Hohe Wanderungsdynamik
(Basel) Der Ergebnisbericht zur dritten kantonalen Zu- und Wegzugsbefragung (kurz: Wanderungsbefragung) für Basel liegt vor.
Im Frühjahr 2018 gaben insgesamt 2 063 Personen Antwort darauf, weshalb sie nach Basel-Stadt zogen bzw. weshalb sie den Stadtkanton verliessen. Für die Wohn- und Lebensqualität in Basel geben die Zugezogenen mit 5,0 eine höhere Note als für diejenige am alten Wohnort (4,6). Die Zugezogenen schätzen an Basel-Stadt die zentrale Lage, das kulturelle Angebot und den öffentlichen Verkehr. Umwelt-faktoren wie Luftqualität oder Grün im Quartier werden von den Befragten kritischer bewertet. Der wichtigste Weg- bzw. Zuzugsgrund ist das Arbeitsumfeld.
Die Mehrheit der Befragten hat sich freiwillig zu einem Wohnungswechsel entschieden. Von einer Kündigung waren insgesamt weniger als 3 Prozent betroffen. Beim Wegzug aus Basel-Stadt aufgrund einer Kündigung erfolgte diese bei mehr als einem Drittel der Betroffenen wegen Renovation oder Umbau, der Rest entfiel auf Verkauf, Eigenbedarf sowie sonstige Begründungen. Im Vergleich zu 2008 war es schwieriger, im Kanton Basel-Stadt eine Wohnung zu finden. Mehr als die Hälfte der Befragten (62%) hat ein neues Zuhause über ein Inserat in Printmedien oder im Internet gefunden. Mit 20% kamen am zweithäufigsten Freunde und Verwandte bei der Wohnungsvermittlung zum Zuge.
93% der Befragten leben sehr oder eher gerne am aktuellen Wohnort, das sind fast gleich viele wie 2008. Mit 97% leben die 18- bis 29-jährigen Zugezogenen am liebsten in Basel-Stadt. Für die Wohn- und Lebensqualität in Basel geben die Zugezogenen eine höhere Note als für diejenige am alten Wohnort (Note 5,0 bzw. 4,6). Ähnlich sieht es bei den Weggezogenen aus: Die Wohn- und Lebensqualität am aktuellen Wohnort wird mit 5,2 benotet, während sie am alten Wohnort durchschnittlich mit einer Note von 4,6 bewertet wird.
Der öffentliche Verkehr in Basel-Stadt wird sowohl von Zu- wie Weggezogenen sehr gut bewertet (Note 5,6 bzw. 5,6) genauso wie das kulturelle Angebot (Note 5,4 bzw. 5,5). Auch die übrigen zentralen Dienstleistungen wie die Gesundheitsversorgung, das Angebot an Restaurants oder die Einkaufsmöglichkeiten erhalten sehr gute Noten. Nur ein «Genügend» bis «Gut» bekommen Umweltfaktoren wie Luftqualität, Grün im Quartier, Sauberkeit und Lärm, wobei die Weggezogenen kritischer sind mit ihrer Einschätzung als die Zugezogenen.
Zu einem Zuzug nach Basel-Stadt führen unterschiedliche Gründe. Wie bereits bei der letzten Wanderungsbefragung 2008 nennen Zugezogene insbesondere die zentrale Lage (35%), das Arbeitsumfeld (26%) und die schöne Wohngegend (22%) als wichtigste Zuzugsgründe.
Mit 17% ist das Arbeitsumfeld der am häufigsten genannte Grund, aus dem Kanton Basel-Stadt wegzuziehen. An zweiter Stelle steht mit 16% die Unzufriedenheit mit der Wohnung, gefolgt von den Steuern (12%). Im Vergleich zu 2008 werden häufiger finanzielle Gründe als Wegzugsgründe genannt. Entscheidend für einen Umzug bzw. der wichtigste Grund dafür ist sowohl für die Weg- als auch die Zugezogenen das Arbeitsumfeld.
Nach 1998 und 2008 fand im Frühling 2018 die dritte kantonale Wanderungsbefragung statt. Zum ersten Mal kam eine Mixed Mode-Methodik aus schriftlicher und Online-Befragung zum Einsatz. Jeweils 4 000 Personen, die 2017 entweder in den Kanton Basel-Stadt zu- oder aus dem Stadtkanton weggezogen sind, haben per Post einen Fragebogen mit einem persönlichen Zugangsschlüssel für die Online-Befragung erhalten. Die Zielperson konnte selbst entscheiden, ob sie den Fragebogen online oder schriftlich ausfüllt.
