Städtepartnerschaft feiert Jubiläum
(Konstanz/Tábor) Die beiden Partnerstädte Konstanz und Tábor können 2024 auf 40 Jahre Städtepartnerschaft zurückblicken. Der tragische Ausgangspunkt der gemeinsamen Geschichte war die Verbrennung der beiden böhmischen Kirchenreformatoren Jan Hus und Hieronymus von Prag während des Konstanzer Konzils.
Dieses düstere Ereignis verbindet die Stadt am Bodensee mit der Hussitenhochburg in Tschechien seit dem Mittelalter. Das Hus-Haus in der Konstanzer Hussenstraße 64 bildet heute als kleines Museum die
Geschichte von Jan Hus ab. Seine Renovierung war auch die erste Brücke, die durch den „Eisernen Vorhang“ nach Tábor führen sollte.
Erstes Treffen im Jahr 1979 Arrangiert von Kaufmann Herbert Schenk trafen sich 1979 die Verantwortlichen zur ersten Sondierung im Táborer Hotel Palcát. Beide Seiten waren sich einig, dass nach der Instandsetzung des Museums durch tschechische und deutsche Handwerker eine
Partnerschaft der nächste Schritt sein könnte. Zunächst sahen die politisch
Verantwortlichen die ideologischen Unterschiede jedoch kritisch und es vergingen noch einige Jahre bis zur offiziellen Partnerschaft. Dank der stetigen Bemühungen von Oberbürgermeister Horst Eickmeyer (Konstanz) und dem Vorsitzenden des Stadtnationalausschusses Karel Bican (Tábor) wurde am 12.07.1984 der Städtepartnerschaftsvertrag unterzeichnet. Konstanz war damals die zweite bundesdeutsche Stadt, die eine Partnerschaft mit einer tschechoslowakischen Stadt einging. Ein mutiger Entschluss angesichts der politischen Lage und Teilung Europas in zwei
Blöcke. Der „Eiserne Vorhang“ und die „Berliner Mauer“ waren noch längst nicht gefallen. So war es eine echte Herausforderung, den Brückenschlag zwischen Menschen herzustellen, die in völlig verschiedenen Gesellschaftsordnungen lebten.
Konstanzer Woche in Tábor
Bei den mehrtägigen Feierlichkeiten 1984 in Tábor präsentierten 140 KonstanzerInnen ihre Stadt. Manche überwanden die fast 600 km Distanz auf zwei Rädern. Für die musikalische Untermalung sorgte neben dem Konstanzer Kammerchor auch der Musikverein Allmannsdorf, unter anderem mit einem extra dafür komponierten Stück „Saluta“, und
freundete sich mit der tschechischen Kapelle „Metro“ an. Auch die Feuerwehren beider Städte knüpften erste kameradschaftliche Kontakte. Es gab eine Fotoausstellung zur Stadt am Bodensee und einen Malwettbewerb der Schulen. Die Presse titulierte die „Konstanzer Woche“ in Tábor als großen Erfolg, und für das nächste Jahr wurde schon eine TáborWoche in Konstanz geplant.
Trotz des guten Starts war die Partnerschaft in den ersten Jahren von Geduldsproben geprägt. Beide Parteien bemühten sich um den weiteren Aufbau von Kontakten, was jedoch oft am Realsozialismus der Prager Zentrale scheiterte. Während KonstanzerInnen immer wieder nach Tábor reisten, wurden Besuche von tschechischer Seite aufgrund fehlender Visa oft abgesagt. Eine private Unterbringung in Familien war undenkbar. So war es anfangs sehr schwierig, dem Wunsch der beiden Begründer Bican und Eickmeyer zu entsprechen und das bürgerliche Miteinander aufzubauen. 1989 wurde Bican abgelöst und der neue Parteigenosse war deutlich weniger an der weiteren Zusammenarbeit interessiert. Den
eisigen Wind bekamen die KonstanzerInnen deutlich zu spüren. Die „Samtene Revolution“ im selben Jahr brachte jedoch den entscheidenden Durchbruch. Nach der politischen Wende entwickelte sich die Städtepartnerschaft zu einer völlig neuen Dimension.
Neue Dimension der Partnerschaft
Das Hussitische Festival „Táborer Begegnungen“, mit dem Tábor schon seit 1992 und bis heute auf internationaler Ebene seine mittelalterliche Geschichte und Identität feiert, wird zum großen Schauplatz und Dreh- und Angelpunkt der Städtepartnerschaftsaktivitäten. Von Anfang an vertraten KonstanzerInnen ihre Stadt bei diesem Spektakel. Zu den regelmäßig
Mitwirkenden auf der Festbühne und beim Umzug gehören die Konstanzer Musikvereine, Fanfarenzüge, Chöre, Fahnenschwinger und viele mehr. Auch eine Abordnung der Feuerwehr ist jedes Jahr mit dabei.
