Abwärtstrend bei IHK-Unternehmen
(Freiburg) Die IHK Südlicher Oberrhein bat in einer Umfrage rund 1.000 Unternehmen um Auskunft über ihre derzeitige Geschäftslage und ihre Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn präsentierten IHK-Präsident Steffen Auer und IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Kempff im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Donnerstag in Freiburg.
Der allgemeine konjunkturelle Abwärtstrend macht auch vor dem südlichen Oberrhein nicht Halt. Nachdem sich der Index der Geschäftslage im vergangenen Herbst noch kurzzeitig erholen konnte, verliert er zu Jahresbeginn wieder neun Punkte und steht damit auf dem tiefsten Stand seit Herbst 2015. „Daraus sollte jedoch nicht gefolgert werden, dass der hiesigen Wirtschaft eine Rezession ins Haus steht. Noch immer bezeichnen mit 52 Prozent der Unternehmen mehr als die Hälfte die eigene Geschäftslage als gut, weitere 43 Prozent als befriedigend“, sagte Steffen Auer bei der Vorstellung der Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage.
Entsprechend geht auch die Bewertung der Geschäftserwartungen zurück. So fällt der Index der Geschäftserwartungen innerhalb eines Jahres von 27 Punkten auf 13 Punkte ab. Mit 24 Prozent besitzen die optimistischen Unternehmen nur noch eine vergleichsweise knappe Mehrheit gegenüber jenen, die mit einer Verschlechterung der eigenen Geschäfte im Jahr 2019 rechnen (11 Prozent). Die Angaben zur aktuellen Geschäftslage und den zukünftigen Geschäftserwartungen werden zum IHK-Konjunkturklimaindex kombiniert. „Auch hier verzeichnen wir einen Rückgang“, sagt Auer. Im Vergleich zum Herbst verliert Konjunkturklimaindex sieben Punkte und steht mit 129 Punkten nun vier Punkte unter dem Landeswert, der lediglich drei Punkte eingebüßt hat.
Die Investitionsabsichten der Gesamtwirtschaft haben sich trotz der Einbußen bei Lagebewertung und Ausblick nicht verändert. Der Index der Inlandsinvestitionen verharrt bei 19 Punkten. Allerdings gilt dies nicht für die hiesige Industrie. Hier verliert der Index neun Punkte, während dies durch ein Plus in den anderen Branchen kompensiert wird. „Es muss sich erst zeigen, ob sich die Eintrübung in der Industrie im Laufe des Jahres fortsetzen wird und in der Folge auch auf weitere Branchen Effekte haben wird“, meinte Andreas Kempff, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein.
Auch beim Blick in die Branchen zeigt sich bei der Industrie ein signifikanter Abfall. Nachdem der Index der Geschäftslage mit 68 Punkten vor genau einem Jahr seinen Höchststand erreicht hatte, sank er zunächst auf 57 Punkte und nun nochmals auf 45 Punkte ab. Trotzdem bleibt die Einschätzung überwiegend positiv. Mit 49 Prozent besitzt fast die Hälfte der Unternehmen eine gute Geschäftslage, nur vier Prozent sind unzufrieden. „Die Erwartungshaltung war schon während der vergangenen Befragungen eher verhalten. Zum Jahresbeginn 2019 verliert auch sie nochmals an Boden“, sagte Auer. Nur noch 28 Prozent der Unternehmen denken, dass es zu einer Verbesserung der eigenen Geschäfte im kommenden Jahr kommen wird.
In der Dienstleistungsbranche zeigt die Stimmungskurve ebenfalls nach unten. Im Vergleich zum vergangenen Herbst verliert der Index der Geschäftslage 15 Punkte und landet bei nun 44 Punkten. Nur noch 49 Prozent der Dienstleister bezeichnen die eigene Geschäftslage als gut. Der Wert hatte zuletzt noch bei 62 Prozent gelegen. Kaum anders sieht es bei den Geschäftserwartungen aus. Auch dieser Index verliert neun Punkte und ist mit elf Punkten nur noch knapp im positiven Bereich.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation wird von den Betrieben des Hotel- und Gastgewerbes weiterhin überwiegend positiv beurteilt. 58 Prozent der Betriebe bewerten die eigene Geschäftslage als gut, während 13 Prozent sie kritisch sehen. Der Index der Geschäftslage verliert damit lediglich einen Punkt und steht nun bei 45 Punkten. Für die Geschäftserwartungen gilt dies allerdings nicht. Mit jeweils 23 Prozent glauben genauso viele Unternehmen an einen Abschwung wie an eine positive Entwicklung der eigenen Geschäfte.