Interpretation der Resultate aus Sicht der Kantons- und Stadtentwicklung
Basel wächst dynamisch und ist attraktiv
Die Befragungsergebnisse sind Ausdruck einer heute stärker ausgeprägten räumlichen Flexibilität der Menschen, die letztlich durch die Erfordernisse des Arbeitsmarkts bedingt ist. Zentrales und urbanes Wohnen mit kurzen Wegen ist heute gefragt. Hier bietet Basel viel. Das knappe Wohnraumangebot und die Mietpreisentwicklung erschweren aber die räumliche Flexibilität. Insbesondere für Familien ist Wohnen in der Nähe des Arbeitsplatzes aufgrund der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiger Aspekt der Lebensqualität. Die Förderung von Wohnraum für unterschiedliche Bedürfnisse und die familienfreundliche Gestaltung des Wohnumfelds z. B. mit Verkehrsberuhigung sind daher zentral. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist die dynamische Entwicklung ebenfalls eine Herausforderung, in Zeiten der hohen Mobilität leistet gerade die Willkommenskultur und Integration einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt.
Die Bevölkerung von Basel-Stadt wächst seit zehn Jahren kontinuierlich, im letzten September wurde die Grenze von 200 000 Einwohnerinnen und Einwohnern überschritten. Und die aktuellen Bevölkerungsprognosen weisen eine weitere Zunahme aus.
Auch die Zahl der Arbeitsplätze wächst kontinuierlich, im Vergleich zum Bevölkerungswachstum ist dieses Wachstum sogar stärker und wirkt als eigentlicher Motor mit wichtigen Impulsen für die Entwicklung von Basel-Stadt.
Der Arbeitsmarkt stellt somit für viele den wesentlichen Beweggrund dar, nach Basel zu kommen. Die Nähe zur Arbeitsstelle, das Stadtleben und die Kultur- und Freizeitangebote ziehen die Menschen nach Basel. Dies sorgt weiterhin für eine hohe Wachstumsdynamik.
Angesichts der hohen Wanderungsdynamik sollte Basel weiterhin Anstrengungen unternehmen, dass sich die Neuzugezogenen im Kanton wohl fühlen und Basel zu ihrem langfristigen Lebensmittelpunkt machen. Darüber hinaus sind die Anstrengungen weiterzuführen und zu intensivieren, die Menschen in bestehende soziale Systeme wie den Arbeitsmarkt oder ins politische System aber auch soziale Netzwerke wie Nachbarschaften, Vereine etc. einzubinden.
Für Zuwanderer ist Basel neben der Nähe zum Arbeitsplatz insbesondere durch die Zentralität attraktiv. Die innere Verdichtung im bestehenden, städtischen Siedlungsraum als raumpolitische Zielsetzung findet dadurch ihre Bestätigung. Das Wohnraumangebot muss dabei mit der Entwicklung der Arbeitsplätze Schritt halten.
Die Erhöhung des Wohnraumangebots in zentralen, bahnhofsnahen Lagen ist besonders sinnvoll bzw. es sind gute ÖV-Verbindungen zu schaffen. Der Ausbau der Regio-S-Bahn mit dem Herzstück wird wesentlich zu neuen Entwicklungsschwerpunkten beitragen.
Die Befragungsergebnisse haben gezeigt, dass es in einem gewissen Umfang Haushalte gibt, die bei einer Wohnungskündigung den Kanton verlassen. Eine Wohnungskündigung kann unter gewissen Umständen zur Verdrängung von sozial schwächeren Personen führen, weil keine mit der Bestandesmiete vergleichbare Angebotsmiete gefunden werden kann oder weil zu wenig passender Wohnraum zur Verfügung steht.
Da das Wohnungsangebot im Kanton generell knapp ist, besteht ein ausgewiesener Bedarf nach zusätzlichem, durchmischtem und preisgünstigem Wohnraum. Eine familienfreundliche Wohnungspolitik und eine kinderfreundliche Gestaltung der Wohnumgebung sollten insbesondere auch den Verbleib der Familien im Kanton unterstützen.
Wie die Ergebnisse zudem zeigen, sind bei den Familien verlässliche familienergänzende Betreuungsmassnahmen im Kanton sehr gefragt.
In verschiedenen Bereichen lässt sich aus den Befragungsergebnissen ein klarer Verbesserungsbedarf ableiten. Quartieranlässe und Treffpunkte sollten weiterhin gefördert werden, ebenso ein schlüssiges Verkehrskonzept mit Fokus auf öffentlichen Verkehr, Velo- und Fussverkehr. Die empfundene Sicherheit im öffentlichen Raum ist zu erhöhen.
Basel wird aus Sicht der Befragten als attraktiv wahrgenommen, und im Vergleich zu den früheren Befragungen hat die Attraktivität sogar zugenommen. Zu dieser Attraktivität muss Sorge getragen und das Verbesserungspotential aktiv wahrgenommen werden.
Hinweise:
Sämtliche Analysen und Berichte der Wanderungsbefragung, die Grundauswertung mit Tabellen und Grafiken zu jeder Frage sind ab dem 19. Juni 2019, 14:00 Uhr, unter www.statistik.bs.ch/wanderungsbefragung abrufbar.