Sorge um Schwimmausbildung
(Karlsruhe) Angestoßen durch die stark ansteigenden Energiepreise und Heizkosten berät am 19. September der Bäderausschuss der Stadt Karlsruhe über kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Energieeinsparung in den Karlsruher Bädern.
Im Mittelpunkt der dafür angefertigten Beschlussvorlage steht das Adolf-Ehrmann-Bad im Stadtteil Neureut sowie das Hallenbad im Stadtteil Grötzingen. Für beide empfiehlt die Stadtverwaltung die vorübergehende Schließung.
Bei allem Verständnis für die globale Ausnahmesituation, in der sich die Bundesrepublik derzeit befindet, appellieren die betroffenen DLRG-Ortsgruppen in Durlach und Neureut sowie der DLRG Bezirk Karlsruhe eindringlich an die Stadtpolitik, diese Maßnahme nicht umzusetzen. Die Situation der Schwimmausbildung in ganz Deutschland und ebenso in Karlsruhe stellt sich bereits seit mehreren Jahren als dramatisch dar. Die Situation wurde durch die Pandemie-bedingten Schließungen der Schwimmbäder weiter verschärft. Die Wartelisten für Anfängerschwimmkurse bei den DLRG-Ortsgruppen in Stadt- und Landkreis sind so lang, dass Kinder und Eltern teils mehrere Jahre auf einen Platz in einem Schwimmkurs warten müssen.
Rainer Syré ist Vorsitzender der DLRG Ortsgruppe Durlach, welche auch den Stadtteil Grötzingen abdeckt. Nach der Corona-Pandemie haben er und seine Aktiven mit hohem zeitlichem und personellem Aufwand zusätzliche Schwimmkurse angeboten, um dem entstandenen Stau an Anfragen für Schwimmkurse entgegenzuwirken. Wenn sich Syré und seine Kamerad*innen nun mit der möglichen Schließung „ihres“ Bades in Grötzingen konfrontiert sehen, konterkariert dies nicht nur ihre Bemühungen zum Aufholen der Pandemiefolgen. Nein, es drohe den Trend zu verstärken, dass Deutschland zu einem Land der Nichtschwimmer werde, so Syré.
Er sagt weiter: „Trotz eines guten Dialoges, den wir mit den Karlsruher Bäderbetrieben und der Ortsverwaltung pflegen, zählt für uns am Ende das Ergebnis. Das Grötzinger Hallenbad ist für die Schwimmausbildung in Karlsruhe unersetzlich. Es zu schließen, wenn auch möglicherweise nur vorübergehend, wäre schlicht fatal.“ In Durlach beginnen gerade 433 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ihr Kurshalbjahr - vom Seepferdchen bis zum Rettungsschwimmabzeichen in Gold. An 135 Personen konnte man aus Mangel an Kapazitäten keinen Kursplatz vergeben. „Die verfügbaren Plätze für Anfängerschwimmkurse in diesem Kurshalbjahr waren innerhalb von 33 Sekunden ausgebucht“ erinnert sich Rainer Syré.
Syrés Kollege aus der DLRG Ortsgruppe Neureut, Bert Ludwig, pflichtet ihm da bei. Ludwig sorgt sich darüber hinaus nicht nur um die Anfängerschwimmkurse. Auch die Aus- und Weiterbildung von Rettungsschwimmer*innen sei durch die Schließungen akut gefährdet. Beide Ortsgruppen – Durlach und Neureut – sind neben der Schwimmausbildung auch im Wasserrettungsdienst der DLRG im Bezirk Karlsruhe engagiert. Von Mai bis September bewachen die Neureuter Wasserretter*innen den Baggersee Fuchs und Groß, in Durlach sorgt man am Baggersee Grötzingen für die Sicherheit der Badegäste am und im Wasser. Eine Aufgabe, die ehrenamtlich erbracht wird und gut trainierte Einsatzkräfte voraussetzt.
Ludwig fordert: „Die Verantwortlichen in Verwaltung und Gemeinderat sollten intensiv über Maßnahmen zur Energieeinsparung diskutieren. Eine Schließung von Schwimmbädern ohne adäquaten Ersatz, wenn auch nur zeitweise, darf aber dabei keine Option sein. Die Folgen sind nicht abzuschätzen und gefährden Menschenleben.“
Umfangreiche Stellungnahmen gegen die Schließung der beiden Schwimmbäder haben Ludwig und Syré daher in den Tagen vor der Sitzung des Bäderausschusses den Vertretern der Fraktionen im Gemeinderat und den Ortschaftsräten zukommen lassen. Auch ein Gespräch mit dem zuständigen Bürgermeister Martin Lenz über die Bädersituation in Karlsruhe wird stattfinden. Aus der übergreifenden Sicht des DLRG Bezirk Karlsruhe, welcher den gesamten Stadt- und Landkreis einschließt, äußert Timo Imhof eine klare Erwartungshaltung an die Verwaltung in Karlsruhe sowie den Landkreis-Kommunen: „Kein Schwimmbad in der Region darf ohne gleichzeitigen adäquaten Ersatz geschlossen werden. Die politisch Verantwortlichen müssen sicherstellen, dass Maßnahmen zur Energieeinsparung in den Bädern die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung nicht negativ beeinflussen. Das gilt neben den Kursen der Vereine übrigens auch für den schulischen Schwimmunterricht.“
Imhof geht über die Fälle in Neureut und Durlach hinaus davon aus, dass im weiteren Verlauf des Herbstes und Winters noch weitere Badschließungen auf die DLRG in der Region zukommen werden. Er betont: „Schwimmbäder sind für uns nicht nur Trainings- und Bildungsstätte. Sie sind sozialer, generationenübergreifender Treffpunkt und Zentrum von Vereinsleben. Was da in den nächsten Monaten auf uns zukommen könnte, macht mir große Sorgen!“