Nachwuchs im Zoo
(Basel) Seit 2016 wird die von der Ausrottung bedrohte Strahlenschildkröte im Zoo Basel erfolgreich gezüchtet. Noch nie jedoch war die Zuchtsaison besser als im Winter 2022: Insgesamt sieben Strahlenschildkröten sind geschlüpft und können derzeit im Schaubecken 49 des Vivariums bestaunt werden.
Strahlenschildkröten leben im Vivarium fast seit seiner Eröffnung vor genau 50 Jahren. Deren Nachzucht gelang erstmals 2016. Weitere drei Jungtiere folgten in den Jahren 2017 und 2020. Noch nie aber war der Zoo Basel in der Nachzucht so erfolgreich wie 2022: Am 31. Januar schlüpften drei Strahlenschildkröten aus einem Gelege und vom 14. bis 17. März weitere vier Tiere aus einem anderen Gelege. Für den Anstieg der Schlupfrate gibt es zwei Hauptgründe: Zum einen wurde die Futterqualität verbessert, indem Wildkräuter heute ganzjährig angeboten werden, wenn auch im Winter – passend zur kühlen Trockenphase – in getrockneter Form. Zum anderen werden die Eier nicht mehr direkt nach der Eiablage in den Inkubator überführt, sondern zunächst drei Monate bei 20 Grad kühl gehältert. So werden die Bedingungen im Freiland simuliert: Oft werden die Gelege dort gegen Ende der wärmeren und regenreicheren Jahreszeit gelegt, die von einer etwa dreimonatigen, kühleren Trockenphase abgelöst wird. Während dieser Zeit entwickelt sich das Ei nicht, aber die sogenannte Diapause triggert insbesondere die Entwicklung danach. Bis zum Schlupf der Tiere brauchen die Eier weitere drei Monate bei etwa 30 bis 32 Grad.
Die sieben Jungtiere sind mittlerweile in einem abgetrennten Bereich des Schaubeckens 49 des Vivariums zu sehen. Im grösseren Teil der Anlage leben ihre zwei älteren Geschwister aus den Jahren 2016 und 2017 zusammen mit einer Gruppe von fünf halbwüchsigen Tieren, die 2014 auf einem Markt in Hong Kong konfisziert wurden. Die zwei Nachzuchten aus dem Jahre 2020 leben rechts neben dem Schaubecken 57 mit der mittlerweile sehr erfolgreichen Zuchtgruppe.
Beliebte Haustiere und Delikatesse
Die Zucht dieser Art ist insofern wichtig, als dass sie im Freiland von der Ausrottung bedroht ist. Man findet sie nur im Süden Madagaskars, entlang der Küste bis maximal 100 Kilometer ins Landesinnere. Dort bewohnen sie trockene Dornbuschsavannen. Dieser Lebensraum wird immer dichter besiedelt und somit zerstört. Die grössere Gefahr stellt aber das Wildern dar. Noch vor 20 Jahren ging man davon aus, dass bis zwölf Millionen Strahlenschildkröten im Freiland leben. Die eigentlich im Verbreitungsgebiet ansässigen Volksstämme hielten die Art für heilig und liess sie in Ruhe gewähren. Aus nördlicheren Gebieten eingewanderte Madagassen nutzten Strahlenschildkröten jedoch als Haustiere und/oder als willkommene Fleischquelle: Mit ihrem Gewicht von bis zu 15 Kilogramm und einer Panzerlänge von etwa 40 Zentimetern vermag ein Tier den Hunger einer Familie zu stillen. Nebst der Konsumation im Lande selbst wird sie aber auch in grossem Stil geschmuggelt und verkauft, vor allem nach China. So kamen ebenfalls die halbwüchsigen Zolli-Tiere sowie ein Grossteil unserer Zuchtgruppe ausser Land, bis sie auf den Lebensmittel- und Haustiermärkten gerettet und im Zoo Basel in Sicherheit gebracht wurden.
Von der Ausrottung bedroht
Strahlenschildkröten werden von Wilderern gesammelt und über längere Zeit gehortet, um dann in grossen Stückzahlen transportiert zu werden. Das Horten ist nur deshalb möglich, weil Schildkröten über mehrere Wochen ohne Futter und Wasser auskommen können. In den letzten Jahren wurden in Madagaskar in einzelnen Häusern bis zu 12’000 Schildkröten gefunden und gerettet. Bevor sie wieder ausgewildert werden können, bedarf es geeigneter und insbesondere geschützter Gebiete. Zudem müssen Tiere aus solchen Häusern wieder aufgepäppelt werden und es muss sichergestellt sein, dass sie keine Krankheitserreger in freilebende Populationen einschleppen. Schätzungen zufolge werden pro Jahr rund 250’000 Schildkröten gewildert. Gerade die grossen Weibchen fehlen dann in der Fortpflanzung, so dass die Art seit 2008 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als von der Ausrottung bedroht aufgeführt wird.