Finanzen der Stadt bleiben knapp
(Freiburg) Im Rahmen der Haushaltsplanung 2021/2022 mussten im Hinblick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie bei den Steuereinnahmen und im Finanzausgleich schmerzhafte Einschnitte vorgenommen werden, unter anderem durch die Nichtveranschlagung von Tarifsteigerungen für städtisches Personal und bei Zuschüssen an Dritte.
Die Corona-Pandemie hatte großen Einfluss auf die vergangenen
beiden Haushaltsjahre der Stadt Freiburg. Durch die Bundes- und
Landeshilfen, die positive Entwicklung der Gewerbesteuer und die
erhaltenen FAG-Zuweisungen hat sich die Finanzlage der Stadt
bereits Ende 2021 überraschend gut entwickelt.
Der 1. Finanzbericht des laufenden Jahres, der immer in der letzten
Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause behandelt wird, ist 2022 noch mehr als sonst lediglich eine Momentaufnahme zur
Prognose der Entwicklung des Haushaltsjahres. Er gibt dem
Bürgermeisteramt und dem Gemeinderat eine Einschätzung der
Verwaltung über den möglichen Verlauf des Jahres und somit die
Möglichkeit steuernd einzugreifen.
Die Ergebnisse der Maisteuerschätzung durch den Bund sind
zunächst einmal positiv zu bewerten und bestätigen den positiven
Trend der Novembersteuerschätzung 2021.Sie basieren allerdings
auf zahlreichen optimistischen Annahmen und beinhalten auch
nicht die finanziellen Auswirkungen der mittlerweile
verabschiedeten Steuerrechtsänderungen, wie das
Steuerentlastungsgesetz 2022, das 4. Corona-Steuerhilfegesetz
und das Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer
Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen.
Darüber hinaus unterstellt der Bund für seine Prognose die
folgenden Parameter:
- der Angriffskrieg auf die Ukraine führt zu merklichen, aber nicht zu
dramatischen wirtschaftlichen Folgen in der Bundesrepublik,
- es treten keine grundlegenden Probleme bei der Gasversorgung
und somit auch keine dramatischen Auswirkungen auf
Lieferketten ein,
- es kommt zu keinen neuerlichen Einschränkungen des
öffentlichen Lebens aufgrund der Corona-Pandemie,
- die von vielen Beobachtenden erwartete Zinswende im Euroraum
wird in der Prognose ebenfalls nicht unterstellt,
- es kommt zu keiner Verschärfung der bestehenden
Lieferkettenproblematik aufgrund von Corona-Maßnahmen in
China und
- es wird ein nennenswerter kurzfristig einsetzender Impuls
aufgrund einer verstärkten Investitionstätigkeit der öffentlichen
Hand erwartet.
Ob sich der aktuelle positive Trend bei den Steuereinnahmen durch
die Novembersteuerschätzung 2022 bestätigt, bleibt entsprechend
abzuwarten.
Auch die kommunalen Spitzenverbände warnen deutlich vor den
sich abzeichnenden Risiken. Deren Experten prognostizieren
bereits jetzt eine drohende Verschlechterung im Rahmen der
Novembersteuerschätzung 2022.
Oberbürgermeister Martin Horn: "Wir erleben derzeit eine
unberechenbare Zeit und die Menschen sind zu Recht verunsichert.
Viele machen sich große Sorgen um die Zukunft. Es ist daher
richtig, dass wir bei aller angebrachten Vorsicht hinsichtlich der
weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter in unsere
Infrastruktur und wichtigste politische Schwerpunktthemen
investieren. Zugleich sollten wir aber die positiven Ergebnisse für
2021 und 2022 nutzen, um steigende Belastungen bei den
Zuschussempfangenden abzufedern. Daher werden wir die
Reduzierungsvorgaben bei den Zuschüssen an Dritte ab dem Jahr
2023 zurücknehmen. Hier sind wir in Wort und Pflicht. Das ist ein
abgewogenes Vorgehen aus sozialer Verantwortung."
Unter Berücksichtigung der bereits oben genannten
Rahmenbedingungen und Unsicherheiten wird das ordentliche
Ergebnis im Jahr 2022 auf rund 20 Millionen Euro prognostiziert.
Dies würde im Vergleich zum Plan 2022 eine Verbesserung von
etwa 32 Millionen Euro bedeuten (Plan -12 Mio. Euro).
Auf Basis der aktuellen Prognosen wird davon ausgegangen, dass
2022 eine reduzierte Kreditaufnahme von rund 20 Millionen Euro
ausreichend ist (dies entspricht einer Nettokreditaufnahme von
etwa 14 Millionen Euro, anstatt der im Haushalt eingeplanten
45 Millionen Euro). Das dann noch vorhandene prognostizierte
Liquiditätsdefizit von rund -44 Millionen Euro (entspricht dem
Planansatz 2022) muss weiterhin über eine Kassenentnahme
gedeckt werden.
Finanzbürgermeister Stefan Breiter: "Die erfreulichen aktuellen
Steuerentwicklungen decken nur einen Teil der Kostensteigerungen
ab. Wir müssen, wie auch die Landesregierung, auf Sicht fahren,
um kurzfristig reagieren zu können. Mein deutlicher Appell richtet
sich an die gemeinsame Finanzkommission, dass die Forderungen
der Kommunen auf Kostenerstattung für ukrainische Geflüchtete
sowie finanzielle Unterstützung bei den Investitionen in Schulen,
Kitas, Digitalisierung oder ÖPNV schnellstmöglich erfüllt und damit
eine verlässliche Planungsgrundlage geschaffen wird."
Die in diesem Jahr nicht veranschlagten Tarifsteigerungen für die
Zuschüsse an Dritte und das städtische Personal werden als Basis
für die Haushaltsplanung 2023/2024 aufgenommen. Damit
entspricht die Verwaltung einem Anliegen des Gemeinderates, dass
wenn sich tendenziell Haushaltsverbesserungen abzeichnen, diese
für alle Beteiligten schmerzhafte strukturelle Einsparvorgabe
rückgängig gemacht wird. Die endgültige Entscheidung hierzu wird
im Rahmen der Beschlussfassung über den Doppelhaushalt
2023/2024 vom Gemeinderat getroffen.
Die Aufnahme der bisher nicht veranschlagten Tariferhöhung aus
2022 in 2023/2024 wird sich insgesamt mit jährlich rund 8 Millionen
Euro, davon etwa 2 Millionen Euro für Zuschüsse an Dritte, auf den
städtischen Haushalt auswirken.
Die steigenden Energiekosten, die vielfältigen Auswirkungen des
Ukrainekrieges, der steigende Personalaufwand aufgrund der
jüngsten und noch zu erwartenden Tarifabschlüsse, die
Entwicklung der Zuschüsse und die hohe Inflation wirken über das
Jahr 2022 hinaus und zehren die prognostizierten Verbesserungen
im Rahmen des Finanzausgleiches auf Basis der
Maisteuerschätzung weitgehend auf.