25.08.2020 17:31

Das städtische Klima fest im Blick

(Lörrach) Die städtischen Grünflächen erfüllen in der Stadt zentrale Funktionen und bewegen sich fortwährend im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und Klimaanpassung. Die grünen Flächen leisten einen wichtigen Beitrag zur Luftreinhaltung, beeinflussen das Klima positiv, gestalten den städtischen Raum, binden Feuchtigkeit und Bäume spenden Schatten.

Der Erhalt und Ausbau gesunder Grünflächen in Lörrach sind wichtige Ziele, mit denen der Eigenbetrieb (EB) Stadtgrün Lörrach für das städtische Grün, den Parks und Freiflächen beauftragt ist. Die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Sommer durch den Werkhof und von Saisonarbeitskräften bei der Arbeit unterstützt.

„Das Stadtgrün ist die Lebensqualität für die Zukunft,“ bekräftigt Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić. „Das Stadtgrün erhöht die Lebensqualität im urbanen Siedlungsraum, es ist ein wichtiger Standortfaktor und unsere kommunale Handhabe dem Klimawandel zukunftsweisend zu begegnen und auch gegen zu wirken.“
Unter “Stadtgrün“ werden allgemein sehr unterschiedliche Flächen zusammengefasst: Parks und öffentliche Grünflächen (einschließlich der Friedhöfe) sowie die umfangreichen Flächen des Verkehrsgrüns, diese Bereiche fallen in den Verantwortungsbereich des Eigenbetriebs Stadtgrün.
Fassaden-und Dachbegrünung, Dachgärten, urbane Brachflächen und auch im Stadtgebiet liegende landwirtschaftliche Flächen regelt die Stadt Lörrach durch entsprechende Satzungen und Bebauungspläne, stets mit dem Ziel das Grün in der Stadt auszuweiten, Biodiversität und Vielfalt für ein gesundes Klima wachsen zu lassen.
Fachkundig begleitet werden durch den EB Stadtgrün auch Aktionen zur Klimafreundlichkeit, wie die jüngste erfolgreiche Aktion „Bei Dir will ich Wurzeln schlagen“, in deren Rahmen zukünftig 100 Bäume in private Gärten gepflanzt werden. Das Ziel der Aktion war und ist es, die Sensibilität für die Artenvielfalt in der Bürgerschaft zu steigern.

Stadtgrün für Vielfalt

Die Ausrichtung der Arbeit und Gestaltung des EB Stadtgrüns orientiert sich seit 2010 an der Deklaration der „Kommunen für Biologische Vielfalt“, die der Gemeinderat beschlossen hat. Darin ist die biologische Vielfalt als Ziel festgelegt, konkrete Aufgabenfelder sind neben der Gestaltung und Pflege von Grün- und Freiflächen im Siedlungs- und Außenbereich, die Belange des Gewässerschutzes, des Arten- und Biotopschutzes, die nachhaltige Nutzung unserer Landschaft sowie die Öffentlichkeitsarbeit und Information in die Stadtgesellschaft hinein. So wurden beispielsweise die städtischen Wechselflorflächen abgeschafft und dafür naturnahe Staudenmischpflanzungen angelegt. Stauden sind langlebiger, haben einen geringeren Pflegeaufwand und bieten heimischen Insekten mehr Nahrung, auf Düngergaben wird verzichtet.
Die kommunalen Grünflächen werden naturnah gestaltet, das „Einheitsgrün“ mit großen Monokulturflächen werden nach und nach umgewandelt und mit Wildkräutern bepflanzt.
Um den Flächenverbrauch bei Baumaßnahmen zu kompensieren, müssen ökologisch hochwertige Ausgleichsflächen geschaffen werden. Durch die Ausbringung von gebietsheimischen Saatmischungen auf innerörtlichen Flächen entstehen attraktive und ökologisch wertvolle Bereiche auch innerhalb des Siedlungsgebietes. Beispiele für Ausgleichmaßnahmen sind die ökologische Aufwertung von Wiesen, Äckern und Gewässern sowie die Schaffung von Eidechsenhabitaten und Feuchtbiotopen.

