Hochrheinbahn wird elektrifiziert und ausgebaut
(Basel/Waldshut-Tiengen) Die Pläne für entscheidende Verbesserungen im Schienenverkehr in der Region Hochrhein kommen voran. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um die durchgehende Elektrifizierung der Schienenstrecke zwischen Basel und Singen, sondern auch um einen Ausbau der Gleise mit mehreren Doppelspureninseln und zusätzlichen Haltepunkten.
Mit wichtigen Eckpunkten einer solchen Modernisierung der Strecke haben sich bei einer Klausurtagung der Kreistage Waldshut und Lörrach deren Vertreter am Samstag, 26. Januar gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg, Vertretern des Kantons Basel-Stadt und der Deutschen Bahn befasst. Verbesserungen in der Infrastruktur sollen die wichtige Ost-West-Verbindung entlang des Hochrheins auf eine neue Qualitätsstufe heben. Sie soll ein zentraler Mobilitätsbaustein für die Zukunft sein, um die Mobilität entlang des Hochrheins attraktiv zu gestalten, die Regionen miteinander zu verbinden und den Schienenverkehr umweltfreundlich zu machen.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann hob anlässlich der Klausurtagung die Bedeutung des Projektes hervor: „Das Projekt Hochrheinbahn hat dank der partnerschaftlichen Zusammenarbeit eine neue Dynamik erhalten. Wir gehen nun Ausbau, Modernisierung und Elektrifizierung der Hochrheinbahn in einem Zug an. Das schafft grenzüberschreitende Zukunftssicherheit für den Schienenverkehr am Hochrhein. Die Ausbaumaßnahmen werden dafür sorgen, dass die Züge pünktlich und verlässlich nach einem stabilen Fahrplan unterwegs sind.“
Nur noch elektrisch angetriebene Züge
Die dieselbetriebenen Neigetechnik-Fahrzeuge sollen abgelöst werden – künftig fahren nur noch elektrisch angetriebene Züge auf der Strecke. Sie stellen einen schnellen und leistungsfähigen Nahverkehr sicher. Um die Attraktivität zu erhöhen, sollen unter anderem die bisherigen schnellen stündlichen IRE-Verbindungen zum Halbstundentakt ausgebaut sowie gemeinsame Tarifmaßnahmen mit der Schweiz umgesetzt werden – ein großer Gewinn für alle, die die Hochrheinbahn grenzüberschreitend nutzen.
Außerdem wird die neue S-Bahn zusätzliche Ziele anfahren können, wie es auch das grenzüberschreitend beschlossene Angebotskonzept der trinationalen S-Bahn Basel (trireno) vorsieht. Künftig sind umsteigefreie Verbindungen zu anderen Bahnstrecken möglich.
Die Landkreise Waldshut und Lörrach treiben gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg, der Europäischen Union, den Kantonen Basel-Stadt und Schaffhausen, der schweizerischen Eidgenossenschaft, der Agglo Basel (trireno) und dem Regionalverband Hochrhein-Bodensee die Elektrifizierung voran. Seit September 2017 läuft die Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Die Finanzierungsvereinbarung hierfür wurde am 6. September 2017 vom Land Baden-Württemberg, den Landkreisen Lörrach und Waldshut und dem Kanton Basel-Stadt mit der DB Netz AG und der DB Energie GmbH geschlossen. Die EU fördert diese Maßnahme mit INTERREG-Mitteln, einer Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.
Bessere Infrastruktur für den Bahnbetrieb
Die ersten Ergebnisse zum Projektumfang, Kostenentwicklung und Zeitplanung wur-den in der Klausurtagung von der DB Netz AG vorgestellt. Die Planung hat gezeigt, dass die Elektrifizierung alleine nicht ausreicht, um einen stabilen und reibungslosen Bahnbetrieb am Hochrhein sicherzustellen. In den Städten Rheinfelden (Baden), Bad Säckingen und Waldshut-Tiengen sind zusätzliche Haltepunkte geplant.
Es sind auch weitere verkehrliche Verbesserungen umzusetzen: Der eingleisige Ab-schnitt zwischen Waldshut und Erzingen muss ausgebaut werden, um in Lauchringen und Tiengen Zugkreuzungen zu ermöglichen. Die Strecke muss in Teilbereichen optimiert und Weichen müssen verlegt werden, damit die erforderlichen Fahrzeiten realisiert werden können.
Auch der Bahnhof Waldshut als zukünftiger Anschlussknoten braucht einen Umbau, damit der Zugverkehr gut abgewickelt und Zugverbindungen ohne Umstiege möglich werden, beispielsweise nach Koblenz (Kanton Aargau). Durchgehende Gleise und ein zusätzlicher Bahnsteig auf der Nordseite des Bahnhofs Waldshut sollen dies ermöglichen.
Um die erwartete Zunahme an Fahrgästen durch die Elektrifizierung bewältigen zu können, sollen auf der Hochrheinstrecke auch längere Züge eingesetzt werden. Hierzu müssen zahlreiche Bahnsteige verlängert und alle Bahnsteige auf 55 Zentimeter erhöht werden, um einen barrierefreien Einstieg in die Züge sicherzustellen.
