08.10.2024 17:04

Grossratssitzung

(Basel) Der Grosse Rat beschliesst in der Oktobersitzung am 16. und 23. Oktober über den Leistungsauftrag und einen Globalbeitrag von ...

Der Grosse Rat beschliesst in der Oktobersitzung am 16. und 23. Oktober über den Leistungsauftrag und einen Globalbeitrag von knapp 205 Mio. Franken für die Fachhochschule Nordwestschweiz. Weitere Sachgeschäfte betreffen eine Neuorganisation des Justizvollzugs, Anreize für das elektronische Patientendossier und ein Umsetzungskonzept für integral Tempo 30 auf den Strassen.

Leistungsauftrag und Globalbeitrag FHNW

Die vor 18 Jahren gegründete Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) ist mit 13'600 Studierenden mittlerweile die drittgrösste Fachhochschule der Schweiz. Sie wird von den vier Kantonen Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn gemeinsam getragen. Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat, den Leistungsauftrag für die Jahre 2025–2028 und einen baselstädtischen Globalbeitrag von gesamthaft 204,7 Mio. Franken zu bewilligen. Ein Entwicklungsschwerpunkt der FHNW ist die neue Hochschule für Informatik mit Hauptstandort in Brugg-Windisch und einem Nebenstandort in Basel-Stadt. Weiter will die FHNW die Bereiche Umwelt und Wirtschaft stärken. Die Bildungs- und Kulturkommission stimmt sowohl dem Leistungsauftrag wie dem Globalbeitrag einstimmig zu.
Neuorganisation des Justizvollzugs

Künftig soll die Sicherheit innerhalb der Gefängnisse nicht mehr von privaten Sicherheitsdiensten, sondern nur noch durch staatliche Mitarbeitende gewährleistet werden. Damit kommt das Gewaltmonopol im sensiblen Bereich des Freiheitsentzugs ganz in staatliche Hände. Weiter soll die Betreuung in den Gefängnissen ausgebaut werden, namentlich in der Untersuchungshaft. Und schliesslich soll das Amt für Justizvollzug eine vollamtliche Leitung erhalten. Für die Neuorganisation des Justizvollzugs beantragt der Regierungsrat insgesamt 3,85 Mio. Franken: Das Insourcing der Sicherheitsdienstleistungen mit rund 29 neuen Vollzeitstellen und Begleitmassnahmen wie die Aus- und Weiterbildung des gesamten Justizvollzugspersonals führt zu Mehrkosten von 2,8 Mio. Franken, der Ausbau der Betreuung kostet 800’000 Franken. Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) stimmt der Vorlage einstimmig zu.
Blaulichtkorridore für die Rettung

Einsatzfahrzeuge der Sanität und der Feuerwehr Basel-Stadt verfügen bislang nur über eine rudimentäre Lösung zur Beeinflussung von Lichtsignalanlagen. Damit die Rettung ihren Auftrag auch künftig und unabhängig vom dichter werdenden Verkehr erfüllen kann, sollen Blaulichtkorridore geschaffen werden. Dabei sollen die Einsatzfahrzeuge bei Dringlichkeitsfahrten – analog der Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs – bei etwa zwanzig als kritisch eingestuften Lichtsignalanlagen entlang der bekannten Rettungsachsen (z.B. Anfahrtswege zu Spital-Notaufnahmen) priorisiert werden. Für die Umsetzung beantragt der Regierungsrat 1,7 Mio. Franken. Dazu kommen jährlich 31'000 Franken für wiederkehrende Betriebskosten. Die JSSK ist einverstanden.

Einführung von integral Tempo 30

Im städtischen Strassennetz beträgt der Anteil verkehrsberuhigter Strassen (ohne Autobahnen) aktuell rund 63%. Auch auf 7 km verkehrsorientierten Strassen, etwa in der Feldbergstrasse, ist Tempo 30 eingeführt worden, und auch auf den Kantonsstrassen in Riehen gilt bereits in mehreren Abschnitten Tempo 30 oder Tempo 40. Nun beantragt der Regierungsrat 410'000 Franken für die Erarbeitung eines Umsetzungskonzepts zur Einführung von integral Tempo 30 und Massnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs. Er kommt damit einer vom Grossen Rat 2022 überwiesenen Motion nach. Die Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) stimmt der Ausgabe zu. Laut ersten Abklärungen dürften weitere, heute noch nicht verkehrsberuhigte Abschnitte des Stadt- und Kantonsstrassennetzes die rechtlichen und planerischen Voraussetzungen für die Einführung von Tempo 30 erfüllen.
Förderung des elektronischen Patientendossiers