Durchweg positiv zeigt sich die Bauwirtschaft. Zwar sinkt der Index der Geschäftslage zum Jahresbeginn von 80 auf 73 Punkte ab. Dies bedeutet allerdings immer noch, dass mit 73 Prozent die deutliche Mehrheit der Unternehmen der Bauwirtschaft eine gute Geschäftslage hat. Wie schon in den vergangenen Umfragen bezeichnete kein einziges Unternehmen die eigene Geschäftslage als schlecht. Auer: „Die Auftragsbücher in Südbaden sind derzeit so gefüllt, dass man schon von einer Überhitzung der Branche sprechen kann.“
Als einzige Branche kann der Handel zum Jahresbeginn 2019 eine Verbesserung der Geschäftslage vermelden. So steigt der Index immerhin um zwei Punkte auf nun 46 Punkte an. Über die Hälfte der Unternehmen bezeichnen die eigene Geschäftslage als gut, weitere 42 Prozent als befriedigend.
Wie schon in den Jahren 2015 und 2017 wurden die Händler zum Jahresbeginn 2019 nach ihren Aktivitäten im Bereich Online-Handel befragt. Dabei zeigt sich, dass auch die Händler am Oberrhein dieses Geschäftsfeld zunehmend stärker für sich entdecken. War es noch 2015 nur jedes dritte Unternehmen, das Waren über das Internet verkaufte, ist der entsprechende Anteil nun auf 41 Prozent angewachsen. Die gebräuchlichsten Vertriebsformen sind dabei ein eigener Online-Shop oder der Vertrieb über Online-Marktplätze wie Amazon oder Ebay. Aber auch wenn kein direkter Vertrieb erfolgt, ist es in der Regel sinnvoll, im Internet präsent zu sein. 77 Prozent der Händler betreiben eine eigene Homepage, 43 Prozent sind in sozialen Medien aktiv. Lediglich 18 Prozent zeigen online keinerlei Aktivitäten.
Bei der Auswertung der Risikoeinschätzung der Unternehmen zeigt sich, dass der Risikofaktor Fachkräftemangel weiter ansteigt. Mittlerweile sehen 69 Prozent der Betriebe in ihm ein Risiko. „Damit bleibt er mit weitem Abstand das größte Sorgenkind der Unternehmer in Südbaden“, stellt Auer fest. Auch politische Unsicherheiten wie beispielsweise der Brexit bereiten den Unternehmern Unsicherheit. Kempff: „Im vergangenen Monat haben wir eine Blitzumfrage bei unseren Mitgliedsunternehmen durchgeführt, die zeigt, dass vor allem beim Warenverkehr auch hiesige Betriebe vom Brexit betroffen sind“. 61 Prozent der Teilnehmer gaben dabei an, dass sie Beeinträchtigungen beim Export nach UK fürchten, für 31 Prozent könnte auch der Import britischer Waren zum Problem werden.
Wie die Auswirkungen eines möglichen Brexits für ein Unternehmen konkret aussehen können, erläuterte Gregor Grüb, Geschäftsführer der Oscar Weil GmbH. Das Unternehmen produziert Reinigungsmittel und Stahlwolle zur Bearbeitung von Oberflächen in Lahr. „40 Prozent unseres Geschäfts macht der Export aus, dabei ist Großbritannien unser wichtigster Auslandsmarkt. Der Export nach England macht acht Prozent unseres Gesamtumsatzes aus“, erklärt Grüb. Wenn es zum Brexit kommt, wird es daher für das Unternehmen spürbare Einbußen geben. „Handelsbarrieren bedeuten für uns längere Standzeiten und höhere Logistikkosten und somit ein verteuertes Exportgeschäft. Zudem gehen wir davon aus, dass die Kaufkraft in Großbritannien sinken wird, so dass sich auch die Frage stellt, wie viel Waren wir dann noch an den Markt bringen können“, sagt Grüb. Um sich vorzubereiten, hat das Unternehmen bereits seine englischen Kunden angeschrieben und sie gebeten, sich vorsorglich einzudecken. Grüb: „Mit einem harten Brexit wären wir erstmal alle überfordert, denn es gibt noch keine feststehenden Abläufe, Formulare oder Personal, die für diesen Fall vorgesehen sind. Wir hoffen daher, dass der Termin für den Austritt nochmals verschoben wird und man sich auf ein Abkommen einigt.“ Die Unsicherheit aber bleibt zunächst. Dennoch plant das Unternehmen, das Geschäft in Großbritannien in jedem Fall fort zu führen.