„Eine reine Elektrifizierung ohne weiteren Infrastrukturausbau wird die Probleme bei der Betriebsqualität und den Zugang zum SPNV von mobilitätseingeschränkten Menschen am Hochrhein nicht lösen. Jetzt können und müssen die Weichen für eine zukunftsfähige Basis für den Nahverkehr am Hochrhein und für eine attraktive Wohn- und Arbeitsregion gestellt werden“, sagten die beiden Landräte, Marion Dammann (Lörrach) und Martin Kistler (Waldshut).
„Die trinationale Agglomeration Basel braucht endlich ein attraktives S-Bahnangebot. Der Ausbau der Hochrheinbahn ist wichtig, damit sie in dieses Netz eingebunden werden kann“, betonte Regierungsrat Dr. Hans-Peter Wessels aus Sicht des Kantons Basel-Stadt.
Prognostizierte Kosten
Die vielen zusätzlichen Verbesserungen wirken sich auf die Kosten aus. Ursprünglich war für die Elektrifizierung Gesamtkosten für Planung und Bau in Höhe von 160 Millionen Euro vorgesehen. Die aktuelle Kostenschätzung alleine für die Elektrifizierung liegt nun unter Berücksichtigung der derzeitigen Marktpreisentwicklung im Bausektor bei 180 Millionen Euro.
Die zusätzlichen Ausbaumaßnahmen führen zu einer deutlichen Kostensteigerung. Für dieses Gesamtprojekt „Ausbau und Elektrifizierung der Hochrheinbahn für den Schienenpersonennahverkehr“ veranschlagt die Deutsche Bahn eine Gesamtinvestition von 290 Millionen Euro (Preisstand 2018).
Für die zusätzlichen Ausbaumaßnahmen zur Qualitätsverbesserung wird eine weitere Finanzierungsvereinbarung zu schließen sein, über die die Kreistage voraussichtlich jeweils im März 2019 beschließen werden. Parallel dazu werden sich auch im Kanton Basel-Stadt die zuständigen politischen Gremien mit der Finanzierung der zusätzlichen Planungsleistungen befassen.
„Die derzeitigen Verspätungsprobleme und Zugausfälle zeigen, dass wir eine leistungsfähigere und verlässlichere Infrastruktur brauchen, das heißt zusätzliche Haltepunkte und Ausweichmöglichkeiten. Das rechtfertigt deutlich höhere Investitionen“, sagte Minister Hermann.
Zeitplan: Ausbau in den Jahren 2025 bis 2027
Zurzeit arbeitet die DB an der Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Die Plangenehmigungsunterlagen sollen im zweiten Halbjahr 2020 eingereicht werden. Abhängig von der Finanzierung des gesamten Projekts, der Dauer der Plangenehmigungsverfahren und der Gestaltung des Bauablaufs sind der Ausbau und die Elektrifizierung derzeit für den Zeitraum 2025 bis 2027 geplant.
Minister Hermann sagte: „Dieser Zeitplan ist nicht zufriedenstellend. Wir wollen parallel zur weiteren Planung erreichen, dass die DB das Projekt schneller realisiert.“
Die Elektrifizierung des Streckenabschnitts zwischen Erzingen (Baden) und Schaffhausen, der über Schweizer Gebiet verläuft, ist bereits seit Dezember 2013 fertiggestellt. Die Elektrifizierung und der Ausbau der gesamten Hochrheinstrecke stellen eine vordringliche Maßnahme für weitere verkehrliche Verbesserungen dar.
Mit der Basler Erklärung vom 18. Januar 2013 haben die Partner ein klares Bekenntnis zur Elektrifizierung der Hochrheinstrecke abgegeben. Dieses Bekenntnis wurde nochmals durch die Absichtserklärung zur Finanzierung und Elektrifizierung der Hochrheinbahn zwischen Basel (CH) und Erzingen (D) vom 14. März 2016 bekräftigt.
Die Finanzierung der Gesamtmaßnahme soll über das Bundesförderprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) erfolgen.
Die aktuellen Planungskosten (rund 22 Millionen €), die durch Mittel der Europäischen Union in Höhe von 5 Millionen € gefördert werden, wollen sich - vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Gremien - das Land Baden-Württemberg (6,7 Millionen €), der Landkreis Waldshut (4,4 Millionen €), der Landkreis Lörrach (3,4 Millionen €) und der Kanton Basel-Stadt (2,3 Millionen €) teilen. Mit den Städten und Gemeinden an der Strecke werden Gespräche zur Mitfinanzierung der jeweiligen Haltestellenplanungen geführt.
Das Land hat das Vorhaben zum GVFG-Programm angemeldet. Nach den Regularien dieses Programms finanziert der Bund bis zu 60 Prozent der Baukosten. Die verbleibenden Kosten sollen von der deutschen und schweizerischen Seite gemeinsam getragen werden. Der Schweizer Bundesrat hat dazu in seiner Botschaft zum Ausbau der Bahninfrastruktur (Ausbauschritt 2035) einen Beitrag zur Elektrifizierung der Hochrheinbahn aufgenommen. Die Eidgenössischen Räte werden die Vorlage voraussichtlich in diesem Jahr beraten.