Konjunkturindex steigt
(Konstanz) Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft in der Region sind weiter virulent. Die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen der Unternehmen an Hochrhein und Bodensee zeigen sich jedoch verbessert.
Der von der IHK Hochrhein-Bodensee (IHK) errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region, der im Frühsommer durch die Corona-Auswirkungen von 130 auf 84 Punkte abgesackt war, hat sich im Herbst auf 111 Punkte erhöht. „Das Tief scheint überwunden“, so Alexander Graf, bei der Kammer in Konstanz zuständig für die Konjunkturumfrage. „Allerdings wird der weitere Verlauf der Corona-Pandemie entscheidend dazu beitragen, wie es mit der konjunkturellen Entwicklung in der Region weitergeht. Drei von vier Unternehmen sehen darin ein großes Risiko für ihre Geschäftstätigkeit.“
Geschäftslage erholt
Die Einschätzung der Geschäftslage durch die Unternehmen hat sich im Vergleich zum Frühsommer verbessert. Der Wert des „Lage-Indikators“ liegt mit aktuell 111 Punkten wesentlich positiver als bei der Befragung im Mai mit 77 Punkten. So beurteilen 29 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 18 Prozent dagegen als schlecht, während 53 Prozent zufrieden sind. Bei der Ertragslage urteilen die Unternehmen insgesamt schlechter. Hier sind es zwar rund 24 Prozent, die diese als gut, aber auch 28 Prozent, die diese als schlecht einschätzen. Die Gesamtlage stellt sich im Vergleich zum Landeswert für Baden-Württemberg (98 Punkte) deutlich positiver dar.
Auslastungsgrad der Industrie steigend
Im Vergleich zu den Vorjahreswerten für Umsatz und Ertrag in der Industrie sind die Werte im Herbst 2020 noch ein ganzes Stück davon entfernt. Dennoch zeigt sich, dass sich zumindest bei einem Teil der produzierenden Unternehmen die Lage nicht ganz so dramatisch darstellt, wie zunächst befürchtet. Der Indexwert für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee ist seit Juni von 77 Punkten auf aktuell 103 Punkte gestiegen. Der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage mit „gut“ bezeichnen hat sich im selben Zeitraum leicht von 25 auf 29 Prozent verbessert. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Unternehmen, die von einer schlechten Geschäftslage sprechen deutlich von 48 auf aktuell 27 Prozent ab. Auch die Einschätzung der Ertragslage hat sich verbessert. So hat sich die Zahl der Unternehmen mit einer schlechten Ertragslage seit der letzten Befragung von 47 auf 33 Prozent verringert. Und auch die Auslastung in den Kapazitäten hat sich von 68 auf 76 Prozent erhöht, liegt damit aber immer noch deutlich von ihrem langjährigen Mittel von rund 86 Prozent entfernt. Positiv ist, dass aktuell wieder mehr Produktionsbetriebe von einer steigenden Tendenz im Auftragseingang (32 Prozent) als von einer fallenden Tendenz (23 Prozent) berichten.
Dienstleistungsbereich verbessert
Der überwiegende Teil der Dienstleistungsbetriebe (52 Prozent) zeigt sich im Herbst mit seiner Lage zufrieden, zwei Drittel bezeichnen die Lage als gut, 14 Prozent als schlecht. Die Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahresquartal aber bei 61 Prozent der Betriebe gefallen. Ein Viertel beurteilt die Ertragslage als schlecht. Eine steigende Tendenz beim derzeitigen Auftragsvolumen sehen rund 28 Prozent der Betriebe, während 27 Prozent ein fallendes Volumen verzeichnen. Die Bandbreite der Betroffenheit bleibt im Dienstleistungsbereich weiter sehr unterschiedlich. Teilbereiche wie die Veranstaltungsbranche leiden weiter sehr stark unter den Auswirkungen von Corona. In anderen Teilen, bspw. in der Gastronomie, konnten die vergangenen Monate jahreszeitenbedingt die Situation etwas verbessern.
Handel verhalten
Die Einschätzung der Geschäftslage fällt zu Beginn des Herbstes im Handel nicht ganz so positiv aus. Hier sind es nur sieben Prozent der Betriebe, die ihre aktuelle Lage als gut bezeichnen, während 72 Prozent diese als befriedigend ansehen und jeder fünfte Händler von einer schlechten Geschäftslage spricht. 60 Prozent der Betriebe berichten von – gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal – gefallenen Umsätzen. Im Vergleich zum Frühsommer hat sich aber auch im Handel die Ertragslage wieder verbessert. Der Großteil der Händler in der Region, rund 65 Prozent, ist mit den Erträgen zufrieden, während jeder vierte Händler seine Ertragslage als schlecht bezeichnet. Das Kaufverhalten der Kunden wird von der Hälfte der Händler aktuell als zurückhaltend eingeschätzt.