Pünktlich zu den Begegnungen 1994 wurde mit der Einweihung des im gemeinsamen Besitz befindlichen Konstanzer Hauses im Tábor und der Gründung der „Städtepartnerschaft Konstanzer Haus in Tábor GmbH“ mitten in der Altstadt ein bedeutsames Symbol geschaffen, das die Städtefreundschaft fest verankert. Im darauffolgenden Jahr folgte ein historischer Zug von Prager Hussiten auf den Spuren von Jan Hus von Tschechien nach Deutschland. Ihr Ziel war ein Begegnungsabend der
Partnerstädte in Konstanz. Bis heute reisen Hussiten nach Konstanz, um an den jährlich stattfindenden Gedenkfeiern zum Todestag von Jan Hus teilzunehmen. Um diesen Geschichtsbezug weiter zu untermauern, trat die Stadt Konstanz 2002 der „Vereinigung der Städte mit Hussitischer Geschichte und Tradition“ bei. Der Städtebund mit sechs deutschen
und zwölf tschechischen Mitgliedsstädten hat sich einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Pflege der hussitischen Tradition verschrieben.
Städte sind zusammengewachsen
Die Städte Tábor und Konstanz sind in den vier Jahrzehnten zusammengewachsen. Die Städtepartnerschaft ist mittlerweile von einer vielfältigen Palette gesellschaftlicher, kultureller, künstlerischer und sportlicher Kontakte zwischen Vereinen und den Bürgerinnen und Bürgern beider Städte geprägt. Freundschaften wurden auch abseits der offiziellen
Veranstaltungen geknüpft und haben bis heute Bestand. Bei Tennis, Karate, Leichtathletik oder Floorball fordern sich die SportlerInnen beider Städte regelmäßig heraus. So schwingen zum Beispiel seit 2011 Táborer Jugendliche beim Schmugglerbucht-Cup des Tennis-Clubs Konstanz ihre Schläger. Die Sektion Konstanz des Deutschen Alpenvereins macht
zusammen mit dem Táborer Touristenklub Wanderausflüge. AnglerInnen beider Städte gehen zusammen auf Fischfang. Nach der Wende konnte 1991 ein SchülerInnenaustausch etabliert werden, der bis heute junge Menschen der Konstanzer Gymnasien und ihrer Partnerschulen in Tábor zusammenbringt. Die Städtepartnerschaft Konstanz – Tábor ist eine
große Bereicherung für beide Seiten – sie schafft freundschaftliche Verbundenheit, intereuropäische Perspektiven und Zusammenarbeit. Sie ist zu einem Inbegriff der Völkerverständigung geworden und letztlich ein elementarer Baustein bei der Zielsetzung eines geeinten Europas.
Das Jubiläumsjahr 2024 wird in den beiden Partnerstädten gebührend gefeiert
Konstanz richtet vom 05. – 07.07.2024 ein Begegnungswochenende aus. Das Bolech Orchester Tábor und der Chor Domino mit weiteren SolistInnen reisen an. Ein großes Festkonzert als echtes Gemeinschaftsprojekt mit rund 160 Mitwirkenden beider Städte bildet den Auftakt am Samstag, 06.07., um 14 Uhr in der St. Gebhardskirche.
Es wird drei Sonderausstellungen geben: eine Fotoausstellung in der Rathausgalerie, welche besonders das zivilgesellschaftliche Engagement der letzten 40 Jahre in den Blick nimmt.
Außerdem eine Sonderausstellung im Hus-Haus in Zusammenarbeit mit den KollegInnen aus Tábor und Prag. Und es wird einen künstlerischen Austausch mit Begegnung geben. Bei einer Installation im Stadtgarten werden 16 Táborer KünstlerInnen vorgestellt. Im Gegenzug werden 12 Konstanzer KünstlerInnen in Tábor präsentiert.
Ein formaler Festakt mit einer Bekräftigung der Städtepartnerschaft und gemeinsamer Ziele und Werte darf natürlich nicht fehlen. Zu einem Fest der Begegnung rund um das Rathaus sind alle Gäste aus der Partnerstadt, alle Beteiligten, Vereine, BürgerInnen mit und ohne Tábor-Bezug ab 15.30 Uhr zum Mitfeiern eingeladen. Begleitende Musikeinlagen und ein
Filmmusikkonzert am Abend runden das Festprogramm des 6. Juli stimmungsvoll ab.
Den Abschluss macht am Sonntag, 07.07., um 10 Uhr die Gedenkfeier zum Todestag von Jan Hus beim Palmenhaus-Begegnungszentrum der Deutsch-Tschechischen Vereinigung Konstanz. Der Programmflyer für das Begegnungswochenende in Konstanz steht unter www.konstanz.de/40jahre-konstanz-tabor zur Verfügung. Der Gegenbesuch und zweite Teil des Festes wird anlässlich des Mittelalterfestivals Táborer Begegnungen vom 13. – 15.09.2024 in Tábor stattfinden.
Mit den Unterschriften der Stadträte in Konstanz ist die Urkunde offiziell (1985). Unser Bild.
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