600 Ausbildungsstellen unbesetzt
(Freiburg) Die Chancen für Jugendliche, in der Wirtschaftsregion Freiburg einen Ausbildungsplatz zu finden, sind trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage weiter hervorragend. Für die regionalen Betriebe bleibt es dagegen schwierig, Ausbildungsplätze zu besetzen“, resümiert der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg, Christian Ramm, zur Bilanz des Ausbildungsmarkts 2018/2019.
Am 30. September waren noch rund 600 Ausbildungsstellen unbesetzt, obwohl rein rechnerisch Angebot und Nachfrage ausgeglichen waren. Weil aber viele Bewerber sich doch noch für eine höhere Schulbildung, eine schulische Ausbildung, ein Studium oder eine Erwerbstätigkeit entschieden haben und einige Jugendliche den Umweg über das Übergangssystem gehen müssen, mündete nur etwas mehr als jeder Zweite (55,7 Prozent) direkt in eine duale Ausbildung. Allerdings fehlen von 16,7 Prozent der Bewerber Informationen zum Verbleib.
Die Unternehmen meldeten insgesamt 4.035 Ausbildungsstellen. Das sind 5,3 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Die Betriebe bilden trotz eingetrübter Konjunktur auf hohem Niveau aus. „Wegen der strukturellen Veränderungen, die wir in den kommenden Jahren in Folge der Digitalisierung und des Klimawandels erwarten, ist das die richtige Strategie“, sagt Ramm. Die hohe Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen bereite ihm aber Sorgen. „Auf Dauer schwächt diese Entwicklung die Innovationskraft unserer Unternehmen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit“.
Der Chef der Freiburger Arbeitsagentur empfiehlt Ausbildungsbetrieben, sich jungen Menschen zu öffnen, die in der Vergangenheit häufig noch durchs Raster gefallen sind. Für sie gebe es öffentliche Programme, die Hürden beseitigen oder Risiken abmildern. „Nicht jeder offenbart seine Potenziale auf den ersten Blick. Vieles ist möglich, wenn alle, die Einfluss haben, aufeinander zugehen und mit starken Willen am gleichen Strang ziehen. Wir dürfen beim Übergang von der Schule in den Beruf keinen Jugendlichen verloren geben“, folgert Ramm, der sich darüber freut, dass immer mehr Betriebe noch vor Schulnoten auf vorhandene Talente achten.
Insgesamt 4.102 Jugendliche suchten über die Agentur für Arbeit Freiburg einen betrieblichen Ausbildungsplatz. 2.283 Mädchen und Jungen mündeten in eine duale Ausbildung ein, 629 in eine schulische Ausbildung oder ein Studium. 341 nahmen eine Erwerbstätigkeit auf, 118 einen freiwilligen sozialen Dienst und 47 wollen ihre Chancen mit einer berufsvorbereitenden Fördermaßnahme verbessern. Von 684 Bewerbern fehlen Informationen zum Verbleib. „Mädchen und Jungen haben heute viele Möglichkeiten. Am Ende fällt die Entscheidung nicht immer zugunsten der dualen Ausbildung aus“, betont Ramm.
Ein Erfolgsfaktor für die in der Region niedrige Jugendarbeitslosigkeit und für die relativ große Zahl an Einmündungen in duale Ausbildung, vor allem auch von jungen Geflüchteten, ist die Bildung behördenübergreifender Kompetenzzentren. Die Einrichtung der Jugendberufsagenturen und der Kompetenzzentren für Geflüchtete in Freiburg und Emmendingen machen sich immer mehr bezahlt. Besonders erfreulich verläuft die Vermittlung von jungen Geflüchteten in die duale Ausbildung. So ist die Zahl der Auszubildenden aus den sogenannten Asylherkunftsländern in den vergangen sechs Jahren (März 2013 bis März 2019) von 30 auf inzwischen 589 angewachsen. Dazu kommen weitere 230 Geflüchtete, die jetzt im Herbst eine Ausbildung begonnen haben. Knapp jeder siebte Bewerber um eine Berufsausbildungsstelle hatte einen Fluchthintergrund. „Junge Geflüchtete werden die Lücken am Ausbildungsmarkt nicht schließen, aber ohne sie wären die Lücken spürbar größer“, sagt Ramm.
In diesem Jahr sind 44 Jugendliche unversorgt geblieben. Mit jedem Bewerber wird es intensive Gespräche und ein neues Angebot geben. Weil noch sehr viele Ausbildungsstellen unbesetzt sind, können sich Jugendliche in den Übergangssystemen ebenfalls berechtigte Hoffnungen machen, dass es doch noch mit einem Ausbildungsplatz in diesem Jahr klappt.
Im neuen Schuljahr startete die sogenannte „Lebensbegleitenden Berufsberatung (LBB) vor dem Erwerbsleben“. Dafür hat Ramm Personal aufgestockt und alle Beratungskräfte konzeptbezogen weitergebildet. Wir wollen so oft und so nah wie möglich an den Schülerinnen und Schülern dran sein. Deshalb sind wir mindestens einmal wöchentlich direkt vor Ort an den Schulen. Gleichzeitig wollen wir den Dialog mit den Lehrern, den Eltern und den Ausbildungsbetrieben weiter intensivieren. Dafür sind wir bereit, viel Ressourcen hineinzugeben. Wenn der Start ins Berufsleben gelingt, zahlt sich das im gesamten Berufsleben aus. Dann gewinnt der Einzelne und die Gesellschafft!“, ist Ramm überzeugt.