19.12.2018 08:30

Rekord-Haushalt im Ortenaukreis

(Offenburg) 1,2 Milliarden Euro – das ist das neue Rekordvolumen für die Haushaltsjahre 2019/20 des Ortenaukreises. Mit überwältigender Mehrheit haben die Kreisrätinnen und Kreisräte in der jüngsten Sitzung des Kreistags den kommenden Doppelhaushalt verabschiedet.

„Mit unseren Eigenbetrieben wie dem Ortenau Klinikum, der Abfallwirtschaft und dem Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof liegen wir sogar bei über 2,2 Milliarden Euro!“, erklärte Landrat Frank Scherer, der mit seinem Anfang November eingebrachten Entwurf den erfolgreichen Kurs der vergangenen Jahre aus nachhaltigen Investitionen, Kreisentschuldung, Entlastung der Kommunen sowie einer leistungsfähigen Kreisverwaltung und gut aufgestellten Kliniken konsequent fortsetzte. „Mit dem jetzt verabschiedeten Investitionsvolumen in der mittelfristigen Finanzplanung von 195 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre schreiben wir einen weiteren Rekord“, so Scherer in Offenburg. Im Vergleich zu den vier Jahren davor (95 Millionen) steigen die Investitionen um mehr als das Doppelte. „Und dennoch können wir die Kreisumlage auf dem bisherigen Hebesatz von 27,5 Prozentpunkten bis 2022 stabil halten“, kündigte Scherer an. „Das ist, neben der positiven Entwicklung bei den Gemeinschaftssteuern, auch ein Verdienst unserer nachhaltigen Finanzpolitik und strikten Haushaltsdisziplin seit vielen Jahren“, verdeutlichte der Landrat.
Den größten Anteil im neuen Doppelhaushalt machen mit mehr als zwei Dritteln und rund 784 Millionen Euro wie bisher die Sozialausgaben aus – Tendenz steigend. „Dadurch werden unsere Spielräume für die politische Gestaltung in Zukunft weiter eingeschränkt, ohne dass wir selbst daran etwas Wesentliches ändern können, denn es handelt sich um Kosten, die wir meist nicht selbst beeinflussen können, weil die Kostensteigerungen demographisch, durch gesellschaftliche Veränderungen und durch regulatorische Vorgaben bedingt sind“, machte Scherer deutlich. Vor allem das Bundesteilhabegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz und das Pflegestärkungsgesetz würden zu beachtlichen und dauerhaften Kostensteigerungen für den Kreis führen, die jährlichen Steigerungsraten lägen inzwischen bei acht bis zehn Millionen Euro. „Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung ist in den vergangenen neun Jahren sogar um über 71 Prozent angestiegen – der Zuschuss des Kreises wird hier in den kommenden zwei Jahren bei rund 160 Millionen Euro liegen“, so Scherer.

Nachhaltige Investitionen

Um den Standort Ortenau mit seinen sich ständig verändernden Rahmenbedingungen weiter voranzubringen, müsse der Kreis weiterhin in seine wichtigsten Standortfaktoren investieren, verdeutlichte der Landrat und nannte dabei in allererster Linie das Ortenau Klinikum, Kreis-Schulen, Verkehrsinfrastrukturen, Breitbandversorgung und in die Leistungsfähigkeit der Kreisverwaltung. Mit rund 110 Millionen Euro werde der Ortenaukreis im Doppelhaushalt 2019/20 deshalb mehr als das Zweieinhalbfache wie in den vergangenen zwei Jahren investieren. „Ganz oben steht hier mit rund 57 Millionen Euro bis 2022 unser Ortenau Klinikum, um es fit für die Agenda 2030 zu machen. Das zeigt, wie wertvoll dem Kreis die Gesundheitsversorgung der Ortenauerinnen und Ortenauer ist“, so Scherer.
„Unsere Schulgebäude haben nach wie vor Sanierungsbedarf“, machte der Landrat ferner deutlich. Deshalb werde das 2013 begonnene Sanierungsprogramm fortgeführt und mit 10,6 Millionen Euro gegenüber dem letzten Doppelhaushalt 2,6 Millionen Euro darin mehr eingestellt. Eingeplant sind die Mittel unter anderem für Brandschutzmaßnahmen an den Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen Offenburg, die energetische Fassadensanierung der Gewerblichen Schulen Wolfach und die Technik-Sanierung der Badischen Malerfachschule Lahr. „Investitionen in Bildung müssen im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler und unserer Unternehmen hohe Priorität haben“, machte der Landrat klar, „Hier wirkt der Kreis als wichtiger Standortmotor, deshalb müssen wir neben dem Sanierungsprogramm auch größere Investitionen tätigen.“ Unter anderem sind für den Neubau des dritten Bauabschnitts der Gewerbeschule Offenburg 26 Millionen Euro vorgesehen sowie 4,5 Millionen Euro Restfinanzierung für den Neubau der Gewerblichen Schulen Lahr.