Erwartungen für die kommenden zwölf Monate
Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee verbessern sich. So geht mittlerweile wieder jeder dritte Betrieb von einer besseren Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten aus. Die Anzahl der Unternehmen im Kammerbezirk, die eine schlechtere Entwicklung in den kommenden Monaten voraussehen, liegt bei rund 21 Prozent. Doch die tatsächliche Entwicklung wird mutmaßlich vom weiteren Verlauf der Pandemie in den nächsten Monaten beeinflusst werden.
Im Handel haben nur sieben Prozent der Betriebe einen positiven Blick nach vorne und gehen von besseren Geschäften aus, während zwei Drittel mit einem gleichbleibenden Verlauf rechnen. Knapp ein Viertel geht von einer Verschlechterung in den bevorstehenden Monaten aus. In der Dienstleistungsbranche dagegen erwarten 46 Prozent der Unternehmen bessere Geschäfte in den kommenden Monaten, 36 Prozent prognostizieren einen gleichbleibenden Verlauf und 18 Prozent eine Verschlechterung der Geschäftsentwicklung. Auch unter den produzierenden Unternehmen gibt es positive Signale. Die Anzahl der Produktionsbetriebe, die eine Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten erwarten, steigt leicht von 32 auf 34 Prozent. Gleichzeitig sinkt der Anteil derer, die mit einer Verschlechterung rechnen, von 25 auf 18 Prozent. Die übrigen 48 Prozent gehen von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf aus. Die Exporterwartungen verbessern sich ebenfalls; 30 Prozent rechnen mit zunehmenden Exporten. Die Erwartungen gegenüber Großbritannien sind aufgrund des weiter ungeklärten Brexits auch in diesem Herbst nochmals rückläufig. Dagegen ruhen die Hoffnungen auf steigendem Export, primär nach Asien.
Investitionsabsichten rückläufig
Eine leichte Zunahme gegenüber dem Frühsommer gibt es bei den inländischen Investitionsabsichten zu verzeichnen. Etwa rund 21 Prozent der Betriebe rechnen mit steigenden Investitionen (Frühsommer: zwölf Prozent). Gleichzeitig sinkt die Zahl der Unternehmen, die keine Investitionen in den kommenden zwölf Monaten planen, von 14 auf 10 Prozent. Verwendet werden sollen die Mittel insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (66 Prozent) sowie zur Digitalisierung (55 Prozent). Die Corona bedingte Verunsicherung schlägt damit weiter auch auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen durch. Eine breitere Zunahme der Investitionstätigkeit wird voraussichtlich erst mit Beherrschung des Infektionsgeschehens einsetzen.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie halten die regionale und globale Wirtschaft in Atem und so ist es deren Entwicklung, die den Unternehmen mit 72 Prozent der Nennungen für die kommenden Monate am meisten Sorgen bereitet. Dadurch beeinträchtigt werden auch die Inlands- und Auslandsnachfrage (53 Prozent und 40 Prozent), die von den regionalen Unternehmen zudem sehr häufig als Risiken genannt wurden. Rund 42 Prozent der Unternehmen mussten in den vergangenen Monaten ihre Personalkapazitäten anpassen. Dabei wurden von den betroffenen Betrieben in erster Linie die Möglichkeiten der Kurzarbeit in Anspruch genommen (75 Prozent), aber auch die Nichtbesetzung freier Stellen (62 Prozent) oder die Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle (41 Prozent) wurden herangezogen. Für die nächsten Monate planen rund 62 Prozent der Unternehmen mit gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen. Die Zahl derer, die Personal abbauen wollen, sinkt von 38 Prozent im Frühsommer auf aktuell 25 Prozent. Die durch Corona bedingten Umsatzrückgänge in den meisten Branchen haben auch Einfluss auf die Finanzierungssituation der Betriebe. Zwar bemerkt rund die Hälfte noch keine direkten negativen Auswirkungen auf die eigene Finanzierung, allerdings verzeichnet rund ein Drittel einen Eigenkapitalrückgang. Bei 14 Prozent der an der Umfrage beteiligten Betriebe kommt es zu Liquiditätsengpässen und zwölf Prozent beklagen eine hohe Fremdkapitalbelastung. Dennoch sehen insgesamt nur wenige Betriebe (zwei Prozent) in der Finanzierung aktuell ein großes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens.
Wie schnell eine Rückkehr zu einer normalen Geschäftstätigkeit, die nicht mehr von Corona geprägt sein wird, erfolgen kann, wird sich in den kommenden Monaten weisen. Rund 37 Prozent der Unternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee hoffen darauf bis Ende 2021. Bis Ende dieses Jahres sieht sich bereits ein Drittel wieder auf Vor-Corona-Niveau. Ein geringer Teil geht allerdings davon aus, dass es kein Zurück zu einer Geschäftstätigkeit wie vor Corona geben wird. Unter den Handelsbetrieben sind dies neun Prozent.