Handel und Dienstleistungen leiden weiter unter Einschränkungen
Die seit Herbst verschärften Corona-Maßnahmen und die damit verbundenen Einschränkungen in Teilen der Wirtschaft zeigen sich in den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee zum Jahreswechsel, an der rund 150 Unternehmen teilgenommen haben.
Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur sind bei den Unternehmen im IHK-Bezirk im Vergleich zum Herbst zurückgegangen. Insbesondere der Handel und Teile der Dienstleistungsunternehmen leiden wieder oder immer noch unter den Auswirkungen der Corona-Einschränkungen. „Das produzierende Gewerbe ist momentan der konjunkturelle Lichtblick“, so Dr. Alexander Graf, bei der Kammer zuständig für die Konjunkturumfrage. „Zwar sind sämtliche Branchen von den globalen Lieferkettenproblemen, den gestiegenen Energiepreisen und dem Fachkräftebedarf betroffen, dennoch kommt das produzierende Gewerbe am Standort bisher am besten durch den Winter.“ Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region sinkt von 122 Punkten in der Herbstbefragung auf 120 Punkte zum Jahreswechsel. Damit liegt die Region weiter unter dem Landesschnitt von 134 Punkten. (Erklärung Punktesystem am Ende)
Geschäftslage
Die Geschäftslage zeigt sich mit einem Wert von 124 Punkten gegenüber dem Herbst (127 Punkte) leicht rückläufig. Dabei entwickeln sich die Branchen weiter sehr unterschiedlich.
Lage in der Industrie positiv
Die Einschätzungen der Produktionsbetriebe zur Lage haben sich gegenüber der Herbstbefragung verbessert. Mit einem von 138 auf 145 gestiegenen Indikatorwert für die Lage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee setzt sich die Erholung weiter fort. Mehr als die Hälfte der Unternehmen spricht dabei aktuell von einer guten Geschäftslage. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, ist seit Herbst von zehn auf zwölf Prozent leicht gestiegen. Zugenommen hat dagegen der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie. Mit rund 88 Prozent liegt er wieder deutlich über dem langjährigen Mittel. Diese Entwicklung deckt sich auch mit der derzeitigen Tendenz in den Auftragseingängen, die bei jedem zweiten Betrieb steigend und bei lediglich zwei Prozent fallend (Herbst: 16 Prozent) ist.
Die regionalen Produktionsbetriebe kämpfen weiter mit den anhaltenden international gestörten Lieferketten. Dies hat teilweise auch Auswirkungen auf die Ertragslage. Diese bezeichnen aktuell 15 Prozent der Betriebe als schlecht; drei Prozent mehr als im Herbst des vergangenen Jahres.
Regionaler Handel verschlechtert
Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zum Jahreswechsel insgesamt negativer aus als noch im Herbst. Waren es damals 29 Prozent, die von einer guten Geschäftslage sprachen, so sind es aktuell noch 19 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Händler, die sich in einer schlechten Geschäftslage befinden, von 13 auf 22 Prozent erhöht. Weiter berichten 57 Prozent der Betriebe von gegenüber dem Vorjahresquartal gefallenen Umsätzen. Die Ertragslage wird von 35 Prozent der Händler als schlecht beurteilt, von 43 Prozent als befriedigend und von 22 Prozent als gut. Offensichtlich gelang es einem Teil der Händler, über Kundenbindung und Onlineverkäufe das Weihnachtsgeschäft einigermaßen zu retten. Momentan schätzen 72 Prozent der Befragten das aktuelle Kaufverhalten der Kunden als zurückhaltend ein.
Dienstleistungsbereich sehr unterschiedlich
Im Dienstleistungsbereich gehen die Beurteilungen der Lage weit auseinander, insgesamt nimmt die Zahl der negativen Antworten zu. Sprechen beachtliche 43 Prozent der Dienstleister von einer guten Lage, so hat sich der Anteil derer, die ihre Lage als schlecht einschätzen, aber seit Herbst wieder von 11 auf 22 Prozent verdoppelt. Beim Umsatz verzeichnen 28 Prozent einen Rückgang gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal. Das ist wenig verwunderlich, wenn Teilbereiche wie die Veranstaltungsbranche seit fast zwei Jahren mehr oder weniger im Lockdown sind und die Gastronomie gerade im wichtigen Vorweihnachtsgeschäft mit Ansteigen der „Omikron-Welle“ unter verschärften Auflagen zu leiden hatte. Erfreulicher zeigt sich aktuell die Nachfrageseite. Jeder zweite Dienstleister verzeichnet ein gleichbleibendes Auftragsvolumen; der Anteil derer mit steigendem Volumen beträgt rund 35 Prozent.
