Eröffnung der Landesgartenschau bleibt ungewiss
(Überlingen) Weiter offen ist der Zeitpunkt der Eröffnung der Landesgartenschau Überlingen. Allerdings beauftragte der Gemeinderat der Stadt Überlingen in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 22. April, Oberbürgermeister Jan Zeitler damit, Verhandlungen mit dem Land Baden-Württemberg aufzunehmen. Inhalt der Verhandlungen soll neben der Möglichkeit einer Verschiebung der Landesgartenschau Überlingen 2020 auf das Jahr 2021 (Beginn 9. April) auch eine Kostenbeteiligung des Landes sein.
Noch während der Gemeinderatsitzung hatte Landwirtschaftsminister Peter Hauk OB Jan Zeitler telefonisch eine Kostenübernahme von zwei Dritteln des prognostizierten Defizits bei einer Verschiebung auf 2021 zugesichert. Das Geld soll vom Land Baden-Württemberg und aus einem kommunalen Sonderfonds kommen. Unmittelbar vor der Gemeinderatsitzung hatte der Aufsichtsrat der Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH getagt und unter Abwägung mehrerer möglichen Szenarien die Variante einer Verschiebung auf 2021 favorisiert.
Das Land Baden-Württemberg ist als Träger der Landesgartenschau Mitveranstalter, das heißt, ohne Zustimmung der Landesregierung kann die Stadt keinen neuen Termin festlegen wie auch anderweitige Entscheidungen treffen. Mit den zuständigen Ministerien abzustimmen sind unter anderem eine finanzielle Beteiligung des Landes am jetzt schon abzusehenden finanziellen Verlust und die Wahrung steuer- und förderrechtlicher Interessen. Bis zur jüngsten Sitzung des Gemeinderats konnte auf Landesebene keine abschließende Klärung der noch offenen Fragen erzielt werden. Oberbürgermeister Jan Zeitler wird in den nächsten Tagen und Wochen weiter intensive Gespräche mit den Verantwortlichen in Stuttgart führen. Telefonisch gibt es bereits die Zusicherung, dass auch bei einer Verschiebung auf 2021 die Fördermittel nicht gefährdet sind.
Ein weiterer Punkt, der noch geklärt werden muss, ist die Einordnung der Landesgartenschau als Großveranstaltung. In der Pressekonferenz vom 16. April hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärt, dass Großveranstaltungen bis einschließlich 31. August untersagt werden, analog der Handlungsleitlinien der Bundeskanzlerin vom 15. April.
Diese Leitlinien haben allerdings keinen verbindlichen Charakter und werden in den jeweiligen Corona-Verordnungen der Länder in geltendes Recht umgesetzt. „Obwohl eine Definition von Großveranstaltungen durch das Land Baden-Württemberg derzeit noch aussteht, gehen wir davon aus, dass die Landesgartenschau eine Großveranstaltung ist“, so Oberbürgermeister Jan Zeitler. „Selbst wenn die Stadt allein entscheiden könnte, fehlte im Augenblick jegliche Handlungs- und Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen bei der Landesgartenschau.“
Angesichts dieser durch die Corona-Pandemie und die immer wieder neuen Verordnungen ausgelösten Unsicherheiten entwarf die Geschäftsführung der Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH, Roland Leitner und Edith Heppeler, mehrere Szenarien. Mit dem Ergebnis: Je später die Landesgartenschau Überlingen in diesem Jahr eröffnet, desto höher der finanzielle Verlust, auch für die Stadt Überlingen. Bei einer Verschiebung der Eröffnung innerhalb des Jahres 2020 rechnet die Geschäftsführung mit Verlusten zwischen 5,2 und 8,5 Millionen Euro, bei einer Landesgartenschau 2021 mit ca. 5,8 Millionen Euro, die Zuwendungen aus Stuttgart nicht mit eingerechnet. Nur eine Eröffnung der Gartenschau im Mai wäre finanziell günstiger als die Verschiebung auf 2021.
Roland Leitner: „Bei Betrachtung der Optionen verdichten sich die Indizien, dass bei einer Verschiebung innerhalb des Jahres 2020 ein möglichst früher Zeitpunkt der Eröffnung angestrebt werden sollte, da die potenziellen Einnahmeerwartungen im Zeitverlauf stark rückläufig sein werden. Die Verschiebung in das Jahr 2021 lässt auf eine deutlich bessere Einnahmesituation hoffen, die prognostizierten Abschläge auf die ursprüngliche Erwartungshaltung erklären sich mit restlichen Unsicherheiten hinsichtlich der Corona-Pandemie und der allgemein eingetrübten Wirtschaftslage.“
Sehr kritisch betrachtet wird eine Geländeöffnung, egal ob mit bereits gelösten Tickets oder bei freiem Eintritt, vor der Eröffnung der Landesgartenschau. „Dies ist nach unserem Dafürhalten in der augenblicklichen Lage nicht möglich“, so LGS-Geschäftsführerin Edith Heppeler.
Vor allem, so Stadtkämmerer Stefan Krause, weil bei einer vorzeitigen Öffnung ohne Landesgartenschau, also bei freiem Eintritt nur zu Spaziergängen, ein zusätzlicher finanzieller Verlust von rund 2,9 Millionen Euro droht. „Bei den Investitionsmaßnahmen für die Landesgartenschau wurde der Stadt Überlingen ein Vorsteuerabzug in dieser Größenordnung durch die Finanzverwaltung gewährt. Auf Grundlage der bisherigen Gespräche müssen wir davon ausgehen, dass dieser Betrag zurückerstattet werden müsste. Der gewährte Steuervorteil setze eine nachhaltige Unternehmung nach dem Umsatzsteuergesetz voraus, das heißt, Entgelte dürften nicht nur rein symbolisch sein, sondern müssen konkret zur dauerhaften Finanzierung der Unternehmung angelegt sein.“
Zum anderen wegen der Architektur der Geländeteile und ihrer Größe. „Infrage käme ohnedies nur der Uferpark“, so Heppeler. „Und selbst hier“, ergänzt Roland Leitner, „können wir die laut Infektionsschutzgesetz vorgeschriebenen Abstände nicht einhalten. Die Wege sind zu schmal für den Begegnungsverkehr. Wir haben ein langgestrecktes schmales Gelände und zum Teil schmale Wege ohne Ausweichmöglichkeiten. In Teilbereichen gibt es nur einen Weg mit zwangsläufigem Gegenverkehr. Es gib viele Begegnungs- und Knotenpunkte und wenig Ausweichflächen.“
Nur Einheimischen oder Kartenbesitzern den Zutritt zum Gelände zu gestatten, ist aus Gründen der Gleichbehandlung nicht möglich. Die Landesgartenschau hat bis heute rund 17 000 Dauerkarten und rund 40 000 Einzeltickets verkauft. „Nach unserer Auffassung hätte dann jeder Kartenbesitzer einen Anspruch, das Gelände schon zu sehen. Wie sollte das gehen in der momentanen Corona-Lage,“ so Leitner. Generell behalten alle Karten ihre Gültigkeit.