13.12.2018 08:47

Blauzungenkrankheit festgestellt

(Ottersweier) „Das Landratsamt Rastatt hat in einem Rinderbestand in Ottersweier, Landkreis Rastatt, die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) amtlich festgestellt. Die Ansteckung der Tiere ist im Rahmen des routinemäßig durchgeführten jährlichen Untersuchungsprogramms nachgewiesen worden. Der Betrieb steht nun unter behördlicher Beobachtung. Darüberhinausgehende Seuchenbekämpfungs-maßnahmen sind in dem Tierbestand derzeit nicht notwendig. Das Virus ist für Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milch sowie daraus hergestellte Erzeugnisse können daher ohne Bedenken verzehrt werden“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, in Stuttgart.

Um den Ausbruchbetrieb wird nun ein Restriktionsgebiet mit einem Mindestradius von 150 km eingerichtet werden. Dies bedeutet, dass das gesamte Land Baden-Württemberg zum BTV-8-Sperrgebiet für Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wildwiederkäuer erklärt wird. Das Sperrgebiet muss mindestens zwei Jahre aufrechterhalten werden. Erst danach kann die Bundesrepublik Deutschland sich wieder als frei von Blauzungenkrankheit (bluetongue disease - BT) erklären.

„Im Sperrgebiet und damit im gesamten Land sind sämtliche Rinder-, Schaf- und Ziegenhaltungen sowie die Haltung von Wildwiederkäuern dem jeweils zuständigen Landratsamt oder Bürgermeisteramt in den Stadtkreisen unter Angabe des Standorts der Tiere mitzuteilen. Hierzu kann ein Meldevordruck verwendet werden, der von den Ämtern zur Verfügung gestellt wird“, erklärte Minister Hauk.

Das Verbringen von Rindern, Schafen, Ziegen und gehaltenen Wildwiederkäuern innerhalb von Baden-Württemberg ist ohne vorherige Impfung oder Laboruntersuchung mit Genehmigung des jeweils zuständigen Veterinäramtes möglich, sofern die Tiere beim Verbringen keine Krankheitssymptome aufweisen, die auf Blauzungenkrankheit hinweisen oder der Tierbestand nicht wegen eines Ausbruchs der Blauzungenkrankheit gesperrt ist. Auch in ein BTV-8-Sperrgebiet in anderen Ländern und Staaten können die Tiere ohne Impfung oder Laboruntersuchung mit behördlicher Genehmigung verbracht werden.

Das Verbringen bzw. der Export von Wiederkäuern sowie deren Sperma, Eizellen und Embryonen aus Baden-Württemberg in ein nicht reglementiertes BTV8-Gebiet ist dagegen nur zulässig, wenn die Tiere einen wirksamen Impfschutz haben, vorgeschriebene Laboruntersuchungen durchgeführt wurden oder die Tiere mindestens 60 Tage in einem Betrieb gehalten wurden, in dem die Tiere gegen Stechmücken sicher geschützt waren. In der Regel bedeutet dies, dass die Tiere nur in ein BTV-8-freies Gebiet verbracht werden können, wenn sie einen wirksamen Impfschutz haben. Kälber, die von Kühen mit einem wirksamen Impfschutz geboren wurden und innerhalb der ersten sechs Lebensstunden von ihren Muttertieren Kolostralmilch bekommen haben, können innerhalb von Deutschland in ein BTV-8-freies Gebiet verbracht werden. Hierzu ist die sog. Tierhaltererklärung auszufüllen, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. Für Schlachttiere, die nicht geimpft sind und außerhalb von Baden-Württemberg geschlachtet werden sollen, muss ein sog. Kanalisierungsverfahren eingerichtet werden.

„Ganz entscheidend ist nun, dass möglichst alle Rinder, Schafe und Ziegen im Land in den kommenden Jahren gegen BTV-8 und zusätzlich gegen den Serotyp 4 (BTV-4), der in Frankreich nachgewiesen wurde, geimpft werden. Nur so kann die Seuche erfolgreich getilgt und können Tiere aus Baden-Württemberg wieder ohne Einschränkungen in andere Regionen verbracht werden. Ich appelliere daher nochmals eindringlich an alle Rinder-, Schaf- und Ziegenhalterinnen und -halter im Land, ihre Tiere gegen BTV-4 und BTV-8 impfen zu lassen. Land und Tierseuchenkasse Baden-Württemberg unterstützen die Impfung mit einem Zuschuss“, betonte der Minister.

Fragen zur Seuchensituation sowie zum Verbringen von Tieren, Sperma, Eizellen und Embryonen werden von den Veterinärämtern bei den Landratsämtern und Bürgermeisterämtern der Stadtkreise beantwortet. Bei Fragen zur Impfung und zu Laboruntersuchungen können die Veterinärämter, die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Stuttgart, Karlsruhe und Freiburg, das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf - Diagnostikzentrum, der Rinder- und Schafherdengesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg, praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte sowie die Verbände Auskunft geben.

Hintergrundinformationen:
Die Blauzungenkrankheit ist eine virusbedingte Infektion insbesondere der Rinder und Schafe. Bei Schafen kann die Krankheit akut verlaufen, während sie bei Rindern in der Regel ohne bzw. nur mit milden Krankheitssymptomen verläuft. Ziegen, Neuweltkameliden (u.a. Lamas, Alpakas) und Wildwiederkäuer sind für die BT ebenfalls empfänglich. Es gibt zahlreiche Serotypen von dem Virus. Es wird über kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen) der Gattung Culicoides zwischen empfänglichen Tieren übertragen. Mensch können sich dagegen nicht anstecken.

Im August 2006 wurde BTV-8 erstmals in Deutschland festgestellt. Das Virus breitete sich in den Jahren 2007 und 2008 über einen großen Teil Deutschlands aus. Das gesamte Bundesgebiet wurde damals als BTV-8-Restriktionszone ausgewiesen. Ab dem 17. November 2009 wurde kein Ausbruch mehr festgestellt.

In den Jahren 2008 und 2009 wurden in Deutschland Rinder, Schafe und Ziegen im Rahmen einer Pflichtimpfung mit inaktivierten Impfstoffen gegen BTV-8 geimpft. Die Impfung von in Gattern gehaltenen Wildwiederkäuern erfolgte auf freiwilliger Basis. Zum 1. Januar 2010 wurde die Verpflichtung zur Impfung von Rindern, Schafen und Ziegen aufgehoben. Auf freiwilliger Basis wurde sie in Baden-Württemberg zunächst noch 2010 und 2011 fortgesetzt. Die konsequente Impfstrategie hat damals zur raschen Tilgung der Blauzungenkrankheit in Deutschland geführt. Seit 2016 wird in Baden-Württemberg wieder auf freiwilliger Basis gegen BTV-4 und BTV-8 mit finanzieller Unterstützung durch das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg geimpft.

Im Rahmen eines im Jahr 2007 etablierten Monitoring-Programms auf Blauzungenkrankheit wurden umfangreiche Untersuchungen bei Rindern, Schafen und Ziegen sowie in geringerem Maße bei Wildwiederkäuern durchgeführt. Die Monitoring-Untersuchungen bei empfänglichen Tieren wurden nach 2010 fortgesetzt, um die BT-Freiheit Deutschlands zu kontrollieren und im Falle eines erneuten Auftretens der Seuche schnell reagieren zu können. Seit 2010 wurde bei den Monitoringuntersuchungen kein BT-Virus in Deutschland mehr festgestellt.