Der größte Landkreis Baden-Württembergs brauche belastbare und moderne Verkehrsinfrastrukturen. Rund 43 Millionen Euro fließen deshalb in Straßen, Brücken- und Radwegprojekte, wie die Ortsumfahrung Zusenhofen-Nußbach, die Planung des Neubaus einer ortsumfahrenden Kreisstraße zwischen Ringsheim und Lahr sowie der Neubau einer Kreisstraße zwischen Fischerbach und Haslach. Zusätzlich wurden über vier Millionen Euro für Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr sowie 420.000 für die Planung des Gesamtverkehrskonzepts des Ortenaukreises in den Doppelhaushalt aufgenommen. „Und natürlich widmen wir uns aktuell und gerade in den nächsten Jahren unseren Kommunikationsinfrastrukturen. Für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur sind von 2017 bis 2021 insgesamt 12 Millionen Euro netto vorgesehen“, erinnerte Scherer.

Schuldenabbau

Um den Kreis gerade auch im Interesse der nachfolgenden Generationen stark für die Zukunft aufzustellen, bleibt auch der kontinuierliche Schuldenabbau ein wichtiger Baustein der nachhaltigen Finanzpolitik des Ortenaukreises. Die Schuldentilgung wird deshalb im bisherigen Umfang mit rund 3,1 Millionen Euro jährlich fortgeführt und der Schuldenstand bis zum Jahresende 2020 so auf 9,1 Millionen Euro gesenkt. Ende 2023 kann der Ortenaukreis dann schuldenfrei sein.

Kreisumlage bleibt stabil

Mit 27,5 Prozentpunkten bleibt der Hebesatz für die Kreisumlage auf dem gleichen Stand wie in den vergangenen Jahren – und wird es nach den Initiativen der Kreistagsfraktionen zum Haushaltsplan 2019/20 auch bis Ende 2022 bleiben. In dem gemeinsamen Antrag von CDU, Freien Wählern, SPD, Grünen und FDP ging es unter anderem um die Agenda 2030 für das Ortenau Klinikum, das Verwaltungsgebäude des Landratsamtes und Einsparpotenziale im Ergebnishaushalt, beim Personal sowie im Straßenbau. „Das ist im Ergebnis eine pragmatische Lösung, mit der ich gut leben kann – insbesondere auch was die Eigenkapitalaufstockung des Ortenau Klinikums betrifft“, so Scherer. Im Haushaltsplan waren 10 Jahresraten à 12,5 Millionen Euro veranschlagt, die Kreistagsfraktionen hatten sich nun auf 12 Jahresraten à 10 Millionen Euro und einer Fünf-Millionen-Euro-Schlussrate in 2031 verständigt, was dazu beiträgt, die Reduzierung des Kreisumlagehebesatzes 2021/22 zu planen. Für diesen Zeitraum war ursprünglich eine Anhebung auf 29,5 Prozentpunkte vorgesehen. „Unser Hebesatz liegt seit 2011 deutlich unter dem Landesdurchschnitt, 2016 und 2017 waren wir Spitzenreiter mit dem niedrigsten Hebesatz in Baden-Württemberg und mit 27,5 Punkten werden wir auch die nächsten Jahre in der Champions League spielen“, so Scherer.

Leistungsfähige Kreisverwaltung

„Eine leistungsfähige Kreisverwaltung ist für unsere Bevölkerung, die Unternehmen und unsere Städte und Gemeinden von elementarer Bedeutung. Zügige und rechtssichere Verfahren sowie kompetente Beratung und Betreuung sind ein wesentlicher Standortfaktor“, bekräftigte der Landrat. Der nun verabschiedete Stellenplan sieht eine Reduzierung von 27 Stellen vor. Einerseits werden für die verschiedensten Aufgabenbereiche 67 neue Stellen benötigt, andererseits können durch geringere Zuwanderungs- und Fallzahlen 94,5 Stellen abgebaut werden. Die Personalkosten des Ortenaukreises liegen 2019 bei rund 105 Millionen Euro und machen rund 20 Prozent des Haushaltsvolumens aus. Damit liegen sie klar unter dem Landesdurchschnitt.

