Predigt von Stadtdekan Engelhardt an Heilig Abend
(Freiburg) An Weihnachten erkennen viele Menschen in der Botschaft vom Frieden auf Erden und dem „hehren Ideal der Liebe“ eine ...
An Weihnachten erkennen viele Menschen in der Botschaft vom Frieden auf Erden und dem „hehren Ideal der Liebe“ eine Diskrepanz zur gelebten Wirklichkeit. „Das Licht der Heiligen Nacht ist für viele ein Zwielicht geworden“, sagte Stadtdekan Markus Engelhardt in seiner Predigt im Christvespergottesdienst an Heilig Abend in der Christuskirche Freiburg. Es gäbe „diese eigenartige, sehr schmerzende Weihnachtstraurigkeit“, vor der nicht wenige Menschen am meisten Angst hätten. Der Theologe erklärt sich diesen Zwiespalt zwischen weihnachtlichem Ideal und Wirklichkeit mit „einer ganz hohen eigenen Moral“, die dann häufig zu „abgrundtiefen Enttäuschungen“ führen könne.
Aus überhöhten moralischen Ansprüchen könne auch Hass und Verachtung erwachsen, wie das vor rund 50 Jahren im so genannten „bewaffneten Kampf“ der RAF aus studentischem Protest heraus erwachsen sei.
Im Blick auf die aktuelle kommunalpolitische Situation um den Bürgerentscheid zu Dietenbach riet Engelhardt deshalb zur pragmatischen Vernunft. Ob man sich für oder gegen den neuen Stadtteil entscheide, sei keine Frage einer höheren Moral, „in der es nur schwarz oder weiß, wahr oder falsch gibt. Ökologie, der Schutz des natürlichen Bodens auf der einen und der soziale Friede, Teilhabegerechtigkeit auch am Wohnraum auf der anderen Seite dürfen nicht plump gegeneinander ausgespielt werden“. Vielmehr gehe es um eine „nüchterne Güterabwägung“, wo das eine gegenüber dem anderen höher zu gewichten sei. „Das ist eine Frage der pragmatischen Vernunft, keine ideologische,“ sagte der Stadtdekan. Er empfahl zu prüfen, ob die Absicht von Stadtverwaltung und Gemeinderat, den neuen Stadtteil Dietenbach zu bauen „nicht ein im Wortsinn not-wendiger Versuch“ sei, die soziale Balance in der Stadt, die nach seiner Ansicht in den letzten Jahren sehr ins Kippen geraten sei, wieder zu stärken.
Der Versuchung, strittige Fragen in unserer Gesellschaft ideologisch und unversöhnlich aufzuladen, könne man entgehen, wenn man die Weihnachtsgeschichte in den Blick nehme. „Das Wunderbare an ihr ist, dass sie so konkret, anschaulich ist, das Gegenteil von allem Abstrakten.“ Wenn es heiße, „Euch ist heute der Heiland geboren“, verdichte sich in dieser Mitteilung, was Weihnachten in Freude oder Traurigkeit unvergleichlich mache. „Gott kommt – und dann hält er an“. Durch diesen Halt bei den Menschen „in unserem beschädigten Dasein mit seinen Rissen und Brüchen“ werde jeder Mensch in den Mittelpunkt des Christfestes gestellt. „Wegen dir und mir ist Gott Mensch geworden.“