Das elektronische Patientendossier (EPD) findet noch nicht die gewünschte Verbreitung. Zwar sind schweizweit bereits 70% der Spitäler und 50% der Pflegeheime angeschlossen, doch nur 17% der Arztpraxen und 3% der Apotheken. Schweizweit und auch in der Basler Bevölkerung haben weniger als 1% bereits ein EPD. Der Regierungsrat will nun im Gesundheitsgesetz die Grundlage schaffen, um die Verbreitung des EPD stärker fördern zu können. Dies bis zum Inkrafttreten der geplanten Revision des Bundesgesetzes, die unter anderem die Finanzierung zwischen Bund und Kantonen klar regeln und auch eine Verpflichtung aller Leistungserbringer zur Nutzung des EPD bringen soll. In Basel-Stadt sollen Leistungserbringer für maximal drei Jahre pro neu eröffnetem EPD einen Beitrag erhalten. Dazu kommen weitere Massnahmen zu Beratungen, Aktionswochen und Kommunikation. Insgesamt beantragt der Regierungsrat 510'000 Franken. Die Gesundheits- und Sozialkommission begrüsst die Vorlage.
Weiteres

Das Tiefbauamt ist für die Instandhaltung der Infrastruktur (etwa Strassen, Kanalisation, Spielplätze und öffentliche WC’s) sowie von verschiedenen Kommunalfahrzeugen verantwortlich. Für die digitale Unterstützung der Instandhaltung beantragt der Regierungsrat knapp 4 Mio. Franken.

Für die Volkshochschule und Senioren Universität beider Basel beantragt der Regierungsrat eine Fortführung der Staatsbeiträge im bisherigen Rahmen, insgesamt gut 3,1 Mio. Franken (2025-2028).

Beide Vorlagen waren in der Vorberatung unbestritten, ebenso wie die Ermächtigung des Regierungsrats zur Aufnahme von langfristigen Schulden auf dem Kapitalmarkt bis zum Maximalbetrag von 4 Mrd. Franken. Es geht um die Erneuerung einer bereits geltenden Regelung bis 2028.

Weiter liegen die Jahresberichte 2023 der Interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommissionen zur Universität und den Rheinhäfen vor, die beide von Basel-Stadt und Basel-Landschaft gemeinsam getragen werden.

Unter den drei Petitionen findet sich die Petition «Nein zum Rheintunnel». Die Petitionskommission beantragt mit 6:3 Stimmen, dem Regierungsrat diverse Fragen zur Beantwortung innert einem Jahr vorzulegen. Diese betreffen unter anderem flankierende Massnahmen nach dem Bau des Rheintunnels und im Speziellen bei der Osttangente, um Mehrverkehr in den Quartieren zu vermeiden.
Parlamentarische Vorstösse

Der Grosse Rat wird zunächst Schreiben zu parlamentarischen Vorstössen beantworten. Der Regierungsrat nimmt unter anderem zu diversen erstüberwiesenen Motionen Stellung; bei einer Zweitüberweisung durch den Grossen Rat müsste er diese umsetzen. Der Regierungsrat möchte mehrere Motionen als Anzug überwiesen erhalten, etwa die Forderung nach Rückvergütungen an die privaten Steuerzahlenden bei Überschüssen der Staatskasse, höhere Löhne für die Polizei und höhere Motorfahrzeugsteuern für Autos mit übermässigem Ressourcenverbrauch. Mehrere andere Motionen, wie jene für einen Klimafonds, lehnt der Regierungsrat ab. Hingegen möchte er unter anderem eine Motion erfüllen, die ein Musikschulgesetz fordert.

Neue Vorstösse folgen ab Traktandum 112. Darunter findet sich beispielweise eine Motion, die verhindern will, dass die Höhe der Anwohnerparkkarten-Gebühr künftig von der Fahrzeuglänge abhängt.