Baumpflege – Sicherheit ist wichtig

Bei der Stadt Lörrach arbeiten Baumpfleger mit viel Berufserfahrung. Sie sind dem Erhalt der Bäume ebenso verpflichtet wie der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Daher prüfen sie regelmäßig den Gesundheitszustand und die Standsicherheit der rund 10.000 städtischen Bäume an Straßen und öffentlichen Grünanlagen. Aktuell kommen zusätzlich noch etwa 450 Bäume hinzu, die im Zuge der Rückgabe von Flächen entlang der Wiese vom Regierungspräsidium Freiburg an die Stadt gegangen sind. Für den gesamten Baumbestand in Lörrach sind drei Baumpfleger und ein Teamleiter im Einsatz. Ein Großteil der Stadtbäume bedarf aufgrund zunehmender Schäden einer baumpflegerischen Behandlung. Diese reicht von der Totholzbeseitigung (abgestorbene Äste werden aus dem Baum entfernt) bis hin zur Kronensicherung.

Stadtgrün zwischen Klimawandel und Klimaanpassung

Auf den Grünflächen werden bei Neupflanzungen die Klimaveränderungen berücksichtigt. Im Gegensatz zu den Baumarten, stehen genügend einheimische, trockenheitsangepasste Kräuter und Stauden für die Bepflanzung auf naturnahen und Naturerlebnisräumen im Siedlungsbereich zur Verfügung.

Trotzdem wird es auch in Zukunft Extremstandorte geben, die nicht aufgewertet werden können, wie zum Beispiel viel zu kleine Baumquartiere.
Der fortschreitende Klimawandel ist in Lörrach durch die letzten beiden trockenen Jahre deutlich sichtbar geworden. Vor allem das trockene Jahr 2018 mit rund einem Drittel weniger Niederschlag als im langjährigen Jahresmittel, hat den Bäumen zugesetzt. Viele Bäume leiden unter dem Wassermangel und sterben ab. Die Anzahl der daraus resultierenden Fällungen hat sich gegenüber vergangener Jahre fast verdoppelt.
Zukünftig müssen vermehrt Baumarten gepflanzt werden, die aus südlicheren Regionen stammen und besser mit der Trockenheit und dem innerstädtischen Klima umgehen können. Die Stadt Lörrach greift bei der Auswahl der Neupflanzungen auf die Erkenntnisse der „Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz e.V.“ kurz „GALK“ zurück, die sich schon frühzeitig mit den Herausforderungen des Klimawandels wie auch der Klimaanpassung auseinandergesetzt hat. Seit 1994 werden zu Forschungszwecken Bäume derselben Baumart, Größe und Qualität an klimatisch unterschiedlichsten Standorten in Deutschland gepflanzt und wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse dieser Studie finden sich in der so genannten „GALK-Liste“ wieder. Diese Liste, welche ständig erweitert wird, stellt die Grundlage für die städtische Baumartenauswahl dar. Neben der zu erwartenden Höhe und Breite des Baumes, werden die Lichtbedürftigkeit und die Wuchsform samt Bodenansprüchen in den Forschungsergebnissen der Straßenbaumtests dokumentiert. Aktuell sind 176 Baumarten und Sorten getestet, wovon bislang 47 als geeignet und gut geeignet eingestuft wurden.
Diese Erkenntnisse werden in Lörrach bei Neupflanzungen berücksichtigt und so wurden beispielsweise der Südliche Zürgelbaum, die Purpur Erle, der Ginkgobaum, der Amberbaum, die Zerreiche und die Felsenbirne gepflanzt.
Wichtig ist der Erhalt von gesunden Bäumen und auch das Anpflanzen von neuen Bäumen, um auch eine ausgewogene Altersstruktur im Bestand zu haben.

