Vorbild für deutsche Wälder
(Villingen-Schwenningen) Die nachhaltige Arbeit des städtischen Forstamts für eine ökologische Wald-Wild-Balance ist seit Jahrzehnten vorbildlich und wird nun auch deutschlandweit gewürdigt. Im Rahmen des Projekts BioWild der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft Deutschland e. V., die das Projekt initiiert hat, wurde der Stadtwald Villingen-Schwenningen als "Beispielwald" ausgezeichnet.
"Wir fühlen uns geehrt diese Auszeichnung zu erhalten. Mit unserer sehr guten Leistung über Jahre hinweg dürfen wir uns zurecht ein Vorbild für Waldeigentümer nennen, die auf standortsgerechte, artenreiche und ertragsstarke Wälder setzen", freut sich Forstamtsleiter Tobias Kühn. Ziel des BioWild-Projekts ist es, durch konsequente Jagd den Wildbestand auf einer Zahl zu halten, die der Lebensraumkapazität entspricht und so das Wachstum vieler Pflanzenarten ermöglicht. Das Projekt startete 2016 und wird voraussichtlich bis 2027 laufen. In verschiedenen Varianten ist und wird der Einfluss des Wildes untersucht. Dazu zäunt man Flächen mit Probegattern ein, um diese regelmäßig vegetationskundlich zu untersuchen. Sokann man die Entwicklung einer Fläche mit und ohne Wildeinfluss beobachten. Im Stadtwald Villingen-Schwenningen wird die Variante "angemessener Wildbestand –keine Änderung des Jagdregimes" untersucht. Zum Vergleich wirdauf einer kleinen Teilfläche auch die Variante "hoher Wildbestand –keine Änderung des Jagdregimes" geprüft. Durch den deutschlandweiten Fokus mit unterschiedlichen Standorten und Varianten erhoffen sich die Forscher fundierte Aussagen über den Einfluss des Wildes auf die Verjüngung der Wälder. Beteiligt sind dabei die Hochschulen TU Dresden, Universität Göttingen und TU München. "Da besonders junge Bäume wie Weißtanne oder Eiche Leckerbissen für Wild sind, werden diese häufig verbissen und können nicht weiter wachsen. Das bedroht die Artenvielfalt der Wälder", erklärt der stellvertretende Forstamtsleiter Roland Brauner. Ist der Wildbestand an die Lebensraumkapazität angepasst, können somit auch Sämlinge vor Verbiss geschützt und das Wachstum junger Bäume ermöglicht werden. Eine Wald-Wild-Balance soll gebildet werden, damit die Wälder artenreich und stabil sind, gerade auch um dem Klimawandel standhalten zu können. Bei dem im Schwarzwald heimischen Rehwild sind vor allem die Sämlinge der Weißtannen beliebt und werden oft regelrecht abgeweidet. Laut Forstamtsleiter Tobias Kühn erwarte man sich jedoch unter anderem von der Weißtanne, dass sie dem Klimawandel besser trotzen kann als die Fichte. Diese ist derzeit noch die häufigste Baumart im Stadtwald. Durch ihre tiefen und starken Wurzeln ist die Weißtanne standhaft in stürmischen Zeiten. Zudem kann sie dank ihres Wurzelsystemes wasserführende Bodenschichten in der Tiefe erreichen, was in Trockenphasen von Vorteil ist. "Im Wald", so berichtet der Forstamtsleiter, "plant man immer langfristig. Die Landwirtschaft besitzt die Flexibilität jedes Jahr neu entscheiden zu können,was man anbaut. Das hat man im Wald nicht. Es dauert eben eine Zeit, bis ein Baum so stark ist, dass er genutzt werden kann." Ist ein Bestand dann einmal etabliert, besteht diese mindestens das nächste Jahrhundert. Somit ist es bereits jetzt wichtig, die Weißtanne und weitere Baumarten in den heim-schen Wäldern zu fördern. Ein Weg, den die Förster in Villingen-Schwenningen schon lange beschreiten. Die Verbreitung des Rehwilds wurde deshalb schon vor mehreren Jahrzenten durch ordentliche Bejagung auf ein geringeres Niveau gebracht. Regieführend für die Bejagung ist das Forstamt VS in Zusammenarbeit mit rund 50 privaten Jägern. Der Rehwildbestand ermöglicht die natürliche Verjüngung des Waldes durch Samenfall. Mit Erfolg: Der dadurch erreichte Ausgleich von Wald und Wild zeigt im Stadtwald Villingen-Schwenningen sehr gute Ergebnisse, denn die Weißtanne und viele andere Baumarten verjüngt sich bereits natürlich auf großer Fläche. Dieser Erfolg hat die Auszeichnung zu einem von 19 Beispielwäldern aller teilnehmenden Regionen im Rahmen des BioWild-Projektes gebracht. Der Stadtwaldistsomit ein Exempel für andere Wälder Deutschlands in den Mittelgebirgsregionen. Das BioWild-Projekt gewinnt immer mehr an Zuspruch und ist in vielen Bundesländern vertreten. Laut Kühn sei das Projekt bereits auf "oberster Ebene" angekommen. So fließen beispielsweise Fördermittel aus dem Bundesamt für Naturschutz. Dies erfolgt im Rahmen des Bundesprogrammes "Biologische Vielfalt des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit". Es ist damit zu rechnen, dass die Forschungsergebnisse auch mit großer Aufmerksamkeit vom zuständigen Landesministerium (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, MLR) zur Kenntnis genommen werden. Mit der Auszeichnung zum Beispielwald erhofft sich Kühn mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung für solche, für die Zukunft wichtigen, Projekte. In Villingen-Schwenningen ist jedoch nicht nur die Wald-Wild-Balance beispielhaft. Das Forstamt legt auch viel Wert auf die Verarbeitung des erlegten Wildes zu einem hochwertigen Lebensmittel. Das Fleisch bietet ein qualitativ hochwertiges Nahrungsmittel ohne Futtermittelbeigabe oder Tierarzneimittel und ist zudem auch regional, saisonal, biologisch und ökologisch. Da das Wild zum Schutz der Wälder erlegt wird, bildet der Verzehr einen natürlichen Kreislauf zum Nutzen der Natur."Die Nachfrage ist sehr hoch", berichtet Roland Brauner, der gerade die letzten Rehrücken dieser Jagdsaison vermarktet,"die Bürgerinnen und Bürger aus Villingen-Schwenningen wissen eben, was gut ist!"