Erwartungen für die kommenden Monate
Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee unterscheiden sich in Industrie, Handel und Dienstleistung zu Jahresbeginn deutlich. Im Produktionsbereich sind die Erwartungen eindeutig positiv. So gehen zwei Drittel der Betriebe von gleichbleibenden Geschäften in den nächsten 12 Monaten aus, das weitere Drittel gar von Steigerungen. Im Handel nimmt die Zahl der Unternehmen, die eine Verbesserung voraussehen zwar auf rund ein Viertel zu, gleichzeitig sehen mit 30 Prozent, aber auch deutlich mehr Händler als noch im Herbst schlechtere Geschäftsverläufe für die kommenden Monate voraus. Unter den Dienstleistern erwarten 37 Prozent eine Verbesserung, wohingegen 41 Prozent einen gleichbleibenden Verlauf und 22 einen Rückgang in den Geschäften sehen.
Die Investitionsabsichten der Betriebe zeigen sich gegenüber dem Herbst wenig verändert. Neben der Ersatzbeschaffung wird im Produktionsbereich insbesondere in Umweltschutz- und Energiemaßnahmen (55 Prozent der Betriebe) investiert, während in Handel und Dienstleistung bei 63 Prozent der Betriebe gleichzeitig Investitionen in Digitalisierung anstehen.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Für den Konjunkturverlauf der kommenden Monate wird viel von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie abhängen. Die Sorgen bezüglich der damit verbundenen Auswirkungen haben gegenüber der Herbstumfrage nochmals deutlich zugenommen. Unter den Handelsbetrieben ist dies mit Abstand das meistgenannte Risiko (80 Prozent), gefolgt von der Entwicklung der Inlandsnachfrage (54 Prozent). Im Produktionsbereich bereiten 83 Prozent der Betriebe die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise aber auch die Deckung des Fachkräftebedarfs (66 Prozent) zunehmend Probleme. Im steigenden Fachkräftebedarf sowie in den steigenden Energiepreisen sieht auch ein Großteil der Dienstleistungsbetriebe (72 bzw. 41 Prozent) die größten Herausforderungen für die weitere Geschäftsentwicklung.
Aufgrund der anhaltenden Dauer der Corona-Pandemie leidet auch rund jedes fünfte Unternehmen unter Eigenkapitalrückgängen und rund 12 Prozent unter Liquiditätsengpässen. Auch die Lieferkettenproblematik wird in den kommenden Monaten noch anhalten. Der Großteil der Betriebe sieht im ersten Halbjahr 2022 hier noch keine wesentliche Verbesserung in der Versorgung mit relevanten Rohstoffen, Vorprodukten und Waren. Deutliche Preisanstiege, längere Lieferzeiten, Ertragseinbußen und einen gestiegenen Planungsaufwand hatten viele Unternehmen in den vergangenen Monaten bereits hinzunehmen. Abzuwarten bleibt, wie die anziehende Inflation auf die Produktionskosten der Betriebe und das Konsumverhalten der privaten Haushalte in den kommenden Monaten durchschlagen wird. Sämtliche Forschungsinstitute haben in den letzten Wochen ihre BIP-Prognosen für das Jahr 2022 jedoch reduziert.
Punktesystem und Methodik
Der IHK-Konjunkturklimaindex ist ein Indikator für die konjunkturelle Entwicklung. Er fasst die aktuelle Situation der Unternehmen und ihre Erwartungen an die kommenden zwölf Monate in einem Wert zusammen. Der Index wird als geometrisches Mittel aus den Salden der positiven und negativen Antworten auf die Fragen zur Lage und zur zukünftigen Entwicklung der Geschäfte berechnet. Der Index kann Werte zwischen 0 und 200 Punkten annehmen. Entscheidend für die Interpretation des Konjunkturklimas ist seine Veränderung von Umfrage zu Umfrage. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Konjunktur tendenziell positiv entwickeln wird, wenn der Klimaindex zunimmt. Nimmt er ab, verschlechtert sich tendenziell die wirtschaftliche Entwicklung. Je näher an 200 desto besser und je näher an 0 desto schlechter läuft die Konjunktur, 100 ist dabei die Schwelle. Zusätzlich ist es hilfreich, sich die beiden Werte - Lage und Erwartung - anzuschauen, da der Index durch diese beiden beeinflusst wird.
Info: Ausführliche Dokumentation unter www.konstanz.ihk.de