Schottische Hochlandrinder als Landschaftspfleger im Hepbacher-Leimbacher- Ried
(Friedrichshafen) Die extensive Niedermoorlandschaft zwischen Kluftern und Raderach bekommt neue Bewohner.
Die extensive Niedermoorlandschaft zwischen Kluftern und Raderach bekommt neue Bewohner. Seit April diesen Jahres beweidet eine Herde mit circa 20 Mutterkühen und Kälbern schottischer Hochlandrinder die rund 25 Hektar Feuchtwiesen und Niedermoorflächen. Dieses Projekt ist eine Partnerschaft des Landratsamtes und der Stadt Friedrichshafen, die in den vergangenen Jahren hier Flächen aufgekauft haben, um sie für Naturschutzzwecke nutzen und aufwerten zu können.
Auch der Erholungswert für Besucherinnen und Besucher wird durch das Erlebnis der entlang schön angelegter Wanderwege weidenden Rinder und der detaillierten Beschilderung erhöht.
Seit Mitte der 1980er Jahre erwirbt die untere Naturschutzbehörde des Bodenseekreises mit freiwillig bereitgestellten finanziellen Mitteln des Landkreises und unterstützt mit Fördermitteln des Landes Grundstücke in der Raderacher Niedermoor- und Drumlinlandschaft zwischen Friedrichshafen, Markdorf und Oberteuringen. Neben den für die Landwirtschaft weniger interessanten Flächen im Niedermoor konnten im Zuge der Aufgabe der französischen Garnison auch die Waldflächen mit einer Fläche von circa 70 Hektar im Bereich der heutigen Deponie Weiherberg mit den Raderacher Weihern durch den Bodenseekreis erworben werden. Die Waldflächen werden seit dieser Zeit unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Kriterien bewirtschaftet. Inzwischen stellen sie einen ökologisch hochwertigen Lebensraum für eine Vielzahl von Vogel- und Fledermausarten, aber auch für weniger beachtete Arten wie Käfer und andere Insekten dar.
Die Flächen des Bodenseekreises mit einer Ausdehnung von circa 170 Hektar sind inzwischen nicht nur Grundlage für eine zunehmend hochwertige Niedermoorlandschaft, sondern auch für eine Wander- und Naturerlebnislandschaft, die von der örtlichen Bevölkerung sowie den Gästen im Bodenseekreis gerne angenommen wird. So können im nördlichen Ried seit fast zwei Jahrzehnten urtümliche Heckrinder bei der Landschaftspflege betrachtet und Vögel vom Aussichtspunkt Hutwiesen bewundert werden. Mit Hilfe des BUND Markdorf sowie der Stadt Friedrichshafen sind neben der dortigen Vogelhütte in den letzten Jahren eine Vielzahl von Wegen entstanden, die einerseits Einblicke in die Landschaft ermöglichen, andererseits zu „Schau-Biotopen“, wie die Tümpel mit einer neuen Plattform westlich der Deponie Weiherberg, führen. Informationstafeln entlang der Wege illustrieren die Landschaft und informieren über die Zielsetzungen des Naturschutzprojektes.
Seit einiger Zeit hat die untere Naturschutzbehörde mit dem Biber einen weiteren tierischen Helfer für ihre Bemühungen um eine naturnahe Niedermoorlandschaft erhalten. Da die Flächen inzwischen nahezu vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, kann der Biber seinen Lebensraum weitgehend unbehelligt gestalten und eine Naturlandschaft mit verschiedenen Grünlandtypen, Röhrichten, Kleingewässern schaffen. Mit Hilfe von örtlichen Landwirten und Pflegemitteln des Landes unterstützt die untere Naturschutzbehörde des Bodenseekreises durch naturnahe Bewirtschaftung und Pflege der Flächen die Entwicklung der dortigen Landschaft. Ergänzt wurde/wird die Pflege durch die Renaturierung eines Teils der Brunnisach, die Anlegung von über 30 Biotopteichen und die Anhebung des Grundwasserstands mit der damit verbundenen Umkehrung des Mineralisierungsprozesses im Niedermoor.