Schädlinge und Insekten

Doch nicht nur der Wassermangel durch den Klimawandel ist ein Problem. Immer mehr Schaderreger und Insekten fühlen sich durch den globalen Handel in Kombination mit den steigenden Temperaturen bei uns wohl. Das führt zu Krankheiten wie Eschentrieb-, Kastaniensterben oder Massaria an Platanen. Diese Krankheiten werden von Pilzen ausgelöst und machen den Einsatz von Seilklettertechnik oder einer Hubarbeitsbühne notwendig. Bei etwa 700 städtischen Platanen bedeutet dies ein zusätzlicher Arbeitsaufwand von mehreren Wochen pro Jahr.
Ein erhöhter Arbeitsaufwand ergibt sich auch durch die Schädlingsbekämpfung des Eichenprozessionsspinners, der Kastanienminiermotte und des asiatischen Laubholz Bock, die alle eingewandert sind. Eine regelmäßige Baumkontrolle und die vorbeugende Behandlung von Eichen gegen den Eichenprozessionsspinner ist notwendig. Um auf diese neuen Herausforderungen zu reagieren, ist eine hohe Biodiversität der Schlüssel zu einer baumreichen, grünen Stadt. Aus diesem Grund wird der EB Stadtgrün in Zukunft auf Monokulturen, zum Beispiel in Alleen, verzichten und die Baumarten innerhalb der Baumreihe oder der Allee variieren.

Neue Pflanzungen

Um für Neupflanzungen möglichst gute Bedingungen zu schaffen und spätere Belagsanhebungen durch Wurzeln zu verhindern, werden Baumgruben erstellt, die einen durchwurzelbaren Raum von 12m³ aufweisen. Diese werden mit speziellem Baumsubstrat verfüllt. Zusätzlich werden Bodenhilfsstoffe und wasserspeichernde Produkte bei der Pflanzung mit in den Boden eingearbeitet. Die Kosten einer solchen Pflanzung liegen bei etwa 1200 Euro pro Baum, wobei der Baum mit durchschnittlich 150 Euro den geringsten Anteil ausmacht.

Bauarbeiten schädigen Bäume

Bei Bauarbeiten werden städtische Bäume durch die Verlegung von Leitungen mitunter stark geschädigt. Der daraus resultierende Wurzelverlust führt zum Absterben des Baumes. Auch neue Baumstandorte zu finden, ist dadurch schwieriger und zeitaufwendiger geworden. Oft ist es wegen Versorgungsleitungen nicht möglich, Bäume auf eine Grünfläche zu pflanzen oder gefällte Bäume am selben Standort zu ersetzen. Neupflanzungen müssen aufgrund der trockenen, heißen Sommer inzwischen drei Jahre lang gewässert werden, anstatt bisher zwei Jahre.
„Die Stadt Lörrach wird auch in der Zukunft auf neue Herausforderungen wie Klimaeinflüssen und Schädlinge bestmöglich reagieren, um eine grüne, lebenswerte Stadt zu fördern und zu erhalten“, erklärt Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdić.

Vermüllung der Parks und Grünflächen

In den Sommermonaten, insbesondere am Wochenende, hat die Vermüllung der öffentlichen Parks und Grünflächen stark zugenommen. Das unachtsame Fallenlassen von Müll im öffentlichen Raum ist zur neuen Marotte und großem Ärgernis geworden. „Grundsätzlich freuen wir uns, wenn der öffentliche Raum attraktiv ist und gut genutzt wird. Aber es muss doch möglich sein und ist dringend notwendig, den Müll auch wieder einzupacken und mitzunehmen“, appelliert die Bürgermeisterin. „Das Spannungsfeld Vermüllung und Stadtsauberkeit sind große Herausforderungen. Es ist bundesweit leider überall die gleiche Entwicklung“, so Neuhöfer-Avdić weiter. „Es kommt darauf an, ein neues Bewusstsein für die Problematik zu schaffen und an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger jeden Alters zu appellieren.“
So ist beispielsweise der Lindenplatz auf dem Tüllinger jedes Wochenende trotz ausreichend vorhandener Mülltonnen von zahlreichen unterschiedlichem Verpackungsmüll übersät. Der Wind treibt den Müll vom Parkplatz in die umliegenden Rasenflächen, sodass der Werkhof hier täglich mehrere Stunden im Einsatz ist. Auch andere Plätze, wie zum Beispiel der Grüttpark, müssen zeitaufwändig gesäubert werden. Für den städtischen Werkhof, gerade in den Sommermonaten eine unbefriedigende Mammutaufgabe, die an manchen Tagen nicht zu bewältigen ist.