18.09.2019 14:20

Radschnellwege sollen weiter voran kommen

(Freiburg) Radschnellwege sind aufgrund direkter, umwegefreier Führungen ohne viele Hindernisse gerade auch auf längeren Distanzen besonders attraktiv. Deshalb treibt die Landesregierung die Planungen und den Ausbau der Radschnellwege im Land weiter voran.

Radschnellwege finden landesweit wachsenden Zuspruch. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte: „Das Interesse an einer solchen attraktiven und klimafreundlichen Alternative zum Autoverkehr nimmt stetig zu. Zahlreiche Regionen, Landkreise und Kommunen haben inzwischen den Wunsch nach Radschnellverbindungen bekundet. Das Land wird diesen Trend tatkräftig unterstützen.“ Verkehrsminister Winfried Hermann, der zuvor in der Kabinettssitzung über neue Entwicklungen bei den Radschnellverbindungen berichtet hatte, sagte: „Mit dem Bau von Radschnellwegen bekommen Alltagsradler die Möglichkeit, direkt und schnell, umwelt- und gesundheitsfördernd zur Arbeit, zum Einkaufen, zur Schule, zur Hochschule oder zur Ausbildung zu kommen. Sie können zugleich den Stau auf überlasteten Straßen überholen und überdies die öffentlichen Verkehrsmittel entlasten.“
Radschnellverbindungen stellen einen neuen Qualitätsstandard für Radverkehrsanlagen dar. Durch ausreichende Breiten von vier Metern auf einer Mindestlänge von fünf Kilometern wird das Nebeneinanderfahren und das Überholen problemlos möglich. Zeitverluste an Kreuzungen werden durch Bevorrechtigungen oder durch Unter- oder Überführungen minimiert. Eine direkte Linienführung möglichst ohne Umwege und mit nur geringen Steigungen sowie ein hochwertiger Belag machen vorrangig an Pendlerachsen gelegene Radschnellwege attraktiv.

Drei Radschnellverbindungen als Pilotprojekte des Landes

Mit der Planung und Umsetzung dreier Pilotprojekte möchte das Land Erfahrungen und Erkenntnisse für künftige Radschnellverbindungen gewinnen und die Umsetzbarkeit von Qualitätsstandards darstellen. Als Pilotprojekte des Landes werden geplant: Heidelberg-Mannheim sowie Heilbronn-Neckarsulm-Bad Wimpfen als Teil von Mobilitätspakten mit namhaften Unternehmen in den Regionen und Stuttgart-Esslingen-Plochingen im Rahmen des Radschnellwegs Neckartal. Für die Planung des Pilotvorhabens Heidelberg-Mannheim erhält das Land eine Förderung des Bundes von 75 Prozent. Damit hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg bundesweit den ersten Förderantrag beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für Radschnellwege eingereicht und auch bewilligt bekommen. Für die Planung der Radschnellverbindung Bad Wimpfen-Neckarsulm-Heilbronn wurde ebenfalls ein Förderantrag beim BMVI gestellt.

Novellierung des Straßengesetzes als wichtiger Impuls

Mit der Novellierung des Straßengesetzes hat der Landtag Ende Januar 2019 einen wichtigen Impuls für den weiteren Ausbau der Radschnellverbindungen im Land gegeben. Radschnellverbindungen sind damit als Straßen kategorisiert, die je nach Verbindungsfunktion und Verkehrsbedeutung in der Baulast des Landes, der Kreise oder der Kommunen stehen. Im Straßengesetz sind nun die Kriterien festgelegt, nach denen die Baulastträgerschaft für eine Radschnellverbindung entschieden wird. Die Baulast liegt beim Land, wenn der Radschnellweg regionale oder überregionale Verbindungsfunktion besitzt und in der Regel mit einem Verkehrspotenzial von 2.500 Radfahrern pro Tag außerhalb der Ortsdurchfahrten gerechnet werden kann.
Für Radschnellverbindungen ist eine Baulast der Kreise dann gegeben, wenn eine nahräumige und gemeindeübergreifende Verbindungsfunktion vorliegt und eine Verkehrsbelastung von in der Regel mindestens 2.000 Fahrradfahrten pro Tag außerhalb der Ortsdurchfahrten prognostiziert werden kann. Für Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnern liegt die Baulast innerhalb der Ortsdurchfahrten grundsätzlich bei der jeweiligen Gemeinde.

Weitere Korridore in voraussichtlicher Baulast des Landes

Auf Basis der Machbarkeitsstudien und der landesweiten Potenzialanalyse wurden 15 neue Korridore identifiziert, die voraussichtlich in der Baulast des Landes liegen. Dabei dürfte bei sieben Korridoren ein überwiegend kommunales Planungsinteresse bestehen, da die Strecken außerhalb der Ortsdurchfahrten nur sehr kurz sind.

