Haus des Jugendrechts nimmt Arbeit auf
(Offenburg) Das Haus des Jugendrechts Offenburg hat seine Arbeit aufgenommen. Der Einrichtung liegt eine Kooperationsvereinbarung der Projektpartner Staatsanwaltschaft Offenburg, Polizeipräsidium Offenburg, Landratsamt Ortenaukreis und Amtsgericht Offenburg zugrunde.
Im Haus des Jugendrechts arbeiten Vertreterinnen und Vertreter von Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendamt unter einem Dach, um auf Straftaten von Jugendlichen wirkungsvoll und rasch reagieren zu können. Der direkte Informationsaustausch ermöglicht es, durch abgestimmte Maßnahmen zielgerichtet auf die jugendlichen Straftäter einzuwirken. Neben einer Anklage zum Jugendgericht kommen etwa auch Arbeitsstunden, die Teilnahme an Gesprächen der Drogenberatung, die Mitwirkung an einem Täter-Opfer-Ausgleich oder die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs in Betracht. Gemeinsame Fallkonferenzen und Hausbesprechungen ermöglichen passgenaue Lösungen, die gerade auch im Sinne des Opferschutzes helfen sollen, die Jugendlichen von der Begehung neuer Straftaten abzuhalten.
Darüber hinaus will das Haus des Jugendrechts präventiv wirken. Das enge Zusammenwirken der beteiligten Institutionen eröffnet die Chance, negative Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und den Jugendlichen, aber auch den betroffenen Familien insgesamt, konkrete Hilfestellungen aufzuzeigen. Diese können sich etwa auf schulische und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, auf den Umgang mit Alkohol und Drogen oder auf das Erlernen von sozialen Verhaltensweisen beziehen. Zudem sollen generalpräventive Maßnahmen, etwa Informationsveranstaltungen in Schulen und Jugendschutzstreifen, das Bewusstsein der Jugendlichen schärfen. Die Einrichtung versteht sich schließlich auch als Plattform für den allgemeinen fachlichen Austausch im Jugendstrafrecht. Durch das gebündelte Fachwissen können aktuelle rechtliche, aber auch soziologische Entwicklungen zuverlässig beobachtet und begleitet werden.
„Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Haus des Jugendrechts in Offenburg ein aus meiner Sicht unverzichtbares Instrument der Strafverfolgung in Jugendstrafverfahren einrichten konnten“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Offenburg, Herwig Schäfer. „Gerade bei jugendlichen Straftätern ist von zentraler Bedeutung, dass die Strafe der Tat auf dem Fuße folgt. Eine zeitnahe Reaktion trägt maßgeblich dazu bei, das begangene Unrecht vor Augen zu führen, beim Jugendlichen ein Umdenken zu bewirken und so die Begehung neuer Straftaten zu verhindern. Die kurzen Wege im Haus des Jugendrechts machen es noch besser möglich, ohne Reibungsverluste schnell auf strafrechtliche Verfehlungen von Jugendlichen zu reagieren“, sagte Schäfer.
Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf ist froh, dass mit der Einrichtung in Offenburg nunmehr das sechste Haus des Jugendrechts im Land – neben Stuttgart-Bad Cannstatt, Pforzheim, Mannheim, Heilbronn und Ulm – an den Start geht. Justizministet Guido Wolf sagte: „Das Konzept hat sich landes- und bundesweit als wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Bekämpfung der Jugenddelinquenz bewährt. Mit dem Konzept war und ist Baden-Württemberg bundesweit Vorreiter. Das bundesweit erste Haus des Jugendrechts wurde 1999 in Stuttgart-Bad Cannstatt eingerichtet. Der Koalitionsvertrag der Landesregierung sieht ausdrücklich vor, dass die Häuser des Jugendrechts bedarfsgerecht fortentwickelt werden. Ich bin überzeugt davon, dass das Haus des Jugendrechts auch in Offenburg erfolgreiche Arbeit leisten wird“.
