Neubau für Max-Planck-Institut
(Konstanz) Baden-Württemberg unterstützt die Ansiedlung des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie am Unicampus Konstanz mit 60 Millionen Euro. Die Einrichtung hat enorme Bedeutung für Aktivitäten der Landesregierung zum Klimaschutz und im Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Mit 58 Millionen Euro wird Baden-Württemberg die Ansiedlung des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie am Bodensee unterstützen, weitere zwei Millionen Euro aus dem Landeshaushalt sind für Kosten im Zusammenhang mit der Überlassung des Grundstücks vorgesehen. „Die faszinierende Forschung dort fügt sich auf ideale Weise in die Aktivitäten des Landes zum Schutz der Artenvielfalt und zum Ausbau der verschiedenen Anwendungsbereiche der Künstlichen Intelligenz ein und hat eine enorme Bedeutung für uns. Wir stärken damit weiter unsere exzellente, interdisziplinäre und vernetzte Wissenschaft. Es ist eine wirklich spannende und wertvolle Arbeit, die da am Bodensee geleistet wird“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Mit der Gründung des neuen Instituts im Jahr 2019 und der Entscheidung zur Ansiedelung auf dem Universitätscampus in Konstanz habe sich die Max-Planck-Gesellschaft klar zu einem weiteren Ausbau der international sehr beachteten Forschung in Konstanz bekannt. Baden-Württemberg zählt neben Bayern und Nordrhein-Westfalen zu den Ländern mit den meisten Max-Planck-Einrichtungen.
Leuchtturm für moderne Verhaltensbiologie in Konstanz
Mit der vom Kabinett beschlossenen Sonderfinanzierung in Höhe von insgesamt 58 Millionen Euro für den Neubau zur Unterbringung des Instituts leiste das Land seinen Beitrag, damit sich der Schwerpunkt weiterentwickeln kann.
„In Konstanz hat sich in den letzten Jahren ein Leuchtturm für moderne Verhaltensbiologie entwickelt, der bereits jetzt die besten jungen Talente nach Baden-Württemberg zieht“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. „Die Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts und der Universität zeigen, wie mit Hilfe modernster Technologie und dem Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz zur Datenauswertung alte Fragen nach dem Wanderverhalten von Tieren oder der Entscheidungsfindung in Tiergruppen, gelöst werden können. Gleichzeitig verlieren die Forschenden in Konstanz auch nie weitergehende Anwendungsperspektiven ihrer Erkenntnisse aus dem Blick.“
Tierbeobachtung aus dem Weltraum
Beispielsweise ermöglicht das weltraumbasierte Tierbeobachtungssystem ICARUS („International Cooperation for Animal Research Using Space“) die kontinuierliche, weltumspannende Beobachtung von Tierwanderungen, die wichtige Fragen über die ökologischen Zusammenhänge unseres Planeten beantworten kann und dabei hilft, die Tiere besser zu schützen. Das ist ein gemeinsames Projekt des Instituts und der Universität Konstanz in Kooperation mit der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Darüber hinaus können die Daten auch zur Vorhersage der Wege tierischer Krankheitsvektoren (zum Beispiel Zugvögel – Vogelgrippe; Flughunde – Ebola) dienen oder zur Analyse von tierischem Fluchtverhalten als Warnsystem für Naturkatastrophen (zum Beispiel Vulkanausbrüche, Tsunamis) eingesetzt werden.
Auch die Erkenntnisse zu den komplexen Verhaltensmustern und Mechanismen, mit denen sich Tierschwärme koordinieren oder in Tiergruppen Entscheidungen getroffen werden, die in Konstanz unter Einsatz moderner Tracking-Technologie und Datenanalyse gewonnen werden, beschränken sich nicht auf die Tierwelt. Die Entschlüsselung der Prinzipien von Gruppen- und Bewegungsentscheidungen bietet weitreichende Anwendungen von der Vorhersage der Bewegungen wichtiger Erntevernichter (zum Beispiel Heuschreckenschwärme) bis hin zu neuen Ansatzpunkten für das Verständnis menschlichen Gruppenverhaltens (zum Beispiel bei Massenpaniken) sowie für die Konstruktion autonomer Roboter.