„Der heute beschlossene Haushalt des Ortenaukreis ist davon gekennzeichnet, dass wir unsere bisherige nachhaltige und solide Finanzpolitik fortsetzen und die strategischen Ziele erreichen können. Durch das wohl austarierte Zusammenspiel aus dem Einsatz von Überschüssen, den Abbau der Liquidität und einem positiven Ergebnishaushalt wird es uns gelingen, Investitionen zu tätigen und unsere Schulden weiter abzubauen, ohne an der Kreisumlage schrauben zu müssen – ich finde, das beschreibt ein wirklich magisches Dreieck verantwortungsvoller Kreispolitik“, schloss Landrat Scherer.

Stellungnahme der Fraktionen

„Der Doppelhaushalt für 2019/20 ist ein Haushalt, der den Menschen in unserem Kreis spürbar nützt“, so Klaus Muttach, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion. Muttach sprach sich nachhaltig für die beschlossenen zusätzlichen Investitionen in Schulsozialarbeit und Bildung aus, den Breitbandausbau, zusätzliche Mittel für den öffentliche Personennahverkehr und das von der CDU beantragte Mobilitätskonzept für den Ortenaukreis. Mit Nachdruck trat Muttach dafür ein, ab 2019 jedes Jahr 12 Mio. Euro zusätzlich aus Kreismitteln zur Stärkung des Ortenau Klinikums als „ausdrucksstarkes Bekenntnis für die medizinische Versorgung der Menschen im Ortenaukreis“ zur Verfügung zu stellen wie er sich ausdrücklich auch für die Erhöhung der Eingliederungshilfe für Behinderte auf 80 Millionen Euro aussprach.

Jürgen Nowak, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag, sagte: „Mit diesem Doppelhaushalt nehmen wir richtig Geld in die Hand, um bei den für die Kreiseinwohner wichtigen Themenfeldern Gesundheit, Bildung, Verkehr, Breitband, öffentliche Dienstleistungen und soziale Strukturen weitere Verbesserungen zu erzielen“,. „Kreispolitik und Kreisverwaltung haben bei der Erarbeitung dieses umfangreichen Zahlenwerkes gute Arbeit geleistet; nun geht es an die Erfüllung der Hausaufgaben. Zum einen die notwendigen, politischen Beschlüssen zur Realisierung der geplanten Projekte zu fassen. Und zum anderen, die Sparvorgaben umzusetzen. Dies wird uns im Vollzug stark fordern; es wird im Detail noch manche harte Nuss zu knacken sein. Ich bin aber optimistisch, dass wir unsere gemeinsam formulierten Ziele auch erreichen“, so Nowak.

Günter Gorecky, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, unterstrich: „Wir haben einen guten, fairen und zukunftsorientierten Doppelhaushalt geschnürt! Er eröffnet uns Handlungsspielräume, die über die Laufzeit 2019/20 hinausreichen. Dieser Doppelhaushalt verbessert unsere Infrastruktur, sorgt für mehr Lebensqualität, verbessert unsere Bildungslandschaft und ist daher fruchtbar für den Ortenaukreis und die Menschen, diesiger leben.“

Alfred Baum, Fraktionschef der Grünen im Kreistag, erklärte: „Wir werden im Bereich des ÖPNV versuchen, mit dem im neuen Doppelhaushalt auf unseren Antrag hin dafür zusätzlich bereitgestellten Mitteln in Höhe von 1,6 Millionen Euro, gemeinsam mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung gute Vorschläge passgenau für unseren Landkreis auszuarbeiten, damit wir in naher Zukunft weitere dringend erforderliche Maßnahmen zur besseren Akzeptanz und Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in der Ortenau einleiten können“.

„Ein Rekordhaushalt von 1,2 Milliarden Euro ist keine Aufforderung zur Verschwendung! Es gibt die Hausaufgaben den Kreises wie ÖPNV, Krankenhäuser oder Ländlicher Raum, die konsolidiert werden müssen. Entscheidend sind die Bedürfnisse der Bevölkerung - und es gilt, genau hinzuhören, was die Ortenauerinnen und Ortenauer brauchen und wollen“, schloss Karlheinz Bayer, Sprecher für die FDP-Fraktion.