16.10.2024 20:41

Hohe Arbeitskosten belasten Unternehmen

Eine schwache Weltwirtschaft, (geo-)politische Verunsicherung, hoher Kostendruck und eine verhaltene Verbraucherstimmung hinterlassen zunehmend tiefe Spuren in der regionalen Wirtschaft.

Sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen haben sich seit Jahresbeginn deutlich eingetrübt. Das zeigt der aktuelle Konjunkturbericht der IHK Hochrhein-Bodensee. „Besonders deutlich ist der Rückgang dabei unter den Produktionsbetrieben im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee“, so Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. „Lichtblick bleibt aktuell der Dienstleistungsbereich, der sich in diesem schwierigen Umfeld positiv behaupten kann. Für die kommenden Monate bleiben die Erwartungen in weiten Teilen der Wirtschaft aber verhalten.“ Sorgen bereiten dabei die Inlandsnachfrage und zunehmend die steigenden Arbeitskosten.

Geschäftslage

Die Einschätzung der Geschäftslage bei den Unternehmen in der Region ist im Vergleich zum Frühjahr nochmals gesunken. So ist der Anteil derjenigen, die von einer schlechten Lage sprechen, von 18 Prozent im Frühjahr auf 23 Prozent im Herbst gestiegen. Weitere 53 Prozent der Betriebe geben ihre aktuelle Lage als befriedigend, rund ein Viertel als gut an. Ausschlaggebend für diesen Rückgang ist der negative Verlauf, der bei den Produktionsbetrieben zu verzeichnen ist.

Auslastung in der Industrie weiter abnehmend

Besonders deutlich ist der Rückgang bei der Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee zu sehen. Der Anteil der Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die die Geschäftslage als gut bezeichnen sinkt seit Jahresbeginn kontinuierlich und beträgt nun noch rund 17 Prozent. Entsprechend ist auch der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen im Verlauf des Jahres von 20 auf rund 33 Prozent gestiegen. Bemerkbar macht sich dies auch bei den Umsätzen, die bei rund 60 Prozent der Produktionsbetriebe im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken sind. Entsprechend rückläufig ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie. Er liegt mit nun 79 Prozent deutlich unter dem langjährigen Mittel (85 Prozent). Die Einschätzung der Industrieunternehmen liegt damit deutlich unter der der regionalen Gesamtwirtschaft.

Und auch bei der Entwicklung der Auftragseingänge zeigt die aktuelle Tendenz nach unten. Im produzierenden Gewerbe nimmt die Zahl der Unternehmen mit fallendem Auftragseingang zu. So berichten rund 45 Prozent von zurückgehenden Auftragseingängen aus dem Inland und rund 36 Prozent von sinkenden Eingängen aus dem Ausland.

Zurückhaltendes Kaufverhalten im regionalen Handel

Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zu Beginn des Herbstes negativer aus als noch vor einem Jahr. Nur knapp 10 Prozent der Befragten beurteilt ihre Lage aktuell als gut, der überwiegende Teil – 58 Prozent – berichtet von einer befriedigenden Lage. Bei einem Drittel sieht die aktuelle Geschäftslage dagegen schlecht aus. Insgesamt 57 Prozent der Händler berichten von gegenüber dem Vorjahresquartal gesunkenen Umsätzen. Noch negativer sieht es beim momentanen Konsumverhalten der Kunden aus. Hier berichten 88 Prozent der Händler von zurückhaltendem Konsum, nur drei Prozent von saisonüblichem und neun Prozent von einem kauffreudigen Verhalten der Kundschaft.

Dienstleistungssektor robust

Die Lage der Unternehmen im Dienstleistungsbereich zeigt sich seit Jahresbeginn ebenfalls rückläufig, stellt sich – verglichen mit den Bereichen Handel und Produktion – aber weitaus positiver dar. Waren es zu Jahresbeginn rund 12 Prozent der Dienstleister, die von einer schlechten Lage sprachen, so sind dies in der aktuellen Umfrage nur 10 Prozent. Allerdings hat sich der Anteil derer, die von einer guten Lage berichten im selben Zeitraum von 47 auf 37 Prozent verringert. Von guten Erträgen sprechen derzeit 28 Prozent der Dienstleister, weitere 63 Prozent sind mit der Ertragslage zufrieden. Das derzeitige Auftragsvolumen zeigt aber auch hier bei 45 Prozent der Dienstleistungsbetriebe eine fallende Tendenz. Bei rund einem Drittel ist das Volumen gleichbleibend, während 23 Prozent ein steigendes Volumen verzeichnen können. Die rückläufige Tendenz dürfte insbesondere auch auf die industrienahen Dienstleistungen zurückzuführen sein, die auf Grund der schwachen Auftragslage der Produktionsbetriebe ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Erwartungen für die kommenden Monate

Nochmals zurückgegangen sind die Erwartungen der Unternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee über den weiteren Geschäftsverlauf. Insgesamt bleiben weiterhin deutlich mehr Unternehmen für die nahe Zukunft pessimistisch (35 Prozent) als optimistisch (22 Prozent).



