Monaten wird es nun darum gehen, gemeinsam Schwerpunkte unserer Arbeit für die Wahlperiode 2019 bis 2024 zu erarbeiten.“
Zu Gast bei der IHK-Vollversammlung waren die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (Konstanz) und Felix Schreiner (Waldshut-Tiengen). In einem Vortrag berichtete Andreas Jung, der am Zustandekommen des Klimaschutzprogramms der Bundesregierung beteiligt war, welche Hintergründe entscheidend waren und was die nächsten Schritte der Große Koalition in Sachen Klimaschutz sein werden.
Statement von Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee, zu Schwerpunkten für die kommende Amtsperiode 2019-2024
„Unsere exportorientierte regionale Wirtschaft operiert in einem zunehmend schwierigen Umfeld: Die globalen Gewichte verschieben sich dramatisch. Lagen die Europäer lange Zeit nur hinter den USA und Japan, werden sie heute Platz für Platz nach hinten durchgereicht.
Die Wirtschaftsleistung Chinas und aktuell auch Indiens nimmt unaufhörlich zu. Im eigenen Land erleben wir eine sich nicht mehr zu leugnende Eintrübung der Konjunktur - eine Entwicklung, die natürlich nie gelegen kommt, aber dann besonders ernst genommen werden muss, wenn zeitgleich strukturelle Veränderungen bevorstehen, die konstruktiv bewältigt sein wollen. Fünf dieser tiefgreifenden Veränderungen möchte ich benennen:
1) Die allgegenwärtige Digitalisierung verändert nahezu sämtliche produktiven, logistischen, kommunikativen und sozialen Prozesse. Sie lässt permanent neue Geschäftsmodelle entstehen und überkommene obsolet werden. Deutschland, aber auch viele Unternehmen und - ja - auch wir in der IHK Organisation haben da Nachholbedarf. Andere Länder haben uns überholt. Während die Welt an der Schwelle zu 5G steht, kämpfen wir hier in der Region damit, überhaupt ohne Unterbrechung telefonieren zu können. Die Ertüchtigung von Mobilfunknetz und Breitbandausbau ist überfällig. Wir müssen das mit Vehemenz einfordern.
2) In den großen Kontext des Klimawandels und der Klimapolitik gehört die unbestritten notwendige Abkehr von der Verbrennung fossiler Stoffe zur Energiegewinnung und - in diesem Kontext - der Umstieg auf neue, klimaneutrale Antriebstechniken. Der großen Einigkeit in der Frage des Ausstiegs - aus der Steinkohle, aus der Braunkohle, aus der Kernenergie, aus der Dieseltechnologie usw. - steht eine große Unsicherheit gegenüber, wo wir anstelle dessen einsteigen wollen - und wie. Wir neigen dazu, schneller auszusteigen als wir einsteigen können. Für die Wirtschaft wünsche ich mir hier eine starke Stimme der Vernunft.
3) Auch das Mobilitätsverhalten und die Mobilitätsanforderungen ändern sich. Gefragt sind nicht nur klimafreundliche Antriebe, sondern auch intelligentere Nutzungsformen, Sharing-Modelle, multimodale und smarte Formen der Fortbewegung. Damit diese eine Chance haben, müssen politische Führung, gesellschaftliche Akzeptanz, ein rechtlicher Rahmen, technische Innovation und ein offener Markt zusammenspielen. Was wir nicht brauchen, sind simple Verbote und überbordende Vorschriften. Und was wir noch lange, lange brauchen werden, sind ganz reale, ganz analoge Transportwege, Schienen und Straßen, die unseren täglichen Anforderungen gerecht werden. Daran fehlt es entlang des Hochrheines ebenso wie auf der Achse Zürich/Stuttgart.
4) Digitaler Wandel, verändertes Mobilitätsverhalten und die Konsumgewohnheiten der Bevölkerung lassen die Zukunft unserer Innenstädte zu einem der Top Themen der kommenden Jahre werden. Die Entwicklung des Online-Handels und der erkennbare Trend zur Beschränkung des Individualverkehrs in den Innenstädten verlangen nach einer proaktiven Antwort. Die Attraktivität unserer Innenstädte zum Leben und Arbeiten, für Einkauf, Kultur und Gastronomie, und ganz generell die Aufenthaltsqualität im urbanen Raum werden darüber entscheiden, ob der stationäre Einzelhandel eine substanzielle, eigene Bedeutung vor Ort behält. Nicht die Bekämpfung des Online-Handels ist das Gebot der Stunde, sondern die integrierte Stärkung unserer Innenstädte. Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten.
5) Wo so viel Veränderung ansteht, kann auch Bildung nicht das bleiben, was sie bislang war. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wird Bildung immer wichtiger. Ohne eine fundierte Ausbildung wird die Sicherung von Fachkräften für unsere Unternehmen nicht gelingen. Zum anderen verändert sich die Bildung selbst: nicht mehr die eher quantitativ definierte Weitergabe von abrufbarem Wissen ist gefragt - das gibt es immer häufiger bei Google, Alexa und YouTube kostenlos zum Abruf - sondern die Vermittlung von Kompetenzen, die den Mitarbeiter in die Lage versetzen, Aufgaben zu lösen, die er heute noch gar nicht kennt. Überflüssig zu erwähnen, dass auch dies nur in einem Konzept des „lebenslangen Lernens“ gelingen kann. Aus- und Weiterbildung werden deshalb weiterhin Kernkompetenzen der IHKs bleiben.“