30.06.2021 10:23

Im Schnitt 1,55 Kinder je Frau

In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2020 ca. 108 000 Kinder lebend geboren und damit knapp 1 000 weniger als 2019. Dennoch ...

In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2020 ca. 108 000 Kinder lebend geboren und damit knapp 1 000 weniger als 2019. Dennoch war die Geburtenzahl im vergangenen Jahr nach Einschätzung des Statistischen Landesamtes weiterhin relativ hoch: Seit der Jahrtausendwende wurden im Südwesten lediglich in den Jahren 2018 und 2019 noch etwas mehr Kinder geboren. Eine Ursache für diesen positiven Trend wird in der vor allem in den Jahren 2014 bis 2017 hohen Zuwanderung gesehen, die auch zu einer Zunahme der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter geführt hat. Hinzu kommt, dass nun Kinder der geburtenstarken Jahrgänge Anfang der 1960er-Jahre, die so genannten Babyboomer, selbst wieder Kinder bekommen.

Schließlich ist die hohe Geburtenzahl auch auf eine relativ hohe Geburtenrate zurückzuführen. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau lag im Jahr 2020 bei 1,55 und damit nur geringfügig niedriger als in den Jahren zuvor.

Ursächlich für den Anstieg der durchschnittlichen Kinderzahl je Frau seit dem Beginn des vergangenen Jahrzehnts dürfte unter anderem die deutlich verbesserte Kinderbetreuung im Land sein1, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert hat. Außerdem könnten hierfür die bis zum Beginn der Corona-Pandemie hervorragenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einem Höchststand an Erwerbstätigen und einer relativ geringen Arbeitslosenquote im Land eine Rolle gespielt haben. Dagegen verzichten Paare in gesellschaftlichen Krisen- und Umbruchsituationen auf die Geburt von Kindern.2 Schließlich hat sich die durchschnittliche Kinderzahl je Frau auch aufgrund der Zuwanderung von Frauen aus Ländern mit einer traditionell hohen Geburtenhäufigkeit erhöht.3

Allerdings lag die Geburtenrate auch im vergangenen Jahr weiterhin unter dem für eine Bestandserhaltung der Bevölkerung erforderlichen Niveau. Hierzu wäre eine Geburtenrate von 2,1 Kindern je Frau notwendig. Dieser Wert wurde in Baden-Württemberg nach Angaben des Statistischen Landesamtes letztmals im Jahr 1970 erreicht.

Innerhalb des Landes zeigen sich durchaus bemerkenswerte Unterschiede: Spitzenreiter unter den 44  Stadt- und Landkreisen war im Jahr 2020 der Landkreis Tuttlingen mit einer Geburtenrate von 1,84 Kindern je Frau, gefolgt vom Alb-Donau-Kreis (1,82). Am Ende der Skala rangieren die Stadtkreise Heidelberg (1,06), Karlsruhe (1,21) und Stuttgart (1,25).

Die Gründe für die regionalen Unterschiede in der Geburtenhäufigkeit sind vielfältig. Auffällig ist weiterhin ein traditionelles, wenn auch nicht mehr flächendeckendes »Land-Stadt-Gefälle«. Das heißt, dass in den meisten ländlich geprägten Gebieten die Kinderzahl je Frau über der der Städte liegt. In Hochschulstandorten wie Heidelberg ist die Geburtenrate besonders niedrig, weil dort viele jüngere Frauen leben, bei denen Studium und Berufseinstieg im Vordergrund stehen und deshalb (noch) keine Familiengründung geplant ist. Tendenziell gilt, dass mit steigendem Bildungsniveau der Frauen die Zahl der geborenen Kinder abnimmt.4

Einen Einfluss auf die Höhe der Geburtenrate dürfte auch der regional unterschiedliche Anteil der ausländischen Frauen besitzen.5 Ausländische Frauen brachten im Jahr 2020 in Baden-Württemberg im Schnitt 1,89 Kinder zur Welt, bei Frauen mit einer deutschen Staatsangehörigkeit waren es dagegen lediglich 1,48.

Hinweis: Bei den Kreisergebnissen zur Geburtenhäufigkeit sind Zufallseinflüsse aufgrund der zum Teil relativ kleinen Fallzahlen nicht auszuschließen.

1So hat sich in Baden-Württemberg die Betreuungsquote der Kinder im Alter von unter 3 Jahren von 8,8 % im Jahr 2006 auf 30 % im Jahr 2020 mehr als verdreifacht.

2Beispielsweise sank die Geburtenrate in den ostdeutschen Bundesländern nach dem Zusammenbruch der DDR vorübergehend auf einen Wert von unter einem Kind je Frau.

3Ob sich die Geburtenhäufigkeit aufgrund der Pandemie vorübergehend ändern wird, wird sich erst zeigen, wenn Ergebnisse für das laufende Jahr vorliegen.

4Statistisches Bundesamt: Geburten in Deutschland, Ausgabe 2012, S. 32.

5Beispielsweise wurde die – verglichen mit den anderen Stadtkreisen - hohe Geburtenhäufigkeit Pforzheims entscheidend dadurch bestimmt, dass der Anteil der Kinder, die von Ausländerinnen geborenen wurden, in der „Goldstadt“ landesweit am höchsten lag.