Am wenigsten Optimismus herrscht im Handel. Nur zwölf Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen rechnen hier in den kommenden Monaten mit einer Verbesserung der Geschäfte. 42 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus, 46 Prozent sehen gleichbleibende Geschäfte voraus. Die Unsicherheiten über den weiteren Konjunkturverlauf und die damit verbundene gedämpfte Stimmung wirken zunehmend negativ auf die Kauflaune der Konsumenten.
Am stärksten eingetrübt haben sich die Erwartungen unter den Produktionsbetrieben. Hier erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die mit schlechteren Geschäften rechnen, von 20 auf 30 Prozent. 24 Prozent hoffen weiter auf bessere Geschäfte. Zurückgeschraubt werden dabei die Exporterwartungen. Rechneten im Frühjahr 17 Prozent der Produktionsbetriebe mit fallenden Exporten in den kommenden Monaten, so hat sich diese Zahl im Herbst auf nun 30 Prozent deutlich erhöht.



Auch die Erwartungen bei einem Teil der Dienstleistungsbetriebe gehen zurück. So hat sich seit Jahresbeginn der Anteil der Unternehmen, die für die kommenden Monate von schlechter laufenden Geschäften ausgehen, von rund 16 Prozent auf 32 Prozent verdoppelt. Gleichzeitig prognostizieren aber auch 31 Prozent der Dienstleister, dass sich ihre Geschäfte positiv entwickeln werden.

Vorsichtig bleiben die Unternehmen bezüglich der Investitionsabsichten im Inland. Mehr als ein Drittel der Unternehmen im Kammerbezirk planen für die kommenden Monate mit reduzierten Investitionen, elf Prozent planen gänzlich ohne Neu-Investitionen. Bei 41 Prozent der Betriebe sollen die Investitionsausgaben auf Sicht von 12 Monaten gleichbleiben. Neben der Ersatzbeschaffung (72 Prozent) stehen insbesondere Investitionen in Digitalisierung (48 Prozent) und Innovationen (32 Prozent) im Vordergrund. Deutlich zurückgefahren werden im Produzierenden Gewerbe und im Handel die Investitionen in Kapazitätserweiterungen, während unter den Dienstleistern deutlich mehr Investitionen in Rationalisierungsmaßnahmen fließen sollen (24 Prozent) als noch im Frühjahr (12 Prozent).



Zurückhaltend bleiben die Unternehmen auch im Hinblick auf die Planung der Beschäftigtenzahlen. Gegenüber dem Frühjahr nimmt die Zahl der Unternehmen, die mit tendenziell fallenden Beschäftigtenzahlen rechnen, von 25 auf 33 Prozent zu. Jedes zweite Unternehmen plant jedoch mit der aktuellen Mitarbeiterzahl in die kommenden zwölf Monaten zu gehen.

Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung

Sorgen machen sich immer mehr Unternehmen um die Inlandsnachfrage (70 Prozent) und um die steigenden Arbeitskosten (56 Prozent). Beide Risiken sind gegenüber der Frühjahrsumfrage nochmals deutlich gestiegen. Weiter bleibt auch der Fachkräftebedarf nach wie vor eines der am häufigsten genannten Geschäftsrisiken (57 Prozent der Unternehmen). Allerdings hat der Druck hier im Jahresverlauf nachgelassen. Aber selbst, wenn die Unternehmen bei zusätzlichen Einstellungen vorsichtiger werden, treibt die Suche nach geeigneten Fachkräften die Unternehmen im Kammerbezirk um. Dabei werden insbesondere Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung am Markt häufig vergeblich gesucht. Aufgrund des bevorstehenden Eintritts der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand, wird sich – auch in konjunkturellen Schwächephasen – auf absehbare Zeit hier für die Betriebe keine Entspannung abzeichnen.

In der Umfrage geben rund 60 Prozent der beteiligten Unternehmen an, derzeit offene Stellen nicht besetzen zu können, da passende Fachkräfte nicht gefunden werden.

Für dieses Jahr rechnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,2 Prozent. Die für das laufende Jahr vorgesehene Erholung im privaten Konsum ist bis jetzt nicht eingetreten. Die Verbraucher halten sich mit Blick auf die unsichere Wirtschaftsentwicklung bei den Ausgaben zurück. Gleiches gilt bei den Investitionen der Unternehmen. Von Nöten sind deutliche Impulse aus der Politik. Hierzu gehört insbesondere ein umfangreicher Bürokratieabbau sowie fiskalische Stimuli, um die Investitionsquoten zu erhöhen und so für den erhofften Konjunkturaufschwung zu sorgen.