Polizeipräsident Reinhard Renter, Leiter des Polizeipräsidiums Offenburg, pflichtete dem bei: „Eine Zusammenarbeit der beteiligten Behörden unter einem Dach wird die Intervention gegen Jugendkriminalität optimieren und maßgeblich dazu beitragen, Sicherheit auf hohem Niveau zu gewährleisten. Das Haus des Jugendrechts stellt somit einen wichtigen Baustein des Sicherheitskonzepts des Polizeipräsidiums Offenburg dar.“ Darüber hinaus lobte Renter die Zusammenarbeit mit den beteiligten Projektpartnern der Staatsanwaltschaft, des Landratsamtes, des Amtsgerichts und der Polizei. „Ich möchte an dieser Stelle allen meinen ausdrücklichen Dank aussprechen, die bei der Verwirklichung dieses Konzepts mitgewirkt haben.“
Landrat Frank Scherer sagte: „Die Jugendhilfe im Strafverfahren begleitet und berät junge Menschen, gegen die ein Strafverfahren eingeleitet wurde, und ist am gesamten Strafverfahren beteiligt. Die enge Verzahnung der am Verfahren beteiligten Institutionen im Haus des Jugendrechts ist ganz im Sinne unserer Jugendhilfe, die junge Menschen und ihre Eltern zielgerichtet unterstützt und ihnen entsprechende Hilfsangebote macht. Kurze Wege, regelmäßiger Austausch und gute Absprachen sind ein Erfolgsfaktor für wirksame und abgestimmte Lösungen im Sinne der Jugendlichen und ihrer Familien. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit im Haus des Jugendrechts und eine weiterhin positive Entwicklung unserer guten Kooperation mit Polizei und Justiz.“
Der Direktor des Amtsgerichts Offenburg Dietmar Hollederer freute sich, dass mit dem Haus des Jugendrechts ein weiterer Baustein für eine nachhaltige Bekämpfung der Jugendkriminalität in Offenburg geschaffen werden konnte. Auch im Haus des Jugendrechts stehe der erzieherische Gedanke des Jugendstrafrechts im Vordergrund. Durch die gefundene Kooperation könne zügig und vor allem mit abgestimmten Maßnahmen zielgenau auf bestimmte Fehlentwicklungen bei Jugendlichen reagiert werden, wobei die Neutralität und Unabhängigkeit des Gerichts gewahrt bleibe.
Die Planungen zum Haus des Jugendrechts gehen auf einen Vorschlag des Präsidenten des Landgerichts Offenburg Christoph Reichert zurück. In der Folge wurden seit Ende 2017 die weiteren Vorbereitungen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vorangetrieben. Mit dem Bezug der neu renovierten Räumlichkeiten in der Straßburger Straße 7 in der Offenburger Innenstadt kann nun die Arbeit des Hauses des Jugendrechts beginnen. Übereinstimmend hoben die Kooperationspartner die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit untereinander hervor, welche die Umsetzung des Projekts erst möglich gemacht habe. Ausdrücklich dankten sie zudem dem Landesbetrieb Vermögen und Bau, der für die Bereitstellung der Räumlichkeiten verantwortlich war. Einen weiteren Dank sprachen die Kooperationspartner Oberbürgermeister Marco Steffens für die konstruktive Begleitung des Projekts durch die Stadt Offenburg aus.
Die Staatsanwaltschaft Offenburg ist im Haus des Jugendrechts mit einer Staatsanwaltsstelle vertreten. Daneben ist eine Servicekraft für die Erledigung von Sekretariats- und Schreibarbeiten halbtäglich vor Ort. Das Polizeipräsidium Offenburg stellt in dauernder Präsenz 4,5 Vollzugsstellen. Das Landratsamt Ortenaukreis wird mit verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamtes feste Präsenzzeiten im Haus des Jugendrechts abdecken. Mit Blick auf die richterliche Unabhängigkeit ist das Amtsgericht Offenburg nicht unmittelbar im Haus des Jugendrechts untergebracht, aber durch den regelmäßigen fachlichen Austausch eng in dessen Arbeit eingebunden. Das Haus des Jugendrechts ist zudem offen für vielfältige Kooperationen mit anderen Einrichtungen, etwa der Bewährungshilfe, dem Diakonischen Werk und der Sozialen Rechtspflege, aber etwa auch den Schulen, Jugendeinrichtungen und öffentlichen Arbeitsberatungsstellen.
Zuständig ist das Haus des Jugendrechts für die wesentlichen Straftaten von Jugendlichen im Alter von bis zu 18 Jahren, die in Offenburg nebst Eingemeindungen und in Durbach begangen wurden. Zudem werden hier die Ermittlungsverfahren gegen jugendliche Intensivtäter für den gesamten Landgerichtsbezirk Offenburg bearbeitet. Das Haus des Jugendrechts ist zunächst als Pilotprojekt konzipiert. Bei einer erfolgreichen Entwicklung ist mittelfristig beabsichtigt, in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen vor Ort auch in Kehl und Lahr Häuser des Jugendrechts einzurichten.
Die offizielle Eröffnung des Hauses des Jugendrechts durch den Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf im Rahmen einer Feier mit Pressegespräch ist für Sommer 2020 geplant.