Erste Bausteine für das Zukunftsstadt-Modellquartier
(Konstanz) Normalerweise hätte sich das Team der Zukunftsstadt in Konstanz getroffen, um den ersten Arbeitsstand des Planerteams zu besprechen – in Zeiten von Corona gab es stattdessen eine Videokonferenz, die den Austausch zwischen Konstanz, Stuttgart, Hamburg, Berlin und Wien für das Modellquartier Christiani-Wiesen möglich gemacht hat.
„Smart wachsen – Qualität statt Quadratmeter“ lautet die Vision der Zukunftsstadt Konstanz, die am Modellquartier Christiani-Wiesen Form annehmen soll. Das nachhaltige Modellquartier soll als wegweisendes Konstanzer Beispiel für Quartiere der Zukunft als Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Hochschulen, FachexpertInnen, BürgerInnen und lokalen AkteurInnen wie z.B. Baugruppen und Umweltverbänden auf Augenhöhe dienen. Dass dieses Ziel nur mit äußerster Konsequenz erreicht werden kann, zeigen bereits die ersten Zwischenergebnisse der FachexpertInnen. Zement und Stahl kommen als Baustoffe für das Modellquartier kaum in Frage, da bei ihrer Produktion hohe CO2-Emissionen verursacht werden. Ziel für die Christiani-Wiesen ist eine Bebauung in Holzbauweise unter Ausschöpfen des breiten Spektrums an Möglichkeiten zur Oberflächengestaltung der Gebäude, z.B. zur Energiegewinnung oder Förderung der Biodiversität.
Energie soll im Quartier selbst erzeugt werden, sodass bestenfalls mehr produziert als verbraucht wird. Damit verbunden sind nach heutigem Stand Photovoltaik-Anlagen auf den vorgesehenen flachen Dächern, sagt der Energieexperte und Projektpartner Professor Thomas Stark vom Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen der HTWG. Um auch den Hinweis des Landschaftsarchitekten zu berücksichtigen, dass eine Begrünung der Dächer als attraktive Begegnungsorte für die BewohnerInnen z.B. für
Urban Gardening mitgedacht werden soll, muss ein Kompromiss gefunden werden, der die Besonderheiten des Quartiers und der umliegenden Landschaft des Quartiers im Begrünungskonzept beachtet.
Auch die Mobilität spielt eine wichtige Rolle. Diskutiert werden Stellflächen für Autos. Am liebsten sollen es so wenig wie möglich sein, damit mehr Platz und Raum für die gemeinsame Nutzung im Quartier bleibt. Künftige Bauherren und Mieter werden sich entscheiden müssen: Wollen wir Platz für Autos oder für mehr Kinderzimmer? Die Antwort wird jedenfalls leichter fallen, wenn der Bus zum Supermarkt nicht, wie im Moment, alle 20 Minuten fährt und die Radwege sicher und gut ausgebaut sind. Ebenfalls vorgestellt wurden Sharingkonzepte für Elektromobilität und Lastenräder. Andere Städte haben es bereits vorgemacht – Erfahrungen, die im Projekt herangezogen werden.
Sharing ist überhaupt das große Thema des Zukunftsstadt-Modellquartiers Christiani-Wiesen: Je mehr individuelle Wohnfläche gespart werden kann, desto mehr Potenzial bleibt für gemeinsam genutzte Fläche, Begegnung und Ideen der BewohnerInnen. Das gilt für den Wohnbereich, z.B. wenn Gästezimmer nach Bedarf zur Verfügung stehen, bis hin zum gemeinsam genutzten Rasenmäher und Gemeinschaftsräumen. Fest steht, dass die Sharing-Angebote über IT-Lösungen gesteuert und verwaltet werden sollen. Letztlich muss Sharing auch organisiert werden. Es gibt auch in Konstanz bereits gut funktionierende Beispiele hierfür, wie zum Beispiel den Tannenhof.
Die Antworten auf die Frage nach den konkreten Bausteinen der Vision „Smart Wachsen“ werden für das Modellquartier des Projekts Zukunftsstadt Konstanz immer greifbarer. Wieviel Wohnfläche braucht der Mensch? Wie wird sich die Bewohnerstruktur zusammensetzen? Wie schaffen wir es, qualitativ zu bauen und bezahlbaren Wohnraum für die KonstanzerInnen anzubieten? Diese Fragen werden in den kommenden Monaten von den FachexpertInnen weiter ausgearbeitet, um in den Herbstmonaten Ergebnisse präsentieren zu können.
Anlass für die Konferenz war die Abstimmung der Konzeptbausteine zum Modellquartier Christiani-Wiesen der Zukunftsstadt Konstanz durch das Planerteam feld72 architekten aus Wien und Treibhaus Landschaftsarchitektur aus Hamburg. Neben Professor Thomas Stark und Nicole Conrad von der HTWG, konnten Marion Klose, Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt und das Projektteam aus dem Amt auch Vertreter des Fraunhofer Instituts, der Argus Stadt- und Verkehrsplanung Hamburg sowie der Raumplanungs-Gesellschaft Belius mit Sitz in Berlin als Teil des Projektteams Zukunftsstadt begrüßen.
Dass die Vision der Christiani-Wiesen jetzt konkrete Form annimmt, ist nicht zuletzt dem Engagement zahlreicher Konstanzer BürgerInnen, lokalen ExpertInnen und Baugruppen zu verdanken. Sie haben sich intensiv in die ersten beiden Phasen des Projekts Zukunftsstadt Konstanz eingebracht, was dazu geführt hat, dass das Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung den Konstanzer Ansatz zum Nationalen Projekt des Städtebaus 2018/19 ernannt hat. Die ersten Arbeitsergebnisse der PlanerInnen zeigen Bausteine, die für die jetzt anstehenden Beteiligungsformate ausgearbeitet werden, und auch in das Wissenstool LexiKON „Smart Wachsen“ des Projekts Zukunftsstadt Konstanz einfließen können, das Wissensplattform zur Planung zukunftsfähiger Quartiere in Konstanz und auch im gesamten Bundesgebiet werden soll. Marion Klose und das restliche Projektteam zeigten sich mit den ersten Ergebnissen hoch zufrieden.