Regierungsrat empfiehlt das Rahmenabkommen Schweiz-EU zur Annahme
(Basel) Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt spricht sich im Rahmen der Konsultation zum Entwurf des institutionellen Abkommens Schweiz-EU (InstA) für eine Unterstützung des vorliegenden Abkommens aus. Nach Analyse des Verhandlungsergebnisses vertritt der Regierungsrat die Meinung, dass insgesamt ein positives und ausgewogenes Verhandlungsergebnis vorliegt, das einen geregelten Rechtsrahmen mit klaren Spielregeln vorgibt. In seiner politischen Abwägung hat der Regierungsrat insbesondere auch die grossen Risiken der Nichtentscheidung einbezogen.
Die Kantonsregierungen sind von der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) eingeladen worden, an der Konsultation zum Entwurf des institutionellen Abkommen Schweiz-EU teilzunehmen. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hält in seiner Analyse des Verhandlungsergebnisses fest, dass die Schweiz damit einige wichtige Erfolge erzielen konnte. Dazu gehören insbesondere folgende Elemente des Abkommens:
Der Anwendungsbereich des Rahmenabkommens konnte auf die fünf bestehenden (und allfällige künftige) bilateralen Abkommen begrenzt werden, die den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichern;
die Schweiz verpflichtet sich im Grundsatz zur dynamischen (jedoch nicht automatischen) Übernahme von neuem EU-Recht in den vom Rahmenabkommen erfassten Bereichen. Die Anpassung erfolgt aber gemäss den innerstaatlichen demokratischen Verfahren. Zudem wird die Schweiz neu in die Entscheidungsprozesse der EU zum für sie relevanten Marktzugangsrecht systematisch einbezogen. Bei einer Ablehnung durch die Schweiz müssen allfällige Ausgleichsmassnahmen verhältnismässig sein. Über die Verhältnismässigkeit entscheidet im Streitfall ein Schiedsgericht;
bei Streitigkeiten werden diese von einem paritätisch zusammengesetzten Schiedsgericht beigelegt. Der EuGH wird zwar zwangsläufig auch in diesem Modell eine wichtige Rolle spielen. Dessen Zuständigkeit beschränkt sich jedoch grundsätzlich auf die Auslegung von übernommenem EU-Recht;
bestehende Ausnahmen in den sektoriellen Abkommen konnten vertraglich bestätigt werden (bspw.: Nacht- und Sonntagsfahrverbot und 40-Tonnen-Limite). Im Bereich der flankierenden Massnahmen konnten schweizspezifische Instrumente mit gewissen Einschränkungen vertraglich abgesichert werden (Voranmeldefrist, Kautionspflicht und Dokumentationspflicht).
Gleichzeitig weist der Regierungsrat in seinem Positionsbezug darauf hin, dass die offenen Punkte bezüglich der Unionsbürgerrichtlinie, der staatlichen Beihilfen und der flankierenden Massnahmen noch einer Klärung bedürfen.
Der Regierungsrat hat auch in früheren Stellungnahmen gegenüber der KdK wiederholt den Standpunkt vertreten, dass das institutionelle Verhältnis zur EU so geregelt werden muss, dass in der Beziehung zwischen der Schweiz und der EU keine vollständige Blockade eintritt. Die EU macht die Sicherung und die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs mit der Schweiz von der Lösung der sogenannten institutionellen Fragen, wie der Anpassung des Schweizer Rechts an das sich ständig weiterentwickelnde EU-Binnenmarktrecht und die Beilegung allfälliger Streitigkeiten bei der Anwendung der Marktzugangsabkommen, abhängig.
In seiner politischen Abwägung hat der Regierungsrat auch die grossen Risiken der Nichtentscheidung einbezogen. So seien bei einem Verzicht auf das InstA neben der Gefährdung der Zukunftsfähigkeit des bilateralen Weges u.a. durch die Nicht-Aktualisierung bestehender bilateraler Abkommen diverse sonstige Nachteile zu erwarten. Als konkrete Beispiele sind etwa die Nichtanpassung des Abkommens über die technischen Handelshemmnisse (unter anderem für Medizinalprodukte), die Einschränkung der Teilnahme am Forschungsprogramm «Horizon Europe» oder die Verweigerung der Börsenäquivalenz zu nennen. Des Weiteren könnten keine weiteren Marktzugangsverträge geschlossen werden, wie etwa ein Strommarktabkommen oder ein Finanzdienstleistungsabkommen. Zusätzlich würden die mit den genannten Risiken verbundenen Unwägbarkeiten die Rechtsunsicherheit insgesamt weiter vergrössert. Ein Rahmenabkommen sichert den bilateralen Weg, schafft Rechtssicherheit und reduziert die Angriffsfläche vor Retorsionsmassnahmen der EU.