Gemeinsam mit Flächen der Stadt Friedrichshafen und der Straßenbauverwaltung des Bodenseekreises ist es der unteren Naturschutzbehörde in den letzten Jahren gelungen, auch die feuchten Grünlandflächen westlich der Raderacher Weiher und nordöstlich von Efrizweiler in öffentliches Eigentum zu bringen. Die Flächen der Stadt Friedrichshafen sowie des Straßenbauamts werden dabei als sogenannte naturschutzrechtliche Kompensationsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft an anderer Stelle genutzt.
Gemeinsam mit den Flächen der Naturschutzbehörde werden diese südlich der Müllstraße nun ganzjährig mit einer kleinen Herde aus Schottischen Hochlandrindern beweidet. Bereits im Herbst wurde hierfür mit dem Zaunbau begonnen. Zwei Brunnen als Tränke für die Rinder und ein noch in der Planung befindlicher Unterstand ergänzen die für eine Beweidung erforderliche Infrastruktur. Extensive Weidewirtschaft schafft einerseits eine landwirtschaftliche Wertschöpfung und andererseits günstige Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen. Sie bewirkt den Erhalt der offenen und lichten Riedlandschaft. Diese Nutzung fördert eine für Insekten, Reptilien, Kleinsäuger und Vögel günstige Mosaikstruktur der Vegetation.
Neben dem Artenreichtum ist eine deutlich höhere Biomasse dieser Weideflächen von besonderem Wert. Ein Rind produziert circa 10 Tonnen Mist pro Jahr. Davon ernähren sich rund 100 Kilo Insekten, von welchen circa 10 Kilo Vögel leben.
Extensiv genutzte Weiden tragen so wesentlich zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei und sind im Biotopverbund von Bedeutung. Die Attraktivität und der Erlebniswert der Rundwanderwege erfährt durch das Beweidungsprojekt eine weitere Aufwertung. Gemeinsam mit der Stadt Friedrichshafen wurden an der Rinderweide zwei neue Schautafeln aufgestellt, die dem Besucher weitere Einblicke in das Weideprojekt vermitteln.
Die schottischen Hochlandrinder werden von lokalen Landwirtinnen und Landwirten betreut, die das Tierwohl sicherstellen, wichtige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die untere Naturschutzbehörde sind bei der weiteren Entwicklung der Flächen und die durch die Landschaftsentwicklung gleichzeitig ein hochwertiges Fleisch generieren, das in Zukunft auch vermarktet werden soll. Zunächst dient der zu erwartende Nachwuchs jedoch dem Aufbau der Herde. Die Zahl der Tiere wird hierbei sukzessive an die Produktivität der Fläche angepasst. So sollen die Rinder einerseits im Jahresverlauf die Vegetation kurzhalten und damit die maschinelle Pflege ersetzen, andererseits muss die Fläche deren Futterversorgung gewährleisten.
Die untere Naturschutzbehörde freut sich darüber, dass nach langen Jahren der Projektvorbereitung dieses neue Beweidungsprojekt gestartet werden kann und hierdurch, auch vor dem Hintergrund des inzwischen in der breiten Bevölkerung angekommen Insektensterbens, ein wertvoller Beitrag zur Stützung und Entwicklung der Insektenvielfalt geleistet wird. Die weiteren Beweidungsprojekte auf kreiseigenen Flächen, neben den Flächen im Bereich Hutwiesen auch im Beweidungsprojekt „Storch und Stier“ im Salemer Tal stellen hierfür den eindrücklichen Nachweis dar.
Zum „Wander- und Naturerlebnis Hepbacher-Leimbacher-Ried“ stehen Flyer sowohl im Umweltschutzamt des Landratsamts sowie bei der Stadt Friedrichshafen, Ortsverwaltung Kluftern und der Touristinformation am Stadtbahnhof mit zahlreichen Informationen zur Verfügung.