Genau wie die beiden Direktoren Prof. Martin Wikelski (Abteilung „Tierwanderungen“) im Jahr 2008 und Prof. Iain Couzin („Kollektivverhalten“) im Jahr 2015 wurde auch die dritte Direktorin des Instituts, Prof. Meg Crofoot („Ökologie der Tiergesellschaften“) im letzten Jahr gemeinsam mit der Uni Konstanz berufen.
Enge Zusammenarbeit von MPI und Universität wie beim Cyber Valley
Ministerin Theresia Bauer sieht in dieser engen Zusammenarbeit zwischen Max-Planck-Institut (MPI) und Universität einen wesentlichen Grund für die erfolgreiche Schwerpunktbildung. „Die Universitäten können international umworbene Spitzenforschende oft nur gemeinsam mit einem außeruniversitären Partner gewinnen und halten. Die stark auf interdisziplinäre Kooperation ausgelegte Forschung am MPI profitiert wiederum von der Expertise und Infrastruktur der Universität.“ So konnte in Konstanz, ähnlich wie beim Cyber Valley, bei dem die Universitäten Tübingen und Stuttgart mit dem MPI für Intelligente Systeme kooperieren, ein fruchtbares Umfeld für exzellente, weltweit beachtete Forschung entstehen.
„Die Unterstützung der Landesregierung für unser neues Max-Planck-Institut ist unglaublich wertvoll in einer Zeit, die von globalen Pandemien und Biodiversitätsverlust geprägt ist“, sagte Professor Martin Wikelski, Direktor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie. „In unserem internationalen Team von Schwarmintelligenz-Forschern, Migrationsforschern und Gesellschaftswissenschaftlern gehen wir genau diese Themen an, die für die Menschen jetzt wichtig sind. Wir lernen von der Natürlichen Intelligenz der Tiere und nutzen die Künstliche Intelligenz für ihre Analyse. Zusammen mit der Universität Konstanz entsteht am Bodensee auch ein Hochtechnologiestandort, der die international führende Weltraumtechnologie Baden-Württembergs fördert. Unser neues Institut ist einzigartig auf der Welt – wir sind stolz darauf, dass es im ´deutschen Silicon Valley´ entstehen darf!“
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts, das damals noch die Außenstelle des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen war, waren wesentlich beteiligt an der Einwerbung von Bundesmitteln für einen Forschungsneubau zur Erforschung von Kollektiverhalten durch die Universität. Das „Center for Visual Computing of Collectives“ (VCC) entsteht derzeit auf dem Campus der Universität und soll 2021 fertiggestellt werden. Auch der Exzellenzcluster „Forschungskolleg Kollektives Verhalten“ der Universität wäre ohne die Kooperation von Universität und Max-Planck-Institut nicht denkbar. Der Exzellenzcluster wird seit Januar 2019 vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Exzellenzstrategie gefördert und war wesentlich für den Exzellenzstatus der Universität.
Neubau nahe der Universität
Der Neubau für das neue MPI soll nahe der Universität entstehen, der Baubeginn ist für Mitte 2023 vorgesehen. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) geht von Gesamtbaukosten von über 65 Millionen Euro aus. Der über den Finanzierungsbeitrag des Landes hinausgehende Betrag wird die von Bund und Ländern gemeinsam finanzierte MPG beisteuern. Zusätzlich zur Sonderfinanzierung in Höhe von 58 Millionen Euro stellt das Land der MPG das Grundstück auf dem Gelände der Universität zu einem symbolischen Erbbauzins von 100 Euro pro Jahr zur Verfügung. Für Kosten im Zusammenhang mit der Grundstücksüberlassung sind weitere zwei Millionen Euro aus dem Landeshaushalt eingeplant.
Derzeit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MPIs in den Räumen des Instituts in Radolfzell, in Räumen der Universität und auf angemieteten Flächen untergebracht. Der geplante Neubau wird dem neuen Institut ein Gesicht geben und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts den nötigen Raum für ihre Forschung.