Erheblicher finanzieller Einbruch bei Unternehmen
(Freiburg) Der stärkste weltwirtschaftliche Einbruch der Nachkriegszeit hat den industriellen Mittelstand in Baden-Württemberg frontal erwischt. Das ist das Ergebnis der Halbjahres-Konjunkturumfrage der wvib Schwarzwald AG.
Die Mitgliedsunternehmen der wvib Schwarzwald AG vermelden für das erste Halbjahr 2020 einen deutlichen Umsatzrückgang von durchschnittlich - 12 % (2019: + 4 %). „Kaum eine Region der Welt ist global so vernetzt wie der Schwarzwald. Ein Stocken in den Lieferketten trifft uns ins Mark“, so wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer vor Journalisten bei der Firma Beschläge Koch in Freiburg.
„Nach 10 Jahren fast ununterbrochenen Wirtschaftswachstums waren wir selten besser auf die Krise vorbereitet. Deshalb ist die aktuelle Stimmung besser als die Lage“, so Münzer weiter.
In einer Umfrage ermittelt die wvib Schwarzwald AG zweimal jährlich die Konjunkturdaten ihrer über 1.000 Mitglieder. Rund 400 Unternehmen beteiligten sich mit ihren Zahlen.
Der Umsatz ist im ersten Halbjahr 2020 bei 80 % der befragten Unternehmen gesunken – im 1. Halbjahr 2019 waren es aber auch schon 44 %. 19 % der Unternehmen meldeten einen Anstieg – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (52 %) ein deutlich niedrigerer Anteil.
Der Auftragseingang folgt der wirtschaftlichen Entwicklung. Branchenübergreifend ist ein Rückgang beim Auftragseingang von - 14 % zu verzeichnen. Bei 77 % der Unternehmen verschlechtert sich der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahreszeitraum, eine unveränderte Auftragslage geben 6 % der Befragten an, 17 % der Unternehmen können eine bessere Auftragslage verzeichnen.
„Die Zahlen spiegeln den Durchschnitt des ersten Halbjahres 2020 wider. Die Story: Nach einem mäßigen Jahr 2019 kam ein hoffnungsvolles erstes Quartal 2020, danach der Absturz, ab jetzt wieder schüchterne Hoffnung“, so Dr. Christoph Münzer.
Verhalten optimistisch zeigen sich die Unternehmen der Schwarzwald AG beim Blick in die nahe Zukunft. 24 % erwarten für das zweite Halbjahr 2020 steigende Umsätze (2019: 25 %). 35 % der Unternehmen rechnen für den Rest des Jahres mit sinkenden Umsätzen, im ersten Halbjahr 2019 gingen 26 % der Befragten davon aus. Der optimistische Blick in die Zukunft betrifft auch die erwartete Entwicklung der Auftragseingänge in den kommenden sechs Monaten: Steigende Auftragseingänge erwarten 29 % (2019: 25 %), während 31 % mit einem Rückgang rechnen (2019: 23 %).
Der wirtschaftliche Einbruch spiegelt sich auch in der Ertragslage der Unternehmen wider. 45 % der Befragten verzeichnen eine verschlechterte Ertragslage (2019: 16 %), 43 % geben eine unveränderte Entwicklung an, nur 11 % verzeichnen eine verbesserte Ertragslage (2019: 30 %). Die für die nächsten sechs Monate erwartete Ertragslage zeigt vorsichtigen unternehmerischen Optimismus: 15 % der Unternehmen erwarten eine Verbesserung, rund 56 % rechnen mit unveränderten, 28 % mit fallenden Erträgen (2019: 21 %).
Der Beschäftigungsmotor Schwarzwald AG kam erstmalig seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 ins Stocken. Insgesamt sank die Anzahl der Beschäftigten in den Betrieben um 552 Personen. Im Vorjahreszeitraum stieg die Beschäftigtenzahl noch um 2.900. 50 % der Unternehmen verzeichneten sinkende Beschäftigungszahlen. Im ersten Halbjahr 2019 war dies bei 33 % der Unternehmen der Fall. Gestiegen ist der Personalstand bei 25 % der Befragten (2019: 52 %).
In den Prognosen zur Entwicklung der Mitarbeiterzahl sind die Unternehmen weiterhin vorsichtig. 10 % der Unternehmen rechnen mit steigender Mitarbeiterzahl, im ersten Halbjahr 2019 gingen noch 18 % von einem Anstieg aus. Weiterer Personalabbau steht bevor.
Der Blick auf die Kapazitätsauslastung zeichnet ein ähnliches Bild. 78 % der Unternehmen verzeichnen eine verschlechterte Kapazitätsauslastung im ersten Halbjahr 2020, lediglich 2 % der Befragten vermelden eine Verbesserung der Auslastung, 20 % verzeichnen unveränderte Werte.
Die durchschnittliche Investitionsquote ist gemessen am Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Sie fiel von 6,5 % auf 6,4 %. Lediglich 15 % der Befragten rechnen mit einem Anstieg der Investitionen in den nächsten sechs Monaten. Im Vorjahreszeitraum gingen 21 % von einem Anstieg aus.
Auch die diesjährige Zusatzfrage der wvib-Konjunkturumfrage zielte auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie ab. Auf die Frage „Ab wann rechnen Sie wieder mit einem Umsatzniveau wie 2019?“ antworteten 16 % der Befragten mit 2020. 35 % gehen davon aus, im Jahr 2021 wieder auf dieses Niveau zu kommen, 30 % rechnen damit, dieses Niveau 2022, 14 % erst 2023 zu erreichen.
Fazit: „Der Corona-Schock sitzt allen in den Knochen, er wird uns noch viele Monate begleiten. Der Strukturwandel bei Automobil kommt noch hinzu. Eigenkapital schmilzt gerade dahin, Verschuldungsgrade steigen, die Arbeitslosigkeit wird vielleicht etwas steigen, aber das Ende der Welt ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, es gibt viele kleine Aufbrüche an vielen Baustellen“, resümiert Christoph Münzer.