Ausbau der Radschnellverbindungen

Für folgende vier neue Korridore wird das Land in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Ressourcen als erstes die Planung aufnehmen:

Freiburg-Waldkirch

Freiburg-Emmendingen

Karlsruhe-Ettlingen

Karlsruhe-Rastatt
Wobei die letzten beiden Korridore auch als ein Korridor Karlsruhe-Ettlingen-Rastatt denkbar wären.

Die weiteren Korridore in Baulast des Landes sind:
Heidelberg-Schwetzingen
Karlsruhe-Stutensee
Heidelberg-Leimen
Viernheim-Weinheim*
Mannheim-Ludwigshafen*
Mannheim Hauptbahnhof-Schwetzingen
Walldorf-Wiesloch*
Stuttgart-Kornwestheim-Ludwigsburg-Bietigheim-Bissingen(-Stuttgart-Ludwigsburg*)
Stuttgart-Ostfildern*
Fellbach-Waiblingen-Weinstadt(-Fellbach-Waiblingen*)
Ravensburg-Weingarten*
* überwiegend kommunales Planungsinteresse/Flächen innerorts
Wenn weitere Machbarkeitsstudien vorliegen oder weitere Kenntnisse im Rahmen der Planungsverfahren gewonnen werden, kann sich die Baulastträgerschaft ändern.

Kommunale Radschnellverbindungen

Um beim Thema Radschnellverbindungen schnell voranzukommen, ist neben dem Engagement des Landes auch das der kommunalen Akteure gefragt. Mit Änderung des Straßengesetzes wurde daher auch eine Baulastträgerschaft der Kreise geregelt. Für Radschnellverbindungen in kommunaler Baulast ist eine hohe Förderung für die Planung und für den Bau möglich. Die sehr guten Fördermöglichkeiten bestehen für Radschnellverbindungen, die aufgrund des zu geringeren Potenzials oder der nahräumigen Verbindungsfunktion nicht in Baulast des Landes sind sowie für Abschnitte einer Radschnellverbindung des Landes, die innerhalb von Ortsdurchfahrten bei Städten über 30.000 Einwohnern in deren Baulast liegen. Im Idealfall – bei Erfüllung der Kriterien des Bundes – können kommunale Akteure dabei von Bund und Land mit einer Förderquote von bis zu 87,5 Prozent für Planung und Bau einer Radschnellverbindung davon – 75 Prozent Finanzhilfen des Bundes – erhalten.

Radschnellweg Böblingen/Sindelfingen-Stuttgart als Pionierprojekt

Als erste Radschnellverbindung in Baden-Württemberg wurde am 31. Mai 2019 das kommunale Pioniervorhaben des Landkreises Böblingen, Böblingen/Sindelfingen-Stuttgart, feierlich eröffnet. Anfang September war bereits der Spatenstich für den zweiten Bauabschnitt von Böblingen nach Ehningen. Weitere kommunale Radschnellverbindungen sind möglich und sinnvoll, wie beispielsweise folgende Verbindungen:
Freiburg-Umkirch-March
Lörrach-Schopfheim-Zell
Offenburg-Appenweier/Wilstätt(-Kehl-Straßburg)
Offenburg-Gengenbach
Ravensburg-Friedrichshafen
(Plochingen-)Göppingen-Geislingen
Für die Planung des kommunalen Abschnitts Weinstadt-Schorndorf im Zuge der Radschnellverbindung Stuttgart-Waiblingen-Schorndorf hat der Rems-Murr-Kreis über das Verkehrsministerium bereits einen Förderantrag beim Bundesverkehrsministerium eingereicht.

Strecken mit geringerem Potenzial

Auf Strecken mit einem geringeren Potenzial, also weniger als 2.000 Radfahrten pro Tag, können in Abhängigkeit des zu erwartenden Potenzials auch Radwege, die eine schnelle Verbindung ermöglichen, geplant und umgesetzt werden. Eine Förderung des Bundes von 75 Prozent ist dann in der Regel nicht möglich. Hier kann aber das Land grundsätzlich nach dem Landesverkehrsfinanzierungsgesetz fördern. Im ländlichen Raum auf Strecken mit geringem Potenzial ist der Standard des RadNETZ Baden-Württemberg in der Regel ausreichend.
Auch damit können schnelle, sichere und attraktive Radwege geplant und gebaut werden. Die Landesregierung hat hierzu bereits 2016 das baulastträger-übergreifende RadNETZ als Hauptradrouten im Land gemeinsam mit den Stadt- und Landkreisen definiert. Seither unterstützt das Ministerium für Verkehr die Landkreise, Städte und Gemeinden vielfältig beim Ausbau des Rad-NETZ. Mit dem RadNETZ wird bewusst ein flächendeckender Ansatz verfolgt, der insbesondere auch im ländlichen Raum wichtige Effekte zur Förderung des Radverkehrs auslöst.