Wirtschaft wieder auf Erholungskurs
(Konstanz) Die Wirtschaft befindet sich weiter auf Erholungskurs. Das zeigt der aktuelle IHK-Konjunkturklimaindex.
Aktuell erreicht er 122 Punkte und liegt damit zwölf Zähler über der Vorumfrage vom Frühjahr (110 Punkt). „Die Werte in der Region liegen noch unter dem Landesschnitt (131 Punkte), von einem dauerhaften Trend kann aber keine Rede sein“, sagt Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage bei der IHK Hochrhein-Bodensee in Konstanz. „Gute Nachrichten gibt es aus dem Handel und der Dienstleistungsbranche. Die Unternehmen berichten von einer besseren wirtschaftlichen Lage und blicken optimistischer in die Zukunft. In der Industrie ist die Stimmung dagegen aktuell gedämpft. Hintergrund sind steigende Energie- und Rohstoffpreise und Unsicherheiten in den Lieferketten. Andere Branchen beklagen den zunehmenden Fachkräftebedarf.“
Geschäftslage
Die Geschäftslage zeigt sich mit einem Wert von 127 Punkten gegenüber dem Frühjahr (108 Punkte) deutlich verbessert. Dabei entwickeln sich die Branchen aktuell aber unterschiedlich.
Entwicklung in Industrie gebremst
Der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie verbessert sich gegenüber dem Frühjahr und liegt mit 86 Prozent aktuell leicht über dem langjährigen Mittel. Die Lage des produzierenden Gewerbes bleibt damit weiter positiv, verliert aber deutlich an Dynamik. Der Indexwert der Lage, der zum Frühjahr auf 135 Punkte angestiegen war, kann nur noch leicht zulegen und beträgt nun 138 Punkte. Jeder zweite Produktionsbetrieb ist mit der Ertragslage zufrieden, nur 13 Prozent beurteilen diese aktuell als schlecht. Bei den Auftragseingängen verzeichnen weniger Betriebe eine steigende Tendenz als noch im Frühjahr. Auch die regionalen Produktionsbetriebe kämpfen mit den anhaltenden international gestörten Lieferketten und können sich den daraus resultierenden Lieferengpässen nicht entziehen. Diese machen Teilen der Produktionsbetriebe momentan sehr zu schaffen.
Regionaler Handel positiver
Deutlich positiver als vor Monaten zeigt sich die Einschätzung beim regionalen Handel. Beurteilten im Frühjahr nur vier Prozent ihre Lage als gut, so sind es aktuell 29 Prozent der Händler. Der Lageindex im Handel dreht damit zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie wieder ins Positive, auf einen Wert von 116 Punkten. Und auch mit der Ertragslage sind 60 Prozent der Händler wieder zufrieden, wenngleich das Kaufverhalten der Kunden von fast der Hälfte der Händler als zurückhaltend bezeichnet wird. Abzuwarten bleibt hier, wie die anziehende Inflation auf das Konsumverhalten der privaten Haushalte in den kommenden Monaten durchschlagen wird.
Dienstleistungsbereich verbessert
Die Lage im Dienstleistungsbereich zeigt sich im Herbst ebenfalls verbessert. Waren es im Frühjahr noch rund 30 Prozent der Dienstleister, die von einer schlechten Lage sprachen, so sind dies in der aktuellen Umfrage nur noch elf Prozent. Und auch die Zahl der „zufriedenen“ Dienstleister hat sich in diesem Zeitraum von 23 auf 42 Prozent erhöht. Die Umsatz- und Ertragslage zeigen ein ähnliches Bild. Für immer mehr Dienstleistungsbetriebe, gerade auch in den durch die Corona-Verordnungen sehr lange und sehr stark eingeschränkten Segmente, scheinen sich nach und nach wieder dauerhafte Verdienstperspektiven zu ergeben.
Erwartungen für die kommenden Monate
Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee verbessern sich leicht. Aktuell sieht jeder dritte Betrieb eine bessere Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten voraus, rund die Hälfte der Unternehmen erwarten einen gleichbleibenden Geschäftsverlauf. Unter den Produktionsbetrieben erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die mit schlechteren Geschäften rechnen von drei auf 16 Prozent. Störungen in den Lieferketten und Produktionsausfälle dürften für diese Zunahme mit ausschlaggebend sein. Auf der anderen Seite steigt aber auch der Anteil der produzierenden Unternehmen, die mit besseren Geschäften rechnen von 39 Prozent im Frühjahr auf nun 48 Prozent. Im Handel und unter den Dienstleistern im Kammerbezirk nimmt dagegen die Zahl der pessimistischen Einschätzungen für die kommenden Monate ab: unter den Händlern sehr deutlich von 35 auf neun Prozent und im Dienstleistungsbereich moderat von 25 auf 20 Prozent. Für Händler und Dienstleister wird aber weiter viel vom Verlauf der Pandemie abhängen – gerade in den kommenden Monaten mit dem wichtigen Jahresendgeschäft.
Bei den Investitionsabsichten gibt es gegenüber dem Frühjahr eine leichte Zunahme zu verzeichnen. Die Zahl der Unternehmen, die Investitionen in den kommenden zwölf Monaten planen, steigt von 86 auf 93 Prozent, wenngleich jedes vierte Unternehmen mit einem Rückgang der Investitionssummen rechnet. Verwendet werden sollen die Mittel insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (69 Prozent) sowie zur Digitalisierung (60 Prozent).
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Mit an Fahrt gewinnender Konjunkturentwicklung treten zwei, durch die Coronapandemie zwischenzeitlich in den Hintergrund getretene, für die Wirtschaftsentwicklung aber wesentliche Risikofaktoren wieder rasant zu Tage: der Bedarf an Fachkräften und steigende Rohstoff- und Energiepreise. Der Anteil der Betriebe, die im Fachkräfteengpass ein Risiko für den weiteren Geschäftsverlauf sehen, ist seit Frühjahr von 38 auf aktuell 68 Prozent gewachsen. Besonders deutlich ist der Anstieg im Dienstleistungsbereich, in dem 80 Prozent der Betriebe hierin ein Risiko für ihre Entwicklung sehen. Und auch die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise machen mittlerweile 56 Prozent aller regionalen Unternehmen zu schaffen. Unter den Produktionsbetrieben klagen gar 82 Prozent über diese Entwicklung – vor einem Jahr waren es noch 23 Prozent. Aber auch die anhaltende Pandemie und daraus resultierende Einschränkungen bereiten noch immer 45 Prozent der Betriebe in der Region große Sorgen. Der breite Aufschwung „post Corona“ – er ist noch kein Selbstläufer.