Tourismus im Schwarzwald leidet immer noch
Die Corona-Pandemie hat den Tourismus in der Ferienregion Schwarzwald hart getroffen. Nach dem schlagartigen „Lockdown“ im März geht es seit Lockerung der Reisebeschränkungen Mitte Mai wieder aufwärts – allerdings langsamer als erhofft. Am Mittwoch (15. Juli) hatten sich rund 400 Touristiker zur ersten Jahrestagung der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) im virtuellen Raum angemeldet.
Die STG vertritt als Dach- und Destinationsmanagementorganisation die touristischen Belange der 321 Gemeinden in der Ferienregion Schwarzwald. „Das Tourismusland lebt wieder. Aber die Krise verlangt uns Vieles ab und es gibt Bereiche, wo es auch noch Vieles zu tun gibt,“ sagte Minister Guido Wolf in seinem Grußwort an die Teilnehmer. Er forderte zur „Solidarität mit allen Tourismusaktiven“ auf. Dann könne das „Urlaubsland Baden-Württemberg zu einem Ort der Zukunft werden, wo sich Menschen wohlfühlen können“. „Wir wissen noch nicht, welche Lücken die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona am Ende in unsere touristische Infrastruktur gerissen haben wird“, konstatierte der Ortenauer Landrat Frank Scherer als STG-Aufsichtsratsvorsitzender: „Aber wenn wir zusammen agieren und alle volle Kraft voraus fahren, werden wir diese Krise meistern.“ Zugleich erinnerte Scherer daran, wie erfolgreich die STG sich 2019 strategisch neu ausgerichtet hat. Im neuen Gesellschaftervertrag und in einem Strategiepapier zur Tourismusentwicklung wurden dabei der STG eine Fülle von Aufgaben im Rahmen des Destinationsmanagements zugewiesen: „Wir wollen nicht nur den Tourismus weiterentwickeln, sondern auch den Lebens-, Arbeits- und Freizeitraum der Menschen, die hier leben, mitgestalten.“ „Die STG-Mitarbeiter haben Großartiges geleistet in 2019, aber auch in der Krise, die uns noch alle beschäftigt“, lobte Landrätin Dorothea Störr-Ritter vom Landkreis-Breisgau Hochschwarzwald als Vorsitzende der Gesellschafterversammlung. Gesellschafter der STG sind die zwölf Land- und vier Stadtkreise zwischen Karlruhe – Pforzheim und der Schweizer Grenze. Die STG habe „gezeigt, dass sie als Destinationsmanagementorganisation auch solch große Krise meistern kann“. Die während des Lockdowns entwickelte Re-Start-Kampagne „Kuck Kuck“ mit 45 Budget- und mehr als 300 Social-Media-Partnern sei „eine wunderbare Möglichkeit, jetzt wieder anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben – unter neuen, inspirierenden Vorzeichen“.
STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair wies in seinem Geschäftsbericht darauf hin, dass 2019 das 11. Rekordjahr in Folge für den Tourismus im Schwarzwald war: Mit 22,7 Mio. Übernachtungen in Betrieben mit mindestens zehn Betten, 33,2 Mio. in kleineren Betrieben und Privatzimmern sowie 134,4 Mio. Tages- und Ausflugsreisen sorgte der Tourismus in der Region 2019 für einen Bruttoumsatz von rund 7,5 Milliarden Euro. Rechnerisch resultieren daraus rund 125.000 Vollzeitarbeitsplätze im Tourismus. Weitere 375.000 Arbeitsplätze bei Dienstleistern, Zulieferern und Handwerkern profitieren anteilig und indirekt von den Ausgaben der Touristen.
Nach dem Rekordjahr 2019 konnten auch im Januar und Februar 2020 überdurchschnittliche Zuwächse verbucht werden, mit dem Lockdown im März gingen die Buchungszahlen um gut 50 Prozent zurück und sanken im April und Mai nahezu auf Null. Erst seit Juni steigen die Buchungen wieder an, jedoch nicht so stark wie erhofft. Dennoch zeigte sich Mair zuversichtlich, dass der Schwarzwald von den geänderten Bedürfnissen der Urlauber in der Folge von Corona nachhaltig profitieren könne: Wohlbefinden und Gesundheit, Sicherheit, naturnahe Erlebnisse, Regionalität und Lokalität sowie Nachhaltigkeit – das alles könne der Schwarzwald bieten. Das zeige auch die erfolgreiche Re-Start-Kampagne „Kuck Kuck“. In der ersten Phase ab Mitte Mai ging es darum, neue Gästegruppen auf den Schwarzwald aufmerksam zu machen und allgemein zu signalisieren: „Urlaub im Schwarzwald ist wieder möglich.“ In der Anfang Juli gestarteten zweiten Phase sollen potenzielle Gäste mit konkreten, erlebbaren Angeboten aus den Themenwelten Wandern, Radfahren, Kulinarik, Familie und Wellness zum Kommen überzeugt werden. Nach dem Bericht des Geschäftsführers interviewte Moderator Jens Zimmermann (im Livestream-Studio von B&HP Weißhaar in Emmendingen) Frank Stäbler, den dreifachen Weltmeister im Ringen: Was könnten Touristiker von ihm im Umgang mit Krisen lernen? „Gewinnen wird immer der, der eine missliche Situation am schnellsten annimmt und positiv darauf reagiert.“ Und: „Alles, was man nicht in der Hand hat und aus eigenen Kräften ändern kann, muss man annehmen und in sein Leben einbauen.“ Im Anschluss erörterten die Schwarzwälderin Andrea Springmann (Dozentin an der City University Hongkong), Bärbel Frey (Geschäftsführerin Thermenresort Aqua Dome Ötztal) und Christoph Hoffmann (CEO und Partner der Hotelgruppe 25hours) mit Geschäftsführer Hansjörg Mair die Folgen der Corona-Krise unter der Frage „Das Ende des Tourismus wie wir ihn kennen?“ Mairs Fazit am Ende: „Die Folgen der Corona-Krise sind hart. Viele Betriebe sind unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten. Wir müssen mit den Starken arbeiten, um auch den Schwachen zu helfen. Solidarität auf allen Ebenen ist gefragt. Wir werben für Urlaub im eigenen Land und sollten allen eine Alternative bieten, die dieses Jahr nicht ins Ausland reisen wollen. Es gibt im Schwarzwaldviele vorbildliche Initiativen, die über dieses schwierige Jahr hinausreichen und auch geeignet sind, neue Urlauber zu gewinnen und vielleicht auch in den Folgejahren für die Region zu begeistern. Diese wollen wir unterstützen.“