Kreisräte beraten über Ausbau des Nahverkehrs
(Bretten) Einmal mehr stand die künftige Entwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit unterschiedlichen Facetten auf der Tagesordnung der Sitzung des Kreistags des Landkreises Karlsruhe, die im Hallensportzentrum in Bretten abgehalten wurde.
Mit großem Interesse verfolgte das Gremium die Ausführungen von Landrat Christoph Schnaudigel zu der Reaktivierung der vom Land Baden-Württemberg vorausgewählten stillgelegten Schienenstrecken Ettlingen West - Ettlingen Erbprinz sowie Graben-Neudorf - Hochstetten – Neureut – Karlsruhe-Mühlburg. „Die PTV untersucht in unserem Auftrag mehrere Varianten. Erfreulicherweise gibt es nach ersten Einschätzungen bei beiden Strecken mindestens eine Variante, deren Nutzen-Kosten-Quotient über 1,0 liegt und die somit förderfähig wäre. Damit kann das Land bei der anstehenden Priorisierung nicht nein sagen und muss die Reaktivierung dieser Strecken in jedem Fall weiterverfolgen“, so Landrat Christoph Schnaudigel. Der Kreistag begrüßte grundsätzlich die Überlegungen zur Reaktivierung der Strecken und richtete die Bitte an das Verkehrsministerium Baden-Württemberg, die in der vorliegenden Studie dargestellten Potentiale bei den weiteren Überlegungen mit einzubeziehen.
Danach informierte Landrat Christoph Schnaudigel die Kreistagsmitglieder über laufende Infrastrukturmaßnahmen: Nachdem die Vorplanung zum zweigleisigen Ausbau der S4 zwischen Bretten und Grötzingen (Kraichgaubahn) zu ca. 70 % abgeschlossen ist, gehen die Beteiligten davon aus, dass bei günstigem Verlauf Ende 2021 / Anfang 2022 mit dem Planfeststellungsverfahren begonnen werden kann. Auch die Einschleifung der BMO-Bahn (S 31/S 32) in die Karlsruher Innenstadt wird verbunden mit der anvisierten erhöhten Anbindungshäufigkeit zu einem nochmals deutlich verbesserten Verkehrsangebot führen. In Sachen Verlängerung der S2 von Stutensee-Spöck zur Bahnstadt Bruchsal gebe es aktuell keine Planungsaktivitäten. „Wir müssen zunächst eine Neubewertung der Förderkriterien abwarten, um neue Gesichtspunkte wie zum Beispiel Umweltaspekte in der Nutzen-Kosten-Untersuchung berücksichtigen zu können“, berichtete Landrat Christoph Schnaudigel. Gleiches gelte für eine Verlängerung der Stadtbahnstrecke S11 über die Kreisgrenze hinaus in Richtung Straubenhardt.
Der Landrat begrüßt den Antrag der Fraktion CDU/Junge Liste eine Machbarkeitsstudie zur Westanbindung der Zabergäubahn zwischen Leonbronn und Bretten in Auftrag zu geben. Zwar wäre eine solche Anbindung abhängig von den weiteren Planungsüberlegungen zur Reaktivierung der Zabergäubahn. Da bei dieser jedoch nach Ansicht von Experten gute Realisierungschancen bestehen, müsse die Westanbindung in Richtung Bretten in jedem Fall eingehend geprüft werden. Ebenso begrüßt wurde der Antrag der Fraktion CDU/Junge Liste zur Untersuchung einer zusätzlichen Ost-West-Verbindung nördlich von Karlsruhe. Auch eine solche Verbindung könne sinnvolle Ergänzung des Schienennetzes in der Region sein.
Der Kreistag traf zudem eine grundsätzliche Entscheidung zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe, die Schienenhaltepunkte barrierefrei auszubauen. Bei rund 10 % ist die Deutsche Bahn (DB) der Infrastrukturbetreiber, ca. 90 % obliegen der Verantwortung der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft. Landrat Christoph Schnaudigel berichtete, dass seit der Studie der AVG aus dem Jahr 2012, nach der insgesamt 118 Haltepunkte im Kreis auszubauen sind, einige Haltepunkte mittlerweile bereits ausgebaut sind. Für die 88 AVG-Haltepunkte schätze man das Bauvolumen auf 40 bis 60 Mio. Euro. Zum barrierefreien Umbau der AVG-Stationen im Landkreis Karlsruhe beschloss das Gremium nun einen einheitlichen kreisweiten Ausbauvertrag mit der AVG. Dieser regelt unter anderen die Finanzierung durch Bundes- und Landesmittel sowie die verbleibende Mitfinanzierung durch den Kreis. Wesentliche Punkte sind auch die möglichst streckenbezogene Umsetzung sowie die Abstimmung mit den Städten und Gemeinden. Bis spätestens 2030 soll der Umbau aller Haltepunkte erfolgt sein. Der Kreistag beschloss außerdem angesichts der ohnehin vorgesehenen Sperrung auf der Strecke der S4 den barrierefreien Ausbau der Haltepunkte Bretten Schulzentrum, Zaisenhausen und Bauerbach auf das Jahr 2021 vorzuziehen. Dafür sollen Fördermittel nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz beantragt werden. Wegen der weiteren Haltepunkte finden derzeit noch Abstimmungsgespräche mit der AVG statt.
Weiterer Punkt der Sitzung war die Neustrukturierung der Verbundförderung, welche die Finanzierung der Verbundorganisation und den Ausgleich der verbundbedingten Lasten zwischen dem Land Baden-Württemberg, den Verkehrsverbünden und den kommunalen Aufgabenträgern regelt. Da das Land Baden-Württemberg noch keine neue Verordnung erlassen hat, wollen der Karlsruher Verkehrsverbund und die kommunalen Gesellschafter die bereits bestehende Finanzierungsvereinbarung für die Jahre 2021 und 2022 verlängern. Landrat Dr. Christoph Schnaudigel dankte dem Gremium für die Zustimmung zum geplanten Vorgehen und für die Ermächtigung, die Vereinbarung zu unterzeichnen.